Dr. Elena Fischer ist Expertin für nachhaltigen Tourismus mit Forschungs- und Tätigkeitsschwerpunkten im Bereich Destinationsmanagement, Strategieentwicklung und Messbarkeit von Nachhaltigkeit. Seit 2023 verantwortet sie bei der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH in der Abteilung Tourismus das Thema Nachhaltigkeit. Im Interview spricht sie über die Möglichkeit, die Hansestadt nachhaltig zu erleben.
Nachhaltigkeit ist ein Begriff, der uns fast täglich begegnet. Aber wofür steht er in Ihrem Beruf?
Dr. Elena Fischer: Kurz gesagt geht es bei nachhaltigem Tourismus darum, die Auswirkungen des Tourismus ganzheitlich zu steuern, zufriedene Gäste und Einheimische in der Stadt zu haben, langfristig nachhaltig zu wirtschaften und die Auswirkungen auf Umwelt und Klima zu berücksichtigen.
Was bedeutet das für den Bremer Tourismus?
Das Nachhaltigkeitsmanagement für den Bremen Tourismus umfasst eine Vielzahl von Themen. Dazu gehört die Sichtbarmachung und Vermarktung nachhaltiger touristischer Angebote, die Unterstützung und Vernetzung von Partnerinnen und Partnern, aber auch die Bereitstellung von Angeboten im Bereich der nachhaltigen Geschäftsreisen und Tagungen.
Gibt es konkrete Projekte?
Um touristische Betriebe und Einrichtungen in Bremen auf ihrem Weg zu mehr Nachhaltigkeit zu unterstützen, haben wir 2024 das Touristische Nachhaltigkeitsnetzwerk Bremen ins Leben gerufen. Bei dieser von Bremen Tourismus organisierten Netzwerkveranstaltung kommen mehrfach pro Jahr Vertreterinnen und Vertreter aus dem Gastgewerbe, den Bremer Wissenswelten, Kunst- und Kultureinrichtungen, Festivals, Eventveranstalter und mehr zusammen. Es gibt eine kurze Schulung zu einem Nachhaltigkeitsthema, den Austausch von Beispielen aus der Branche und einen interaktiven Teil, damit die Betriebe ins Handeln kommen.
Wo besteht Nachholbedarf, was läuft schon gut?
Wir sind in Bremen sehr gut aufgestellt, was die Zahl der Unterkünfte mit international anerkannter Nachhaltigkeitszertifizierung betrifft – viele touristische Betriebe in Bremen engagieren sich bereits seit Jahren in diesem Bereich. Auch die touristische Mobilität in Bremen zahlt in vielen Fällen auf das Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz ein: Wir sind die Stadt der kurzen Wege, Fahrradstadt und profitieren von der guten ÖPNV-Infrastruktur zwischen den touristischen Sehenswürdigkeiten. Auch unsere jahrelange Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn hilft uns, die klimafreundliche Anreise nach Bremen zu bewerben und attraktive Angebote zu entwickeln. Grundsätzlich kann man bei der Kommunikation von Nachhaltigkeitsbemühungen immer neue kreative und innovative Wege gehen.
Wie lässt sich der Erfolg von Nachhaltigkeitsmaßnahmen messen?
Für die Messung von Nachhaltigkeit im Tourismus gibt es eine Vielzahl von Kennzahlen und Monitoringsystemen. Bremen Tourismus beteiligt sich am sogenannten Global Destination Sustainability Index. Dabei handelt es sich um ein internationales Benchmarkingsystem, bei dem die Nachhaltigkeitsperformance von touristischen Destinationen weltweit anhand von rund 70 Indikatoren bewertet wird. Diese regelmäßige Erhebung von Kennzahlen zu Klima, Wasser, Abfall, Mobilität, Barrierefreiheit, Nachhaltigkeit bei Betrieben, Fachkräften, Qualifizierung und Co hilft dabei, Entwicklungen sichtbar zu machen und aktiv zu steuern.
Was kann jeder Einzelne tun?
Gerade im Urlaub gibt es zahlreiche kleine Maßnahmen, die zu mehr Nachhaltigkeit führen können. Am besten lässt sich Bremen zu Fuß erkunden oder mit dem elektrisch betriebenen Stadtmusikanten-Express. Unterwegs kann man etwa seine wiederverwendbare Trinkflasche mitnehmen und diese an einem der vielen öffentlichen Trinkbrunnen auffüllen. Auch kulinarisch bietet Bremen viele Optionen mit Restaurants, die vegetarische und vegane Gerichte mit lokalen Produkten anbieten.
Wie ist das Thema Nachhaltigkeit strategisch im Bremen Tourismus verankert?
In der Tourismusstrategie Bremen 2030+, die aktuell von der Senatorin für Wirtschaft, Häfen und Transformation fortgeschrieben wird, spielt das Thema Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle. Es geht um die strategische Ausrichtung von Maßnahmen an Zielen, die Definition von konkreten Projekten und auch um zukünftige Sicherung von Qualifizierungsmaßnahmen. Zudem hat sich Bremen Tourismus bei der Europäischen Kommission im Rahmen der EU-Strategie zu einer nachhaltigen Tourismusentwicklung aktiv eingebracht und eine Selbstverpflichtung zu eigenen Nachhaltigkeitsbemühungen abgegeben.
Das Gespräch führte Anika Seebacher.