Die Lloyd-Werft aus Bremerhaven streicht 117 Jobs. Damit muss fast jeder Dritte der knapp 400 Beschäftigten gehen. Die Geschäftsführung hat die Belegschaft am Montag darüber informiert, wie der Betriebsrat bestätigt.
Nach langen Wochen des Wartens ist nun die Gewissheit da: Bei der Lloyd-Werft in Bremerhaven sollen 117 der rund 400 Jobs wegfallen. Sie werden gestrichen, weil seit Monaten die Aufträge fehlen und sich auch langfristig keine Perspektive für die Schiffbauer an der Weser-Mündung abzeichnet. „Die Stimmung ist dementsprechend schlecht bei uns“, sagt der Betriebsratsvorsitzende Daniel Müller.
An diesem Montag hat die Geschäftsführung der Werft die schlechte Nachricht bei einer Betriebsversammlung verkündet. Und, das macht Müller deutlich, sie hätte auch noch schlimmer ausfallen können. Ursprünglich wollte die Führung der Lloyd-Werft 146 Jobs abbauen. In den Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern habe man sich dann auf die Zahl 117 geeinigt.
Vor allem das Herzstück der Werft ist betroffen
Ende März soll es so weit sein: Dann sollen die Beschäftigten in eine Transfergesellschaft wechseln. „Zuerst wird abgefragt, ob das jemand freiwillig machen möchte“, sagt Müller. Sollten dadurch nicht genug Stellen wegfallen, würde den Kollegen die betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen werden.
So sieht es der Sozialplan vor, den die Geschäftsführung der Lloyd-Werft und Arbeitnehmervertreter ausgehandelt haben. Demnach soll es für die entlassenen Mitarbeiter auch eine Abfindung geben. Insgesamt 11,9 Millionen Euro hat das Unternehmen dafür bereitgestellt. Zu Beginn der Verhandlungen waren es 10,3 Millionen auf 146 Stellen verteilt.
Nach Angaben von Müller ist mit der Abteilung Schiffbau vor allem das „Herzstück“ der Werft betroffen. Hier werden etwa Stahlarbeiten für die Rümpfe der Schiffe erledigt. Und genau hier soll ein großer Teil der 117 Stellen wegfallen. Insgesamt sollen rund 100 Jobs im gewerblichen Teil der Werft gestrichen werden, der Rest in der Verwaltung. Rüdiger Pallentin, Sprecher der Geschäftsführung der Lloyd-Werft, wollte sich auf Nachfrage erst nicht dazu äußern.
Seit Oktober viele Angestellte in Kurzarbeit
In einer später veröffentlichten Pressemitteilung wird er aber mit den Worten zitiert: „Mit dem Abschluss des Sozialplans und der Restrukturierung sehe ich uns nun gut aufgestellt für die Zukunft.“ Mit-Geschäftsführer Carsten Haake nennt die Verhandlungsergebnisse „eine faire und angemessene Lösung, um den unvermeidlichen Restrukturierungsprozess erfolgreich umsetzen zu können“.
Schon seit Oktober sind viele Angestellte der Lloyd-Werft in Kurzarbeit. Ein Grund für die Schieflage ist die malaysische Genting-Gruppe, die die Schiffbauer in Bremerhaven vor mehr als einem Jahr übernommen hat. Damals trat sie mit großen Plänen an: Auf der Werft sollten luxuriöse Kreuzfahrtschiffe für den asiatischen Markt entstehen – die größten, die jemals in Deutschland gebaut wurden.
Dementsprechend euphorisch war man: Es wurde eigens ein neues Design-Zentrum bei der Lloyd-Werft eröffnet; viele neue Mitarbeiter wurden eingestellt. Erste Zweifel kamen aber auf, als die Genting-Gruppe dann auch den Werftenverbund Nordic Yards in Mecklenburg-Vorpommern kaufte. Aus diesen Zweifeln wurde dann ein handfestes Problem: Im Sommer wurde bekannt, dass Genting nun alle Kreuzfahrtschiffe bei den mittlerweile in MV-Werften umbenannten Unternehmen bauen lassen will. Für Bremerhaven blieb außer der großen Ungewissheit nichts übrig.
"Es gibt kein Konzept für die Zukunft."
Auch nach der Verkündung des Stellenabbaus ist unklar, wie es bei der Werft weitergehen soll. „Es gibt kein Konzept für die Zukunft“, sagt Doreen Arnold von der IG Metall Bremerhaven. Die Geschäftsführung hätte bei der Betriebsversammlung am Montag kein positives Signal geben können. Zwar soll Endes des Jahres mit dem Neubau einer Jacht für den russischen Milliardär Roman Abramowitsch begonnen werden, ein Auftrag alleine reiche aber nicht.
Arnold bemängelt, dass die Lloyd-Werft innerhalb der Genting-Gruppe außen vor gelassen werde. „Es ist genug Arbeit vorhanden“, sagt die Gewerkschafterin. Doch anstatt Arbeit an die Bremerhavener abzugeben, würden die MV-Werften neue Mitarbeiter suchen.
Pessimistisch ist auch Jochen Tholen vom Institut Arbeit und Wirtschaft an der Bremer Universität. „Das könnte durchaus das Ende der Lloyd-Werft sein“, sagt der Werft-Experte. Das Geschäft mit Jacht-Neubauten, auf das sich die Lloyd-Werft künftig konzentrieren wolle, expandiere nicht mehr und lasse daher keinen Raum für Neulinge. „Der Kuchen ist aufgeteilt und wird nicht größer“, sagt Tholen.
Wirtschaftssenator sieht das Problem bei der Unternehmensführung
Der Verlust ihrer Arbeitsplätze ist nicht nur für die Mitarbeiter der Lloyd-Werft ein schwerer Schlag. Er trifft auch Bremerhaven besonders. 117 Jobs stehen auch für 117 Einkommen, die teilweise mehrere Menschen in der Seestadt ernähren. „Die Erwartungen, die wir alle in Bremerhaven bezüglich der Lloyd-Werft hatten, sind herbe enttäuscht worden“, sagt Bremerhavens Oberbürgermeister Melf Grantz (SPD) daher.
Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) sieht das Problem aber nicht am Markt für Schiffsneubauten, sondern vor allem bei der Unternehmensführung. „Im Bereich des Schiffbaus gibt es eine Reihe von positiven Signalen“, sagt er. Der Werftenstandort Bremerhaven habe Potenzial. „Eigentümer und Management sind gefordert, dies zu entwickeln.“