Muli Katzurin ist kein Trainer, der seine Enttäuschung nach schwachen Auftritten seiner Mannschaft verbirgt. Schonungslos und mürrisch referiert er dann über die Schwachstellen in ihrem Spiel.
In der noch jungen Saison hatte ihm sein Team bereits mehrfach Anlass dazu gegeben. Schon nach den Heimniederlagen der Eisbären Bremerhaven gegen Frankfurt und Ulm zum Saisonauftakt in der Basketball-Bundesliga hatte sich Katzurin nicht die Mühe gemacht, seinen Ärger über die fehlende Cleverness seiner Mannschaft vor den Journalisten zu kaschieren. So frustriert wie auf der Pressekonferenz nach dem enttäuschenden 63:78 in Bremer ÖVB-Arena gegen Braunschweig hatte man den Trainer bisher jedoch selten während seiner Zeit bei den Eisbären erlebt.
„Ich habe momentan keine Erklärung dafür, weshalb wir beinahe jede Woche dieselben Fehler machen“, sagte Katzurin, leicht ratlos wirkend nach der bisher schwächsten Saisonleistung der Eisbären. „Kein Team in der Liga kommt auf so wenig Vorlagen wie wir. Wir passen den Ball überhaupt nicht.“ Als Trainer sei er dafür verantwortlich, sagte er weiter. Er unternehme alles dagegen. Immer wieder spreche er mit seinen Spielern, analysiere mit ihnen Videosequenzen, lasse Pässe trainieren. „Aber einige Spieler haben Angewohnheiten, und es ist sehr schwer, sie zu ändern. Sie sind eben keine 14 oder 16 Jahre alt mehr“, lautete sein bemerkenswertes Fazit.
Katzurin war mit diesem Gefühlsgemisch aus Frust und Ratlosigkeit am späten Sonnabend aber längst nicht der einzige Eisbär in der Bremer Stadthalle. „Es hat an wirklich allem gefehlt“, stellte sein Center Jannik Freese fest, „wir waren kampflos und haben überhaupt nicht zusammen gespielt.“ Dann kam Freese auf die vielen Ballverluste zu sprechen und sagte: „Es sind jetzt schon fünf Partien gespielt, und es hat sich gar nichts verändert. Wir haben immer noch dieselben Probleme.“
Die meisten Ballverluste der Liga
Nein, viel war am Ende dieses Abends nicht geblieben von den Minuten der anfänglichen Euphorie, als Tyrus Thomas’ Name erstmals über die Anzeigetafel der Arena flackerte. „Tyrus ist noch nicht bei hundert Prozent, aber wir haben unter der Woche das Gefühl gehabt, dass sich bei uns etwas ändern muss“, begründete Katzurin den Einsatz des ehemaligen NBA-Stars. Thomas spielte in seiner ersten Partie nach zwei Jahren ohne Basketball tatsächlich passabel. „Er hat angedeutet, dass er ein unglaublicher Defensivspieler ist“, sagte Katzurin, „so einen Spieler hatten wir noch nie in Deutschland.“ Den erhofften Wandel brachte aber auch er nicht. Denn auch Thomas’ Debüt konnte nicht über die eigentlichen Schwächen der Bremerhavener hinwegtäuschen.
Weitaus mehr als an einem Hochbegabten wie Thomas fehlt es den Eisbären momentan an einem funktionierenden Mannschaftsgefüge. Sie haben ein teils hoch veranlagtes Team, aber keine Einheit. Sie haben gerade auf den kleinen Positionen Spieler, die mit ihrer individuellen Qualität die Playoffs verheißen könnten. Gleichzeitig zeigen sie aber ein Zusammenspiel, das nach Abstiegskampf bis zum letzten Spieltag schreit. Gegen Braunschweig fehlte es am vermeintlich Selbstverständlichen. Selten lief der Ball über mehr als zwei, drei Stationen durch ihre Reihen. Nur ein Team der Liga leistet sich derzeit mehr Ballverluste pro Spiel, keines schafft weniger Vorlagen. Dazu wirkte die Mannschaft, nachdem Braunschweig erstmals in Führung gegangen war, seltsam ohnmächtig. Sie bäumte sich nicht auf, sie zeigte keinen unbedingten Willen, das Spiel zu drehen. „Mich beunruhigt auch, weshalb wir nur im Schlussviertel, als das Spiel schon verloren war, gekämpft haben“, sagte Katzurin.
„Es gibt so kurz nach dem Spiel viele offene Fragen“
„Es gibt so kurz nach dem Spiel viele offene Fragen“, räumte der Eisbären-Trainer nach der vierten Niederlage im fünften Saisonspiel ein. Er wird schon bald Antworten auf diese Fragen präsentieren müssen, wollen die Eisbären nicht eine weitere Saison unter ihrem Möglichkeiten bleiben und erneut im Abstiegskampf enden.