Er wolle doch einfach nur wieder Basketball spielen – so hatte Tyrus Thomas, der ehemalige NBA-Star der Chicago Bulls und Charlotte Bobcats, seinen überraschenden Wechsel zu den Eisbären Bremerhaven im September begründet. Nun durfte er. Endlich. Nach zwei Jahren ohne Basketball, nach zwei Jahren voller Rückschläge und persönlicher Tiefs. Fünf Wochen hatte er in Bremerhaven trainiert, versucht, nach mehreren riskanten Operationen wegen einer Zyste am Rückenmark und einer mentalen Krise wieder fit zu werden. Über seine Trainingsfortschritte drang dabei wenig nach außen. Bis Eisbären-Trainer Muli Katzurin am Freitag verlauten ließ: „Thomas ist sehr nah dran am Team.“
So nah, dass Thomas am Sonnabend in der Bremer ÖVB-Arena gegen Braunschweig tatsächlich erstmals im Aufgebot der Eisbären stand. Geholfen hat es nicht. Bremerhaven verlor nach einer enttäuschenden Leistung deutlich mit 63:78 (24:40). Thomas’ Bilanz: 3 Punkte, 2 Assists, 5 Rebounds in 15:20 Minuten Einsatzzeit – passabel, aber ausbaufähig. „Ich wollte der Mannschaft helfen und bin enttäuscht, dass es nicht geklappt hat“, sagte Tyrus Thomas. „Aber es war ein gutes Gefühl, zurück auf dem Platz zu sein. Darauf habe ich die vergangenen zwei Jahre gewartet. Freuen kann mich aber momentan aber nicht. Wir hatten nur ein paar gute Momenten und haben nie zu unserem Spiel gefunden“, so der 2,08 Meter große Akteur mit der Nummer 13, der vom Bremer Publikum lautstark willkommen geheißen wurde.
Gespannt sein durften die mehr als 6000 Zuschauer in der Arena aber auch auf Flügelspieler Adam Ariel, der ebenfalls erstmals zum Kader der Eisbären gehörte. Der vor der Saison vom israelischen Meister Hapoel Jerusalem gekommene Junioren-Nationalspieler hatte sich in der Vorbereitung – ausgerechnet in einem Testspiel gegen Braunschweig – einen Meniskusriss zugezogen und musste wochenlang pausieren. Nun also gab auch der Deutsch-Israeli sein Saisondebüt.
Ariel saß allerdings ebenso wie Thomas zunächst auf der Bank.
Katzurin vertraute auf die Starting Five des Bonn-Spiels und bot Kapitän Jerry Smith, Kyle Fogg und Larry Gordon sowie die beiden Big Men Jannik Fresse und Raymond Sykes auf. Es dauerte indes nicht einmal fünf Minuten, bis Tyrus Thomas unter schallendem Applaus erstmals aufs Parkett durfte. Noch lauter wurde es auf den Rängen, als Thomas beim Stand von 8:7 für die Eisbären mit einem Shot-Block, für den er schon zu NBA-Zeiten berüchtigt war, andeutete, warum er in den USA einst als größtes Defensiv-Talent seines Jahrgangs galt.

Ein durchwachsenes Debüt: Der frühere NBA-Star Tyrus Thomas lief in der Bremer ÖVB-Arena erstmals für die Eisbären Bremerhaven auf.
Die Gäste aus Braunschweig holten die Eisbären trotz aller Thomas-Euphorie aber ziemlich schnell zurück in die harte Realität der Basketball-Bundesliga. Eine Realität, in der ein hektischer, unstrukturierter Aufbau und Ballverluste, von denen sich die Eisbären allein in diesem Anfangsviertel fünf leisteten, konsequent bestraft werden. Im zweiten Viertel verloren die Eisbären schließlich völlig den Faden. Sie wirkten verunsichert und überfordert. Plötzlich schien die große Kulisse, das große Versprechen der Debüts von Thomas und Ariel lähmend zu wirken. In der Verteidigung foulten sie ungestüm oder ließen die Löwen freistehend zu einfachen Punkten kommen. Offenbar beeindruckt von der Braunschweiger Ruhe und Effektivität im Abschluss, verzettelten sie sich zudem immer mehr in Einzelaktionen und boten Stückwerk im Angriff.
Bezeichnend für das krankende Offensivspiel und die schwachen Trefferquoten war auch, dass Larry Gordon erst nach 19 Minuten einen Dreipunkteversuch im Braunschweiger Korb unterbringen konnte. Besser machten es die Gäste, die sich durch einen spektakulären Dreier von Tyrone Nash mit der Schlusssirene zur Halbzeit auf 40:24 absetzen konnten.
Spätestens zu Beginn der zweiten Halbzeit wurde deutlich, woran es den Eisbären gegen Braunschweig vor allem fehlte. An Führungspersönlichkeiten, die ihre Mannschaft mitreißen oder wiederbeleben konnten. Thomas mühte sich nach Kräften, zeigte gelungene Rebounds und Blocks, deren Wirkung wie der Thomas-Effekt insgesamt aber verpufften. Zu oft wirkte er noch wie ein Fremdkörper im Eisbären-Spiel. Point-Guard Jerry Smith scheiterte zudem völlig an der Aufgabe, seiner Mannschaft ein Gesicht und eine geordnete Spielanlage zu verleihen. Der Spielmacher blieb bis ins Schlussviertel hinein ohne Vorlage.
Lediglich Brandyn Curry, der sich im zweiten Durchgang steigerte und zu einigen sehenswerten Dreipunktspielen kam, sowie Jannik Freese, der sich über die Rebounds ins Spiel gekämpft hatte, stemmten sich gegen die ganz große Enttäuschung. Verhindern konnte sie nicht. Zu sehr schmerzten die Totalausfälle von Jerry Smith und Shooting-Guard Kyle Fogg.
„Ich bin sehr, sehr enttäuscht, wie sich das Team heute präsentiert hat und möchte mich bei allen Zuschauern entschuldigen“, sagte denn auch Eisbären-Coach Muli Katzurin. „Wir hatten erneut viel zu viele unnötige Turnover. Sie scheinen die Krankheit dieser Mannschaft zu sein.“
Eisbären Bremerhaven: Curry (17), Gordon (12), Sykes (12), Freese (9), Smith (5), Fogg (5), Thomas (3), Ariel, Bleck, Austin