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Soziale Projekte in Bremen Huckelriede: Förderprogramm Wohnen in Nachbarschaften endet bald

Sozialeinrichtungen in Huckelriede schlagen Alarm: Ohne die Förderung durch das Projekt Wohnen in Nachbarschaften drohe ein Abwärtstrend im Ortsteil. Warum das Win-Programm trotzdem bald ausläuft.
21.12.2023, 05:00 Uhr
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Huckelriede: Förderprogramm Wohnen in Nachbarschaften endet bald
Von Karin Mörtel
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Vertreterinnen und Vertreter der Sozialeinrichtungen in Huckelriede schlagen Alarm: Nach Wegfall der Städtebauförderung im Jahr 2024 könnten die Erfolge der städtebaulichen Aufwertung und sozialen Stärkung in Gefahr geraten. Weil nun auch das Geld aus dem städtischen Förderprogramm "Wohnen in Nachbarschaften" (kurz: Win) gestrichen wird. Die würden aber aus Sicht der sozialen Anlaufstellen weiterhin für die Menschen vor Ort gebraucht, schreiben die Akteure in einem offenen Brief. 

Wie wurde Huckelriede bisher unterstützt?

Huckelriede hat seit dem Jahr 2009 eine Aufwertung erfahren, die sich sehen lassen kann: Über das Bund-Länder-Sanierungsprogramm Stadtumbau West ist das Stadtbild verschönert worden und neue soziale Anlaufstellen wie das Quartierszentrum Huckelriede entstanden. So sollte der soziale und bauliche Niedergang aufgehalten werden, der sich zuvor in manchen Quartieren zwischen Kirchweg und Niedersachsendamm abgezeichnet hatte. Zusätzlich ist Geld aus den Programmen "Soziale Stadt" und "Wohnen in Nachbarschaften" zur Stärkung des sozialen Zusammenhaltes in den Ortsteil geflossen.

Insgesamt beläuft sich die Summe an Fördermitteln auf mehr als 21 Millionen Euro, die seit 2009 von der Städtebauförderung des Bundes und von Bremen über die oben genannten Programme bereitgestellt worden sind. Der Bund hat davon etwa 4,8 Millionen Euro gezahlt.

Warum endet das Programm Wohnen in Nachbarschaften?

Die Sozial- und die Baubehörde bestätigen nun auf Nachfrage: Mit Ende des Städtebauförderprogramms werde auch die Win-Förderung für Huckelriede auslaufen. Und zwar recht schnell: Das kommende Jahr kann der Ortsteil noch mit der bisherigen Fördersumme von 75.000 Euro für soziale Projekte planen. Ab 2025 werde es dann "in einem überschaubaren Zeitraum" deutlich weniger und schließlich gar kein Geld mehr aus dem Programm Win geben. 

Wie genau dieses "Ausschleichen" aussehen wird, solle vorher mit den Akteuren vor Ort besprochen werden, teilt der Pressesprecher der Sozialbehörde mit. Grund dafür sei neben dem Ende der Städtebauförderung auch, dass sich die Sozialindikatoren in Huckelriede verbessert hätten. Statistisch gesehen geht es den Menschen im Ortsteil heute besser als zu Beginn der Förderung.

Welche Folgen hat das Ende des Win-Programms für Huckelriede?

Zunächst einmal bedeutet das Ende von Win, dass es kein Quartiersmanagement mehr geben wird, das momentan noch von Marc Vobker besetzt ist. Eine festangestellte Person vom Amt für soziale Dienste, die als Bindeglied für das soziale Netzwerk dienen kann. Und die bei der Einwerbung von Fördergeld aus verschiedenen Töpfen unterstützen und gegenüber Politik und Behörden die Bedürfnisse der Einwohner vertreten kann. "Das können wir Ehrenamtlichen nicht alles leisten, unsere Arbeit im Ortsteil würde dadurch viel schwieriger", sagt Göran Ahrens von der Circusschule Jokes. 

Der Initiator des offenen Briefes betont: Der zweite große Einschnitt wäre das gestrichene Geld, das dann fortan nicht mehr für Sozialprojekte in Huckelriede zur Verfügung steht. Fahrradkurse für Migrantinnen, Lernhilfen für Grundschulkinder mit Startschwierigkeiten, Jugendzirkus als sinnvolle Freizeitbeschäftigung und vieles mehr steht auf der Liste mit Ideen für das Jahr 2024. "Viele Familien im Ortsteil können sich ein kostenpflichtiges Freizeitangebot für ihre Kinder nicht leisten, die Rückmeldung bekommen wir ganz oft", sagt Ahrens.

Auch Bettina Müller-Herling von der Wilhelm-Kaisen-Oberschule bestätigt, "dass der Unterstützungsbedarf in den Familien aus Huckelriede weiterhin groß ist". Ohne das Geld aus dem Win-Fördertopf würden einige Schulprojekte der Zirkusschule ebenfalls wegbrechen. "Aber genau die fördern das, was die Kinder brauchen und unsere Schule noch attraktiver macht: außerschulische Lernerfahrungen und soziales Training."

Was fordern die sozialen Einrichtungen?

Die Circusschule Jokes, die ansässigen Grundschulen und die Wilhelm-Kaisen-Oberschule, der Martinsclub als Betreiber des Quartierszentrums, die Freiwillige Feuerwehr und viele weitere Vereine und Institutionen haben den offenen Brief unterschrieben. 

Darin fordern sie auch in den kommenden Jahren finanzielle Unterstützung für Sozialprojekte und eine Regelfinanzierung für das Quartierszentrum, den Jugendraum und das Zirkuszelt von Jokes. Aber auch baulich sei im Ortsteil noch nicht alles passiert, was für eine Stabilisierung nötig sei. Als Beispiele nennen sie die Brache an der ehemaligen Wendeschleife an der Umsteigestelle Huckelriede sowie eine städtebauliche Aufwertung der unteren Kornstraße.

Was sagen die Behörden Bau und Soziales zum offenen Brief?

Die Baubehörde verweist auf das "Integrierte Gesamtkonzept", das ihre Fachleute in Abstimmung mit dem Beirat Anfang des Jahres als Zukunftskonzept für das Sanierungsgebiet Huckelriede vorgelegt haben. "Es ist seitdem Orientierungsgrundlage bei weiteren Entscheidungen der Stadtentwicklung und wird schon genutzt", heißt es schriftlich dazu. Ziel des Konzeptes sei "die Verstetigung des bisher Erreichten."

Aus dem Haus der Sozialsenatorin ist zu hören, man "will das Quartierszentrum über das Landesprogramm 'Lebendige Quartiere' weiter fördern." Auch andere Angebote wie beispielsweise die Beratung für Geflüchtete „Ankommen im Quartier“ sollen unabhängig von Win weitergeführt werden. 

Die Übernahme in eine Regelfinanzierung von Jokes müsse hingegen stadtteilintern im Zuge der Verteilung der Mittel aus der offenen Jugendarbeit geprüft werden. Das ginge allerdings nur über eine Umverteilung des Geldes von anderen Neustädter Jugendeinrichtungen nach Huckelriede. Denn mehr Geld für die Jugendarbeit ist momentan nicht in Sicht.

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Was fordert die Lokalpolitik?

Beiratsmitglied Jens Oppermann (SPD) hat die Entwicklung von Huckelriede seit der Ausrufung als Sanierungsgebiet eng begleitet. Er hält das Auslaufen der Win-Förderung nur dann für vertretbar, "wenn wir das Jahr 2024 jetzt nutzen und wohlüberlegt mit den Behörden planen, wie es mit anderen Fördermitteln weitergehen kann." Das habe der Beirat bereits beschlossen.

Andernfalls befürchte er einen "Jojo-Effekt", der bei anderen beendeten Win-Gebieten eingetreten sei, die recht schnell ohne weitere Förderung in einen Abwärtstrend geraten seien. Oppermann sieht aber auch durchaus Positives an der Situation: "Das Ende der Förderung bedeutet ja auch, dass Win gewirkt und es eine soziale Verbesserung für die Menschen gegeben hat." Das gelte es nun zu erhalten, anstatt vorschnell die Zahlungen komplett einzustellen.

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