Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Teurer Fischklassiker Warum erste Gastronomen Krabbenbrötchen von der Karte streichen

Wegen hoher Krabbenpreise ziehen einige Gastronomen die Reißleine und streichen das Krabbenbrötchen aus ihrem Angebot. Laut Experten war schon 2023 ein schlechtes Jahr für den Krabbenfang.
09.05.2024, 11:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Warum erste Gastronomen Krabbenbrötchen von der Karte streichen
Von Björn Struß

Für einen Urlaub an der Nordsee oder in Bremen ist die Zeit über Himmelfahrt wie gemacht. Touristen und Einheimische, die sich auf frischen Fisch gefreut haben, erleben aktuell allerdings manchmal eine Enttäuschung. Ein echter Klassiker entwickelt sich nämlich zunehmend zu einer Rarität: das Krabbenbrötchen. Viele Gastronomen bieten es nicht mehr an, andere haben den Preis deutlich angehoben. Ursache sind die rasant gestiegenen Großmarktpreise für gepulte Krabben, die wiederum auf ungewöhnlich niedrige Fangmengen zurückzuführen sind.

Das Fischrestaurant Knurrhahn bietet am Schüsselkorb seit mehr als einem Monat keine Krabbenbrötchen mehr an. Im Außer-Haus-Verkauf ging es zuvor für 6,50 Euro über die Theke. "Der Krabbenpreis hat sich mehr als verdoppelt", erläutert Inhaber Emre Avanlioglu. 13 Euro für ein Brötchen zu verlangen, sei aber viel zu teuer. "Das ist unangemessen. Wir wollen den Leuten nicht vor den Kopf stoßen." Er habe die Brötchen auch nicht mit weniger Krabben belegen wollen.

Für den Restaurant-Bereich hat sich Avanlioglu anders entschieden. Die Krabbensuppe und zwei Hauptgerichte mit Krabben stehen weiterhin auf der Karte. "Ich wollte keine neuen Karten drucken", sagt der Inhaber. Mit den drei Gerichten verdiene er weniger Geld, aber dies hoffentlich nur für einen gewissen Zeitraum.

Gosch verlangt neun Euro

In der Lloydpassage ist der norddeutschen Klassiker hingegen noch zu haben – bei Gosch für neun Euro. Im Filialnetz ist das aktuell aber die Ausnahme. Wie das "Hamburger Abendblatt" berichtet, hat die Fischkette das Krabbenbrötchen mit Ausnahme von Sylt in fast allen Verkaufsstellen gestrichen. "Die Zentrale in Hannover hat uns bisher wie gewohnt beliefert", schildert Mohamed Jairi, Betriebsleiter in Bremen. Die Gründe dafür kenne er nicht, die Zahl der verkauften Krabbenbrötchen sei aber auch überschaubar. "Im Vergleich zum Vorjahr mussten wir den Preis um zwei Euro anheben", sagt Jairi.

In Hamburg müssen die Kunden noch tiefer in die Tasche greifen. Die "Lübecker Nachrichten" berichten, dass an den Landungsbrücken 15 Euro verlangt werden. In Bremerhaven ist das Krabbenbrötchen teilweise noch erschwinglich, bei Fiedlers Fischmarkt sind es 7,20 Euro. "Eigentlich müsste ich mehr als zehn Euro verlangen", sagt Geschäftsführer Patrick Fiedler. Er habe sich aber dazu entschieden, auf die eigene Gewinnmarge zu verzichten. "So versuchen wir, die Kunden zu halten."

Wie Radio Bremen berichtet, verkaufen in Bremerhaven Gosch, das Klibfisch-Restaurantschiff und der Fisch-und-Meer-Stand keine Krabbenbrötchen mehr. Auch in Butjadingen stehen Krabben laut "Kreiszeitung" bei einigen Gastronomen auf der Streichliste.

Die Zulieferer der Gastronomen verlangen aktuell sehr hohe Preise. 70, 80 oder sogar 100 Euro kostet das Kilogramm Nordseekrabben inzwischen. Philipp Oberdörfler, Fischereiberater der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, beschäftigt sich seit etwa 20 Jahren mit den Nordseekrabben. Die Preise würden stark schwanken, lägen üblicherweise aber eher bei 30 bis 40 Euro pro Kilo.

"Krabbenfang kommt aus einem schlechten Jahr"

"Der Krabbenfang kommt aus einem sehr schlechten Jahr. 2023 wurde europaweit nur etwa halb soviel gefangen wie im langjährigen Mittel", sagt Oberdörfler. Die Tiefkühllager seien leer, zudem hätten die Kutter in diesem Jahr bisher nur geringe Mengen fischen können. "Die Produktivität des Ökosystems hat sich geändert", meint der Fischereiexperte.

Lesen Sie auch

Trotz langjähriger Erfahrungswerte ist es laut Oberdörfler noch immer so gut wie unmöglich, die Entwicklung des Bestands vorherzusagen. "Das gleicht dem Blick in eine Glaskugel. Es kann sein, dass wir im Sommer in Krabben ersaufen", sagt er. Als Beispiel nennt er das Jahr 2018. Der Fang sei damals ähnlich schlecht gestartet, dann im Sommer aber regelrecht explodiert.

Für Claus Ubl, Sprecher des Deutschen Fischerei-Verbands, ergeben sich die hohen Preise aus dem äußerst knappen Angebot. Krabbenfischer verkauften ein Kilo für 10 bis 14 Euro an weiterverarbeitende Unternehmen. Sonst wären schon sechs Euro ein guter Preis, zu Fang-Hochzeiten seien es manchmal 3,50 Euro oder weniger. "Dabei muss aber beachtet werden, dass auch die aktuell hohen Preise gerade so die laufenden Kosten der Fischer decken", erklärt Ubl. Bei gleichen Spritkosten holten die Kutter nämlich viel weniger Krabben aus der Nordsee. Laut Ubl beginnt die Hauptsaison im August, dann dürften die Krabbenpreise wieder sinken.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)