Bremen-Nord. Dieser Tage haben 550 pensionierte Lehrer auch aus Bremen-Nord Post aus dem Bremer Bildungsressort bekommen. Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD) hat die Pensionäre wegen des akuten Lehrermangels um eine Rückkehr in den Schuldienst gebeten. Es ist angesichts der Situation an vielen Schulen ein Hilferuf. Wörtlich heißt es in dem Schreiben: "Ich wende mich heute mit einem ganz besonderen Anliegen an Sie: Ich bitte Sie um ein wenig Zeit innerhalb Ihres wohlverdienten Ruhestands, den Sie hoffentlich bei bester Gesundheit genießen können."
Aus Nordbremer Sicht hat das Schreiben einen besonderen Aspekt: Wie berichtet, war Hubertus John aus Vegesack bis vor den Europäischen Gerichtshof gezogen, um als Sonderschullehrer weiterarbeiten zu dürfen. Sein befristeter Vertrag war aus „personalwirtschaftlichen Gründen“ nicht verlängert worden. Später hieß es vonseiten der Bildungsbehörde, er besitze nicht die nötige Qualifikation – obgleich er auf Lehramt studiert hatte und rund 15 Jahre in einer Dependance der Paul-Goldschmidt-Schule als Sonderschulpädagoge gearbeitet hatte. John unterlag vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg und äußerte im Anschluss Kritik daran, wie mit ihm umgegangen werde. Der Fall hat ein bundesweites Interesse hervorgerufen.
Das Bogedan-Schreiben an pensionierte Lehrkräfte umfasst zwei Din-A4-Seiten. Die Senatorin beschwört darin die Pensionäre in der Mangelsituation, wieder tätig zu werden. "Sie entscheiden dabei selbst, wie viele Stunden Sie helfen können", heißt es zum Beispiel. Und: "Sie sind nicht länger als drei Jahre aus Ihrer aktiven Unterrichtstätigkeit ausgeschieden und können deshalb durch Ihre langjährige Berufserfahrung, Ihre Routine und Expertise unseren Schulen helfen, darüber hinaus können Sie wertvolles Wissen an Ihre jungen Nachfolgerinnen und Nachfolger weitergeben."
Die Briefsendung dürfte für viele Pensionäre allerdings nicht überraschend kommen. Bereits im vergangenen Jahr hatte das Ressort öffentlich kundgetan, dass es Lehrer anschreiben wolle, die das Rentenalter erreicht haben. Zuvor hatte die Gewerkschaft GEW kritisiert, dass das Bildungsressort nicht entsprechend auf den Lehrermangel im Bremer Norden und im Bremer Westen reagiert habe. Die CDU forderte, das Land solle pensionierte Lehrer und Teilzeitkräfte einstellen. Beide Gruppen, hieß es, sollten im Januar mit Unterstützung des Finanzressorts angeschrieben werden.
Insgesamt wurden von der für das Personal im öffentlichen Dienst zuständigen Performa Nord, die zur Senatorin für Finanzen gehört, etwa 550 Pensionäre schriftlich um Rückkehr in die Klassenzimmer gebeten. Wie viele Lehrer aus Bremen-Nord angesprochen wurden, konnte Ressortsprecherin Annette Kemp am Dienstag nach eigenen Worten nicht nachvollziehen.
Hubertus John selbst ist nach eigenem Bekunden nicht angeschrieben worden, wohl aber hätten einige ehemalige Kollegen der Paul-Goldschmidt-Schule den Brief aus der Behörde erhalten. Für John ist das ein Beleg mehr dafür, dass es bei ihm nicht mehr um eine sachliche Auseinandersetzung geht, sondern ausschließlich noch um seine Person.
Die Lehrkräfte, die sich dafür entscheiden, aus dem Ruhestand in den Schuldienst zurückzukehren, werden gebeten, sich direkt mit ihrer ehemaligen Stammschule in Verbindung zu setzen. "Dort werden Sie Informationen über Einsatzmöglichkeiten, über Arbeitsbedingungen und Verdienstmöglichkeiten bekommen."