Bremen Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Welche Schäden bekannt sind Bremens Brücken bröckeln

Die fünf wichtigsten Bremer Weserbrücken sind so marode, dass sie voraussichtlich keine 20 Jahre mehr betrieben werden können. Wie steht es heute um die Bausubstanz? Und was sagen die Behörden dazu?
20.01.2024, 07:00 Uhr
Lesedauer: 5 Min
Zur Merkliste
Bremens Brücken bröckeln
Von Justus Randt
Inhaltsverzeichnis

Stephanibrücke

Die 1947 erbaute und 1967 erneuerte Brücke liegt seit einigen Jahren in der Zuständigkeit der Autobahn GmbH des Bundes. Für die Niederlassung Nordwest in Verden teilt Michael Wendt mit, das Bauwerk weise „Ermüdungsrisse in den Tragelementen der Fahrbahnplatte sowie Beulschäden am Haupttragwerk und Unregelmäßigkeiten an Schweißnähten“ auf. Die Kosten ließen sich gegenwärtig nicht abschätzen. „Sofortmaßnahmen sind aber nach derzeitigem Stand nicht erforderlich.“

Mit einer „objektbezogenen Schadensanalyse“ sei im vergangenen Jahr der Bauwerkszustand erfasst worden. „Die Ergebnisse werden derzeit gutachterlich bewertet“, sagt Wendt. Auf dieser Basis würden konkrete Schritte zur baulichen Instandsetzung und Verstärkung geplant. Um zu verhindern, dass sich die Schäden ausweiten, wurden Abstandsregeln und Überholverbote für Lastwagen erlassen.

Nach Angaben der Autobahn GmbH befahren täglich rund 60.000 Fahrzeuge das Bauwerk. Im vergangenen Jahr war angekündigt worden, die Brücke werde ab 2026 repariert – jedenfalls erst, nachdem die Weserstrombrücke über die Autobahn 1 instandgesetzt sei. Die Stephanibrücke ist aktuell die einzige Alternative für Schwerlastverkehr mit mehr als 30 Tonnen Gewicht. „Mittelfristig“, so die Autobahn GmbH, sei ein Ersatzneubau geplant.

Bürgermeister-Smidt-Brücke

Die Stahlbrücke aus dem Jahr 1952 ist nach Angaben des Amtes für Straßen und Verkehr (ASV) „das älteste größere Brückenbauwerk“ Bremens in kommunaler Obhut. Sie ist das jüngste Beispiel dafür, dass mitunter Akutmaßnahmen ergriffen werden müssen, um Brücken verkehrstauglich zu halten. Je Werktag, so das ASV, passieren 12.000 Fahrzeuge die Brücke. Anfang Januar waren Schäden an den sogenannten Zugankern festgestellt worden, die verhindern, dass sich die Brücke bei Belastung in der Mitte senkt und an ihren Enden hebt.

Zeitweilig gab es Einschränkungen für Fußgänger, die „dank Ballastrierung“, so das ASV, wieder aufgehoben werden konnten, nicht jedoch für Kraftfahrzeuge und den öffentlichen Personennahverkehr: Autos steht je Richtung nur noch ein Fahrstreifen zur Verfügung. Es darf immer höchstens eine Straßenbahn auf der Brücke sein. Busse der Bremer Straßenbahn AG (BSAG) befahren den Gleiskörper. Die Einschränkungen gälten zunächst bis Ende des Jahres. Als Termin für die sogenannte Ertüchtigung nennt das ASV Ende 2025 oder Anfang 2026, für die Instandsetzung 2028. Während der Arbeiten sei mit „vermutlich jeweils halbseitiger Sperrung“ zu rechnen.

Kostenprognosen gibt es derzeit laut ASV nicht: Die Planungen liefen noch. Zu den Nutzungseinschränkungen zählen das Fahrzeughöchstgewicht von 30 Tonnen und ein Überholverbot für Lastwagen sowie ein Tempolimit von 30 Kilometern pro Stunde. Das ASV geht „aufgrund des Bauwerksalters und der Ermüdungsbelastung von einer vermutlichen Restnutzungsdauer der Brücke von acht bis zwölf Jahren aus.

Wilhelm-Kaisen-Brücke

In ihrer heutigen Gestalt stammt die Brücke aus dem Jahr 1960. Sie ist eine, wie das Amt für Straßen und Verkehr hervorhebt, in Deutschland seltene Spannbetonkonstruktion, deren Hohlkästen verstärkt werden müssen – eine Folge des Alters und hoher Verkehrslasten. An jedem Werktag rollen circa 22.000 Kraftfahrzeuge über die Brücke, die im Gegensatz zur Bürgermeister-Smidt-Brücke in der Mitte stabilisiert werden muss. Ebenfalls seit Jahren gelten Nutzungseinschränkungen: Fahrzeuge dürfen höchstens 16 Tonnen Gewicht haben, es herrscht Überholverbot für Lastwagen, Busse der BSAG müssen auf dem Gleiskörper der Straßenbahn fahren, für die wiederum „Begegnungsverbot und Abstandsgebot“ im Bereich der Brückenmitte gelten.

Als Ertüchtigungsdatum nennt das ASV „voraussichtlich“ Ende 2024 oder Anfang 2025, die Instandsetzung ist auf 2027 terminiert. Die Arbeiten sollen vermutlich bei halbseitiger Sperrung ausgeführt werden. Auch hier sind die Kosten laut ASV derzeit nicht abschätzbar.

Lesen Sie auch

Seit Juni 2023 gelten auch für die der Wilhelm-Kaisen-Brücke vorgelagerte St.-Pauli-Brücke, die die Neustadt und die Teerhofinsel miteinander verbindet, Einschränkungen. Auch hier gilt seither die Beschränkung von 44 auf maximal 30 Tonnen Höchstgewicht, einschließlich Anhänger. Busse und Bahnen der BSAG dürfen sich auch hier nicht begegnen, Lastwagen dürfen nicht überholen.

Wegen der zu erwartenden Steigerung der Verkehrsmengen des ÖPNV, „insbesondere Straßenbahnen“, ist laut ASV kaum davon auszugehen, dass sich „die theoretische maximale Restnutzungsdauer von 20 Jahren“ beider Brücken weiter reduziere.

Karl-Carstens-Brücke

Zusammen mit der Flutbrücke bildet die Karl-Carstens-Brücke die Verbindung nach Habenhausen. Die Strombrücke mit dem Namen eines früheren Bundespräsidenten, die von Bremerinnen und Bremern zumeist Erdbeerbrücke genannt wird, darf ebenfalls seit Jahren nur noch eingeschränkt belastet werden: 20 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht ist die Obergrenze. Außerdem gibt es ein Abstandsgebot für Lastwagen. BSAG-Busse können die Brücke passieren. Je Werktag rollen nach Angaben des Amtes für Straßen und Verkehr etwa 32.000 Fahrzeuge über die Brücke.

Da es sich um zwei Bauwerke handle, gebe es auch getrennte Planverfahren. Mit den Arbeiten solle voraussichtlich 2025 beziehungsweise 2027 begonnen werden, mit der Instandsetzung sei 2028 zu rechnen. Die Kosten, so das ASV, ließen sich noch nicht abschätzen. Auch hier sollen die Arbeiten voraussichtlich bei jeweils halbseitiger Sperrung vonstattengehen. Auch der Karl-Carstens-Brücke wird eine Restnutzungsdauer von weniger als 20 Jahren zugetraut.

Weserstrombrücke

Die Brücke im Verlauf der Autobahn 1 wurde im Jahr 1963 gebaut. Das Bauwerk gehört in den Verantwortungsbereich der staatlichen Planungsgesellschaft Deges, der Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH. Ulf Evert aus der Hamburger Deges-Dependance erläutert den Zustand so: „Die Strombrücke weist Schäden in Form von Rissen auf, weiterhin ist sie aktuell nicht für das Lastniveau der derzeitigen Verkehrsbelastung ausgelegt.“ Gutachter, heißt es, hätten außer „generellen statischen Defiziten auch Korrosionsschäden“ festgestellt, „die in Summe eine Entlastung des Bauwerks erfordern“. Laut Deges sind jeden Tag durchschnittlich 127.000 Fahrzeuge auf der Autobahnbrücke unterwegs.

Lesen Sie auch

Wegen des desolaten Zustandes stehen seit August 2023 nur noch drei statt vier Fahrstreifen in beiden Richtungen zur Verfügung. Der Lastwagenverkehr sei nicht beeinträchtigt, antwortet Ulf Evert auf Anfrage. Auch genehmigungspflichtige Schwertransporte seien weiterhin möglich.

Die Brücke soll mit Stahlbauteilen verstärkt werden. „Ferner wollen wir die Fahrbahnbeläge und die Kappen am Bauwerk neu herstellen“, erklärt Evert. „Eine Vergabe der Bauleistungen ist für März 2024 geplant.“ Ein Überblick über mögliche Kosten liege voraussichtlich noch im ersten Quartal vor. Parallel würden die Planungen für einen Ersatzneubau vorbereitet.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)