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Bremer Klinikkonzern Geno: Weniger Ärzte, mehr Pfleger

Die vier städtischen Kliniken in Bremen werden in den nächsten Jahren weniger Mediziner beschäftigen, dafür aber mehr Pflegepersonal. Insgesamt schrumpft die Belegschaft spürbar.
13.12.2021, 19:54 Uhr
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Geno: Weniger Ärzte, mehr Pfleger
Von Jürgen Theiner

Der städtische Klinikverbund Gesundheit Nord (Geno) konkretisiert seine Pläne für die Personalentwicklung in den kommenden Jahren. Die Zeichen stehen auf Stellenabbau, wobei der Pflegebereich ausdrücklich ausgenommen ist. Die Reduzierung der Belegschaft soll einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass der Verbund der vier Häuser in Mitte, Ost, Nord und Links der Weser allmählich aus den roten Zahlen kommt.

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Im Frühjahr hatte die Geno angekündigt, im Laufe der nächsten Jahre Personal im Volumen von 440 Vollzeitstellen abzubauen und dadurch die jährlichen Kosten um etwa 44 Millionen Euro zu drücken. Von betriebsbedingten Kündigungen war dabei keine Rede. Der Prozess soll durch normale Fluktuation bewältigt werden. Zurzeit beschäftigt der Klinikverbund rund 7200 Mitarbeiter, rund die Hälfte davon sind Teilzeitler – vor allem im Pflegebereich ist dies sehr ausgeprägt. Auf Vollzeitstellen umgerechnet, ergibt sich ein aktuell ein Volumen von 5640 Arbeitsplätzen. Der jetzt anstehende Abbau soll nicht nach dem "Rasenmäherprinzip" vonstatten gehen, wie es in einem noch vertraulichen Papier heißt, das dem WESER-KURIER vorliegt. Manche Standorte trifft es stärker, andere kaum. Im Einzelnen stellt sich die Entwicklung bei den Berufsgruppen in der Geno so dar:

Ärztlicher Dienst

Die vier Häuser beschäftigen derzeit medizinisches Personal im Volumen von 1010 Vollzeitkräften (VK). 2026 sollen es 58 weniger sein. Am stärksten betroffen ist das Klinikum Links der Weser. Dort wird in den nächsten Jahren ein knappes Viertel der Arztstellen abgebaut. Im Wesentlichen hat dies mit der geplanten, aber noch nicht vollzogenen Verlagerung von Gynäkologie und Geburtsmedizin ans Klinikum Mitte zu tun. In geringerem Umfang werden auch die Häuser in Nord und Ost zur Ader gelassen, während sich am Klinikum Mitte der Ärztestamm erhöht – dort allerdings nicht proportional zum Zuwachs aus Links der Weser, sondern nur um voraussichtlich 16 Stellen. Parallel zum Abbaupfad will die Geno-Spitze die Arbeitsorganisation umstellen und auch dadurch Geld sparen. Hintergrund: Bisher arbeiteten die Mediziner häufiger in Bereitschaftsdiensten mit unterschiedlich großem Umfang an tatsächlich verrichteter Arbeit. Künftig setzt die Geno auf Schichtmodelle mit garantierter Präsenz der Ärzte.

Pflege

Während also im medizinischen Bereich die Signale auf Rot stehen, will die Gesundheit Nord in den nächsten Jahren zusätzliche Krankenschwestern und -pfleger einstellen. Gegenwärtig gibt es verbundweit knapp 2300 VK, bis 2026 sollen es 81 mehr sein. Das wird schwer genug, denn die neuen Mitarbeiter müssen auf einem fast leer gefegten Arbeitsmarkt aufgetrieben werden. Zugleich wird Ersatz für viele altersbedingt ausscheidende Kräfte gebraucht. Selbst wenn die Geno alle ihre derzeitigen Azubis übernähme, würde das nicht reichen. Ein Aktionsplan zur Anwerbung neuer Mitarbeiter in der Pflege soll am kommenden Freitag dem Aufsichtsrat des Klinikkonzerns vorgestellt werden. Er sieht unter anderem eine bessere Bindung von Fachkräften an das Unternehmen und Werbeaktivitäten im Ausland vor.

Übrige Bereiche

In sämtlichen patientenfernen Bereichen soll das Personal teils deutlich reduziert werden. Das betrifft vor allem die klassische Verwaltung, aber auch Handwerker, Labormitarbeiter und Küchenpersonal. Darüber hinaus will die Geno weniger Physiotherapeuten und Logopäden sowie medizinische Fachangestellte beschäftigen, die etwa bei endoskopischen Untersuchungen assistieren.

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Bei ihrer Personalbedarfsberechnung für die Zeit bis 2026 hat die Geno ihr Leistungsniveau des Jahres 2019 zugrunde gelegt, also den Stand vor Corona. Das ist nicht unbedingt selbstverständlich, wandelt sich doch der Gesundheitssektor rapide hin zu mehr ambulant erbrachten Leistungen. Gleichwohl heißt es in dem internen Papier ausdrücklich, maßgebend sei der Status quo: "Allgemeine Trends wie beispielsweise die Ambulantisierung wurden bei den Ergebnissen erst einmal nicht berücksichtigt." Auffällig, wenn auch nicht wirklich überraschend ist  zudem das Eingeständnis, dass es weiterhin nicht gelingt, den hohen Anteil an Leiharbeit einzudämmen. Solche Beschäftigungsverhältnisse sind für die Geno besonders teuer. So kostet etwa eine auf dieser Basis tätige Krankenschwester rund ein Drittel mehr als eine fest angestellte Kraft. 2018 gab die Gesundheit Nord über alle Standorte rund 5,9 Millionen Euro für Leiharbeitnehmer aus, 2019 waren es bereits 10,1 Millionen. Unter dem Eindruck von Corona und damit zusammenhängender Mehrarbeit verdoppelte sich dieser Posten 2020 sogar.

Zur Sache

Gesundheit Nord

Mit ihren rund 7200 Beschäftigten ist die Geno nach Mercedes größter Arbeitgeber der Stadt. Der Verbund der vier Häuser in Mitte, Ost, Nord und Links der Weser gehört zu 100 Prozent der Stadtgemeinde Bremen, Aufsichtsratsvorsitzende ist Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke). Die Geno-Kliniken wirtschaften seit vielen Jahren in den roten Zahlen. Daran konnten auch jährliche Betriebskostenzuschüsse aus dem städtischen Haushalt und eine 2018 gewährte, einmalige Finanzspritze in Höhe von 205 Millionen Euro nichts ändern.

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