Bürgerschaftspräsident Christian Weber ist vor einem Jahr, am 12. Februar 2019, nach langer Krankheit verstorben. Der SPD-Politiker hatte sein Amt seit 1999 inne. Anlässlich des ersten Todestages erinnern wir in unserer Fotostrecke an den langjährigen Bremer Poltiker. Weber wurde 72 Jahre alt.
Zum ersten Todestag des Bürgerschaftspräsidenten Christian Weber - sein Leben in Bildern
Bürgerschaftspräsident Christian Weber ist vor einem Jahr, am 12. Februar 2019, im Alter von 72 Jahren verstorben. Der SPD-Politiker hatte das Amt seit 1999 inne. In der Fotostrecke blicken wir auf seine Laufbahn zurück.
Nach der Wahl im Juni 1999 wurde Christian Weber, der seit 1990 Abgeordneter in Bremen war, Bürgerschaftspräsident. Weber hätte sich lieber als Bausenator gesehen - und eines Tages als Nachfolger von Bürgermeister Henning Scherf. Doch obwohl er die SPD-Fraktion seit 1995 führte, blieb kein Senatorenposten für ihn übrig. Das Präsidentenamt sei kein Versorgungsposten. "Es gibt einen Kreis von fünf, sechs potentiellen Scherf-Nachfolgern, und ich gehöre nach wie vor dazu", sagte er damals zwar im Interview mit dem WESER-KURIER. Doch als Scherf 2005 abtrat, kam Weber für die Nachfolge nicht mehr in Frage. Stattdessen beerbte der Mann Scherf, der Webers Nachfolger als Fraktionsvorsitzender gewesen war: Jens Böhrnsen.

Webers politische Laufbahn begann im Ortsverein Hastedt, in dessen Vorstand er 1977 gewählt wurde. SPD-Mitglied ist er seit 1972. Von 1978 bis 1990 gehörte Weber dem Beirat Hemelingen an, ab 1979 in der Funktion des Sprechers. In dieser Zeit setzte er sich für die Ansiedlung von Mercedes in Bremen-Sebaldsbrück ein, die trotz großer Widerstände aus dem Stadtteil gelang. Das Bild zeigt Weber im Jahr 2003 mit Hans-Günter Köhler bei dessen Verabschiedung als Ortsamtsleiter. Die beiden halten Beiratsprotokolle aus dem Jahr 1978 in den Händen – dem Jahr, in dem Weber Beiratsmitglied wurde. Zwischen 1983 und 1990 war Weber Sprecher des Gesamtbeirats.

Weber wohnte seit 40 Jahren in Hastedt, immer in unmittelbarer Nähe zum jüdischen Friedhof. Das Bild zeigt ihn dort bei einer Kranzniederlegung mit Elvira Noa, der Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde, mit der Weber sich eng verbunden fühlte. Weber war gläubiger evangelischer Christ.

Er wäre zwar lieber Senator geworden, doch Weber freundete sich nach dem Amtsantritt im Juli 1999 mit der Rolle des Parlamentspräsidenten und den dazugehörigen repräsentativen Aufgaben an. Das Amt brachte leichte Pflichten mit sich, zum Beispiel in der Weihnachtszeit Klaben an die Abgeordneten zu verteilen…

Das Foto zeigt Christian Weber bei einer Rede in der Bremischen Bürgerschaft, es erschien am 7. September 1995 im WESER-KURIER.

…aber auch schwere Gänge. 2014 reiste er als erster Bremer Politiker in die französische Stadt Murat, um sich bei den Angehörigen der 86 Menschen zu entschuldigen, die von den Nazis nach Bremen deportiert wurden und dort starben. Sie mussten beim Bau des Bunker Valentin Zwangsarbeit leisten. Das Bild zeigt Weber mit dem Sohn eines deportierten Mannes.

Als Parlamentspräsident ist Weber zur Neutralität verpflichtet, seine Aufgabe war die Repräsentation. So empfing er beispielsweise 2005 Bundespräsident Horst Köhler und zeigte ihm den Plenarsaal der Bürgerschaft. Aber auch in die Tagespolitik mischte Weber sich immer wieder ein. Mal mit Erfolg, mal nicht - sein Versuch, im Parlament eine Enquete-Kommission zur finanziellen Zukunft des Landes Bremen einzurichten, scheiterte 2005 an der CDU. „Das Parlament hätte in der entscheidenden Frage zur Zukunft Bremens Flagge zeigen können“, sagte Weber damals enttäuscht. Thema der Kommission sollte sein: „Bremen 2020 – Sanierung und Zukunftssicherung“.

Als Bundespräsident Joachim Gauck 2013 zum Antrittsbesuch kam, ging Weber mit ihm über den Marktplatz. In seiner Amtszeit stieß Weber mehrmals Debatten über die Zahl und Art der Veranstaltungen auf Bremens zentralem Platz an. Es gefiel Weber nicht, dass der Marktplatz mit dem Weltkulturerbe aus Rathaus und Roland an vielen Tagen im Jahr durch Veranstaltungen und die dazugehörigen Auf- und Abbauarbeiten vollgestellt war. Überhaupt vertrat Weber in seiner Amtszeit die Auffassung, Bremen gehe nicht pfleglich genug mit seinem Bestand um. Die Stadt kümmere sich zu wenig um ihre Plätze, Gebäude und Grünflächen.

Von allen Bremer Gebäuden lag das Haus der Bürgerschaft Weber immer besonders am Herzen. Er drängte darauf, dass das Gebäude mehrfach renoviert wurde. Teilweise legte er sich dafür mit dem Senat an. 2003 wurde das Gebäude für 4,7 Millionen Euro grundlegend renoviert, zuletzt wurde 2013 der Teppich im gesamten Haus erneuert. Auch dass das Gebäude heute behindertengerechter ist als bei der Einweihung im Jahr 1966, verdankt es dem Einsatz seines langjährigen Hausherrn. Die Öffnung des Hauses für Veranstaltungen geht ebenfalls auf Webers Konto. Vor seiner Amtszeit herrschte zwischen den Sitzungswochen oft tote Hose in dem Bau aus dem Jahr 1966, heute finden fast an jedem Tag Ausstellungen und andere Veranstaltungen statt, die Tausende Besucher pro Jahr anlocken.

Die Öffnung des Hauses der Bürgerschaft diente nicht zuletzt Webers Anliegen, die Distanz zwischen Bürgern und Politikern zu verringern und die Bürger wieder mehr für Politik zu interessieren – damit die Wahlbeteiligung wieder steigt. Weber machte aber stets auch mangelnde Leidenschaft der Abgeordneten in den Bürgerschaftsdebatten für das sinkende Interesse der Bevölkerung an Politik verantwortlich. Nach der Bürgerschaftswahl 2015, bei der die Wahlbeteiligung auf den historischen Tiefstand von 50 Prozent gesunken war, entstand eine Arbeitsgruppe zur Verbesserung der Parlamentskultur, der Weber angehörte. Auch in seiner Neujahrsansprache in diesem Jahr bat Weber die Bremer erneut darum, im Mai bei der Wahl zur Bürgerschaft abzustimmen.

Schon bevor er durch das Präsidentenamt zum Repräsentanten aller Abgeordneten wurde, hatte der SPD-Mann Weber keine Berührungsängste mit den anderen Fraktionen. In seiner Zeit als Fraktionschef (1995-1999) arbeitete er eng mit CDU-Amtskollege Ronald-Mike Neumeyer (links im Bild) zusammen. Die beiden verstanden sich gut - so gut, dass sie 1996 nach einem Werder-Spiel gemeinsam mit dem damaligen Bürgerschaftspräsidenten Reinhard Metz durch Schwachhausen zogen. Bekannt wurde das, weil die Polizei die drei aufgriff, als sie mit einer geklauten Baustellenbake im Schlepptau die Schwachhauser Heerstraße entlangliefen. Metz dementierte eine mögliche Trunkenheit energisch mit den Worten: "Wir waren heiter."

Zu den Bürgermeistern in seiner Amtszeit, allesamt SPD-Parteikollegen, hatte Weber ein eher distanziertes Verhältnis - auch wenn es hier mit Jens Böhrnsen (links im Bild) anders aussieht. Als Weber 1999 Präsident wurde, war Henning Scherf Bürgermeister. Bei Böhrnsen (2005 bis 2015) vermisste Weber die Nähe zu den Menschen, er schätzte ihn aber für sein strukturiertes Arbeiten. Mit dem aktuellen Bürgermeister Carsten Sieling verbindet Weber, dass beide den zweiten Bildungsweg beschritten haben und schon seit Jugendtagen politisch aktiv sind.

2007 erlebte Weber eine der schwersten Krisen seiner Amtszeit. Er wollte Karin Röpke zur Bürgerschaftsdirektorin machen; es wäre das Comeback für Röpke gewesen. Doch es kam offensichtlich zu früh. Erst ein Dreivierteljahr zuvor war Röpke wegen des Falls Kevin als Sozialsenatorin zurückgetreten – der zweijährige Gröpelinger Junge war tot in der Wohnung seines drogenabhängigen Vaters gefunden worden; das Jugendamt hatte die Vormundschaft für Kevin. Die Öffentlichkeit war empört über Webers Versuch, seine Vertraute Röpke als Direktorin durchzusetzen. Aufgrund des immensen öffentlichen Drucks verzichtete Röpke schließlich auf den Posten. Ungeachtet dessen regte sich auch in Reihen der SPD Widerstand gegen Weber, sein Stuhl wackelte. Letztlich konnte er sich aber im Amt halten.

Auf Webers Initiative wurde 2010 die Bezahlung der Abgeordneten in der Bürgerschaft massiv vereinfacht und dadurch auch für die Bürger transparent gemacht. Alle Sonderzahlungen, wie Sitzungsgeld oder Übergangsgeld beim Ausscheiden aus dem Amt, wurden abgeschafft. Die Abgeordneten bekommen seitdem ein Einheitsgehalt. Dieses wird immer zur Jahresmitte an die Kostenentwicklung angepasst, so dass die von der Öffentlichkeit mit Missfallen beobeachteten Debatten über Diätenerhöhungen überflüssig geworden sind.

Im Dezember 2015 gab es großes Aufsehen um einen kleinen Unfall. Weber streifte beim Ausparken ein anderes Auto und hinterließ lediglich einen Zettel mit seinen Kontaktdaten. Juristisch gesehen ist das Unfallflucht – wer einen Unfall verursacht und den Geschädigten nicht antrifft, muss die Polizei rufen. Es wurde ein Verfahren gegen Weber eröffnet, das gegen Zahlung einer Auflage in Höhe von 6800 Euro eingestellt wurde.

Bürgerschaftspräsident Christian Weber (SPD) forderte von seiner Partei deutlich mehr Einsatz vor der Bürgerschaftswahl im Mai 2019: „Wir müssen jetzt volle Pulle nach vorne gehen. Das, was wir gemacht haben, darstellen – und das, was wir nicht gemacht haben, erklären“, sagte der Weber beim WESER-Strand-Talk des WESER-KURIER. „Wir müssen total in die Offensive gehen.“ Zudem kommentierte Weber die schlechten Umfragewerte seines Parteigenossen Carsten Sieling: „Wenn ich Bürgermeister wäre, würde ich Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um von dem Image wegzukommen.“

Ebenfalls in seiner Neujahransprache machte sich Bürgerschaftspräsident Christian Weber für eine sogenannte Enquete-Kommission stark, um die Zuständigkeiten von Bund und Ländern klar zu regeln. Damit reagierte er auf das Scheitern des sogenannten Digitalpaktes, der im Dezember im Bundesrat vorerst gestoppt wurde. "Was darf Europa regeln, was genau der Bund – und was ist eindeutig Sache der Bundesländer? Es ist nicht nur höchste Zeit, dies zu entwirren, es ist dringend geboten", erklärte Weber.

Nach langer Krankheit verstarb Christian Weber (72) am 12. Februar 2019 im Alter von 72 Jahren.