"Liebe Bremerinnen und Bremer, liebe Bremerhavenerinnen und Bremerhavener!
Das neue Jahr steht bevor. Es wird für Bremen ein besonders wichtiges Jahr! Nach vier Jahren werden Sie ein neues Parlament wählen. Sie entscheiden mit ihrer Stimmabgabe darüber, wie das Parlament aussehen wird. Welche Parteien vertreten sein werden, wie viele Mandate sie erringen. Das bestimmen allein Sie! Sie sind der Souverän. Ihre Stimme wird wegweisend für die vier kommenden Jahre.
Liebe Bremerinnen und Bremern, Nutzen Sie Ihre Stimme! Bei der vergangenen Wahl zur Bremischen Bürgerschaft sind nur 50 Prozent von Ihnen zur Wahl gegangen. Mich hat das bestürzt und betroffen gemacht.
Vor 100 Jahren haben unsere Vorfahren für ein allgemeines und freies Wahlrecht gekämpft: Dafür, dass 1919 Frauen zum ersten Mal wählen durften. Dafür, dass in Bremen das 8-KlassenWahlrecht abgeschafft wurde. Dafür, dass alle Frauen und Männer, auch wenn sie nicht adelig oder wohlhabend waren, abstimmen konnten, und damit den künftigen politischen Kurs des Landes mitbestimmen konnten. Unsere Vorfahren sind dafür auf die Straße gegangen, wurden ins Gefängnis gesperrt – nur um wählen zu können. Heute bleiben viele auf dem Sofa, statt ihr Wahlrecht zu nutzen, weil das Wetter zu schlecht ist. Oder sind nicht da, weil das Wetter zu gut ist. Im Mai geht es aber um wegweisende Entscheidungen für unser Bundesland! Um IHRE Beteiligung!
Keine Frage: Demokratie ist manchmal zeitaufwendig. Demokratie erfordert das Anhören und Abwägen anderer Meinungen. Demokratie ist manchmal sperrig und schwierig – das stimmt. Auch ich wünsche mir bei vielen Themen, dass wir schneller, pragmatischer zu einer Lösung kommen. Dass wir mehr agieren, als reagieren! Aber Demokratie ist die beste Staatsform, an der sich alle beteiligen können.
Als Bundesland brauchen wir aber auch einen klaren Rahmen. Aus meiner Sicht ist es dringend an der Zeit, Klarheit über die einzelnen politischen Ebenen zu bekommen und zu vermitteln – Europa, Bund, Länder, Kommunen. Gerade jetzt, da beispielsweise die Zukunft der Europäischen Union einer genauen Analyse unterzogen werden muss – ich nenne nur das Stichwort Brexit – ist es für uns alle von zentraler Bedeutung, die genannten Ebenen zu definieren: was fällt in die Kompetenz der EU, was in die der Bundesregierung oder der jeweiligen Exekutive der anderen Länder der europäischen Gemeinschaft? Ja, und was sind die Zuständigkeiten der Bundesländer? In dieser Frage gab es auch in der jüngeren Vergangenheit zumindest unterschwellig immer Gerangel – wie beim jüngsten Konflikt um die Digitalisierung an den Schulen … Die Bundesländer dürfen dabei nicht unter die Räder kommen. Ganz im Gegenteil: sie müssen gestärkt werden!
Ich schlage deshalb eine Enquetekommission vor, die sich gezielt mit der Aufgabenverteilung dieser politischen Ebenen befasst: was darf Europa regeln, was genau der Bund – und was ist eindeutig Sache der Bundesländer. Es ist nicht nur höchste Zeit, dies zu entwirren, es ist dringend geboten. Ich erinnere hier daran, und das liegt mir auch mit Blick auf ein solches Experten-Gremium sehr am Herzen, dass die Landtage – gerade auch hier in Bremen – die oft geforderte Nähe zu den Wählerinnen und Wählern gewährleisten. Es muss ein festes politisches Fundament geben, und ich bin sicher, die Länder und Kommunen haben Gewichtiges beizutragen. Sie sind die politischen Vertretungen vor Ort, dort kennt man die Mandatsträger, dort spüren die Menschen die Politik hautnah.
Liebe Bremerinnen und Bremer, liebe Bremerhavenerinnen und Bremerhavener, ich wünsche Ihnen alles erdenklich Gute für 2019. Gesundheit und Freude. Und ich hoffe, dass möglichst viele ihrer Wünsche in Erfüllung gehen - auch mein Wunsch, dass Sie alle am 26. Mai zur Wahl gehen. “
(Bürgerschaftspräsident Christian Weber)