Gut versteckt steht ein großer Bau im Bürgerpark, inmitten von Bäumen und Büschen auf Höhe der Emmastraße – so gut getarnt, dass Frank Hethey oft schon an dem Ort vorbeigefahren ist, ohne auch nur einen Verdacht zu schöpfen. Doch dann, eines Tages, entdeckte er etwas Rotes hinter der dichten Blätterwand. Hethey ging über den Spielplatz, durch den Sandkasten, immer näher zu der Begrenzung, hinter der die Büsche und Bäume wild durcheinander wachsen, und arbeitete sich Schritt für Schritt vor.
Bis er schließlich vor einem riesigen, massiven Klinkerbau stand. „Ich staunte Bauklötze“, erinnert sich Hethey. „Dieses Gebäude hatte ich bislang nie wahrgenommen.“ Also begab er sich auf die Suche nach mehr Informationen – und fand heraus: Der Klinkerbau ist ein Bunker. Und zwar nicht irgendeiner, nein! An diesem Ort verlor Bremen den Zweiten Weltkrieg.
Bis zum letzten Blutstropfen
Seine Recherchen führten den Journalisten direkt in die Nacht des 27. April 1945. Die Wochen zuvor waren schlimm für Bremen, die Aktien-Gesellschaft Weser wurde bombardiert, ebenso das Weserwehr, das Staatsarchiv. Häuser wurden zu Trümmern, die sich mehr und mehr in das Stadtbild fraßen. Die Briten warfen mittlerweile nicht mehr nur Bomben vom Himmel, sondern hatten auch damit begonnen, Flugblätter über Bremen abzuschmeißen, die von ihren fortlaufenden Erfolgen auf dem Gebiet des Deutschen Reichs berichteten.
Der Bremer Kampfkommandant Generalleutnant Fritz Becker (1892-1967), erst Ende März aus dem Danziger Kessel nach Bremen ausgeflogen und eine Woche später bereits zum Befehlshaber ernannt, ließ sich davon jedoch nicht beirren. „Er wollte kämpfen, und dementsprechend lautete sein Auftrag, Bremen bis zum letzten Blutstropfen zu verteidigen“, sagt Hethey.

Historiker Frank Hethey vor dem Bauwerk im Bremer Bürgerpark.
Dabei hatten sich der kommissarische Bürgermeister Richard Duckwitz (1868-1972) sowie der Innen- und Arbeitssenator Hans Joachim Fischer (1904-2000) schon für eine Kapitulation ausgesprochen. „Da Becker aber das Kommando über den Verteidigungsbereich Bremen hatte und auch Gauleiter Paul Wegener gegen eine kampflose Übergabe der Stadt war, wurde beschlossen, nicht aufzugeben“, sagt Hethey.
Verbissener Kampfeswille nützte nichts
Schließlich hatte Becker schon im Ersten Weltkrieg und in den Jahren zuvor an der West-, Balkan- und Ostfront gekämpft und war Teil der 389. Infanterie Division. Aufgeben kam da nicht infrage. Doch der verbissene Kampfeswille Beckers nützte nichts gegen die starken britischen Truppen. Immer weiter rückten die Feinde vor, drängten die Deutschen zunehmend von der Stadtgrenze Richtung Zentrum, in den Bürgerpark hinein.
Von hier aus beobachteten die Bremer Soldaten die Lage vom Aussichtsturm im Bürgerpark aus und sahen: Die Briten formierten sich wieder. Also suchten sie am 23. April 1945 Schutz hinter den dicken, mit roten Klinkern verkleideten Betonwänden des Bunkers direkt am Turm. „120 bis 150 Wehrmachtsangehörige hielten sich dort und in den umliegenden Baracken wohl auf“, schätzt Hethey.
Dann, am späten Abend des 26. April 1945, leisteten sie sich noch heftige Gefechte kurz vor dem Bunker. „Wegen der Dunkelheit stießen die Briten jedoch zunächst nicht weiter vor“, weiß der Journalist. „Becker soll da schon völlig apathisch und desorientiert gewesen sein und hat keine Befehle mehr erteilt.“
Nur die Einfahrt ist zu erkennen
Nach ein paar letzten Gefechten ergaben sich die Bremer schließlich im Morgengrauen des 27. April 1945. „Der Kampf um Bremen war damit offiziell beendet.“ Becker kam in ein britisches Gefangenenlager und blieb dort bis 1948. Gauleiter Wegener wurde nach seiner Kriegsgefangenschaft in Luxemburg zu sechs Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt für die Entscheidung, Bremen nicht kampflos aufgegeben zu haben – die Hunderte Menschen das Leben kostete.
Naja, und der Bunker, vor dem die letzten Kämpfe stattfanden, das Schutzgebäude, in dem sich die letzten Wehrmachtssoldaten aufhielten, wird heute als Lager- und Abstellraum für die Gartengeräte zur Pflege des Bürgerparks genutzt. Nur die Einfahrt zu dem Klinkerbau ist zu erkennen. Folgt man ihr nicht, läuft man mit hoher Wahrscheinlichkeit an den Büschen und Bäumen vorbei, ohne auch nur einen einzigen Stein des massiven Gebäudes wahrzunehmen. Perfekte Tarnung also. Nur: Gebracht hat sie am Ende nichts.
So geht’s zum Klinker-Bunker: Der Bunker befindet sich im Bremer Bürgerpark auf der Seite der Parkallee. Ein paar Meter Fußweg Richtung Universität, dann erscheint zur Linken der Kinderspielplatz auf der Anhöhe des früheren Aussichtsturms. Dort im Gebüsch steht der Bunker.