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Einblicke ins Staatsarchiv So arbeitet das Gedächtnis Bremens

Im Bremer Staatsarchiv hat sich schon immer viel verändert. 2021 Jahr wurde die Einrichtung 800 Jahre alt – und steht jetzt noch einmal vor dem Umbruch.
19.12.2021, 06:00 Uhr
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So arbeitet das Gedächtnis Bremens
Von Patricia Friedek

Es ist ein Glückstag für das Bremer Staatsarchiv. Auf den ersten Blick sind das bloß braune Pappkartons, die auf einem Rollwagen in der Archivalienaufnahme im hinteren Teil des Gebäudes am Präsident-Kennedy-Platz stehen. Aber Konrad Elmshäuser weiß, wie wertvoll der Inhalt der Boxen ist, die ein Ehepaar gerade an jenem Donnerstag im Staatsarchiv abgegeben hat: Die Kartons enthalten einzigartige Dokumente vom Untergang der „Pamir“, einem der berühmtesten Schiffsunglücke Deutschlands. Sie werden ihren Platz zwischen den unzähligen anderen wertvollen Nachlässen finden, die sich im Staatsarchiv sortiert und geordnet auf vielen Metern in den Regalen stapeln.

Das Bremer Staatsarchiv ist die wahrscheinlich älteste Einrichtung der Stadt, Konrad Elmshäuser ihr Leiter. Tatsächlich ist das Staatsarchiv 2021 sozusagen 800 Jahre alt geworden – so richtig hat das niemand mitbekommen, sagt Elmshäuser. Und doch wurde das Staatsarchiv 1221 erstmals in einer Stadtchronik erwähnt, in der von Kriegsbeute berichtet wird, die in die sogenannte Tresekammer geschafft worden war. Diese Kammer war untergebracht im Nordturm der Liebfrauenkirche. Dort lagerten Wertsachen und Gelder der Stadt, aber auch die städtischen Urkunden, Verträge oder Privilegien.

„Das Wichtigste war, die Urkundenbeweise vor den häufigen Bränden zu schützen. Deshalb musste man den sichersten Ort der Stadt finden“, erklärt Elmshäuser. Auch im Falle eines Überfalls auf die Stadt suchten die Angreifer häufig als Erstes nach Urkunden und Privilegien, da diese als einzige Grundlage für das Recht an einer Stadt galten. Auch der mehrere Meter lange Schrank aus Eichenholz, in dem die Dokumente früher lagerten, steht noch in einem Gang im Staatsarchiv – allerdings leer.

Ältestes Dokument im Bremer Staatsarchiv stammt aus dem Jahr 1159

Heute sind diese historischen Schätze im Tiefkeller des Magazinturms des Staatsarchivs gelagert. Einige von ihnen sind dort in einem Glaskasten ausgelegt, zugedeckt mit einem schwarzen Tuch: das zweite Bremer Stadtsiegel oder ein Staatsvertrag mit Frankreich über die gegenseitige Anerkennung der Urheberrechte. Das älteste erhalten gebliebene Privileg der Stadt Bremen stammt aus dem Jahr 1159, es ist der Bürgerweidebrief. Ihn will Elmshäuser nur ungern hervorholen, denn für ihn gilt, was auch für viele andere Archivalien zählt: Sie sollten möglichst wenig bewegt werden.

800 Jahre Staatsarchiv, und der Einrichtung steht jetzt noch einer der bedeutendsten Wandel ihrer Geschichte bevor – beziehungsweise, sie steckt gerade mittendrin. Zum einen hat Bremen auf die elektronische Akte umgestellt. Alle Akten, die also bisher in Papierform eingegangen sind, sollen nach und nach nur noch digital einlaufen. „Es ist ein mühseliger Prozess. Er ist teurer und er kostet uns mehr Aufwand. Wir sind es gewohnt, Papier zu schleppen“, sagt Elmshäuser. Und doch lasse er sich gerne auf diesen Schritt ein.

Zum anderen, und da ist Elmshäusers Euphorie deutlich zu spüren, soll das Staatsarchiv erweitert werden. Stolz holt er eine Urkunde von Ex-Innenminister Horst Seehofer hervor. Bei der Ausschreibung „Nationale Projekte des Städtebaus“ hat das Staatsarchiv eine Unterstützung beim Neubau errungen. Der Bund steuert mit 4,1 Millionen Euro die Hälfte der geplanten Summe bei, die andere Hälfte muss das Land Bremen aufbringen.

Zehn Regalkilometer zusätzlich

Mindestens zehn Regalkilometer soll das neue Magazin umfassen; der Hochbunker am Dobben, den das Staatsarchiv als Außenlager nutzt, muss aufgelöst werden. Ein Mammutprojekt. „Wir brauchen eine Architektur, die dem Niveau des jetzigen Gebäudes entspricht und hierher passt. Das wird nicht einfach“, betont Elmshäuser.

Bis Ende 2025 soll das neue Magazin fertig gebaut sein, der Bau allerdings nicht vor 2024 beginnen. Ein Architekturwettbewerb und eine Bürgerbeteiligung sollen entscheiden, wie genau sich das Magazin in die Umgebung eingliedern kann. Doch er ist sich ziemlich sicher: Der Anbau wird der letzte sein, den das Staatsarchiv braucht.

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