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Schulneubau in Gröpelingen Ein Ort zum Lernen und Leben

Ganztag, Digitalisierung, Inklusion und Klimaschutz: Schulen, die heute neu gebaut werden, müssen vieles können. Und sie sehen völlig anders aus als die Schulgebäude der Siebziger. Ein Beispiel aus Gröpelingen.
27.03.2022, 19:53 Uhr
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Ein Ort zum Lernen und Leben
Von Sara Sundermann

Ein helles Foyer mit Oberlicht und großen Fensterfronten, das ist der Eingang zur neuen Grundschule Humannstraße in Gröpelingen. Hier ist neben der Verwaltung eine Bibliothek, eine Mensa, eine Küche und eine Bühne für Theaterstücke untergebracht. Die Schulleiterin möchte in diesen lichtdurchfluteten Raum mit den hohen Decken außerdem gern einen Flügel stellen. Hier im Bremer Westen ist direkt neben der Neuen Oberschule Gröpelingen ein zweigeschossiger Klinkerbau mit runden Ecken entstanden. Der Neubau steht auf einem ehemaligen Sportplatz und soll im Sommer bezugsfertig sein. Nebenan ist zudem eine Turnhalle geplant. Die Kosten für beide Bauten: Gut 19 Millionen Euro.

Die vierzügige Grundschule, die hier einziehen soll, wurde für die wachsende Kinderschar im Bremer Westen neu gegründet. Seit sie 2017 den Betrieb aufnahm, müssen Schüler und Lehrer fürs Erste mit einem kleineren Altbau und mehreren Mobilbauten vorliebnehmen. „Den Bedürfnissen der Kinder können wir in den jetzigen Bauten nicht gerecht werden“, sagt Schulleiterin Annekatrin Kelz. Es fehlten Rückzugsräume im Ganztagsbetrieb für die Kinder und ausreichend Arbeitsplätze für die Lehrkräfte.

Wünsche in Phase Null

„Wenn ich schlechte Laune habe, gehe ich ganz kurz hier rein“, sagt die Schulleiterin und zeigt auf den Neubau. Das Gebäude erinnert weniger an eine Grundschule als an eine Art Campus für Kleine. Was pädagogisch gebraucht wird, wurde hier von Anfang an einbezogen: Schulleitung, Lehrer und Eltern konnten in einer sogenannten "Phase Null" benennen, was ihr Schulgebäude können sollte. Und eine neue Schule muss heute eine Menge leisten. Sie soll völlig andere Anforderungen erfüllen als vor dreißig Jahren: Ganztag, Digitalisierung, Inklusion und Nachhaltigkeit, das sind nur einige der großen Themen, die heute wichtig sind.

Mit den Schulgebäuden vergangener Jahrzehnten hat dieser Neubau in Gröpelingen dann auch nicht mehr viel gemein: Die klassische Flurschule – ein schmaler Gang, links und rechts Klassenräume – hat ausgedient. Flure gibt es hier in der Humannstraße im Grunde gar nicht mehr. Und wenn, dann heißen sie "Galerie" und sehen auch so aus: Mit natürlichem Licht von oben und Sitznischen, an denen in Kleingruppen gelernt werden kann.

Und das Lernen in Kleingruppen wird in Bremen gerade in benachteiligten Stadtteilen angestrebt, um schwierige Startchancen von Kindern auszugleichen. Die Humannstraße liegt in einem Gebiet mit Sozialindikator 5. "80 bis 90 Prozent unserer Kinder haben Sprachförderbedarf", sagt Kelz. Einige Kinder kommen hier morgens an, ohne zu Hause gefrühstückt und die Zähne geputzt zu haben. Die Schule übernimmt das mit. "Die Schule sollte ein sicherer Heimathafen für die Kinder sein", sagt Kelz.

Überall entstehen neue Schulen

Der Neubau ist auch für die Inklusion konzipiert: Alle Räume sind barrierefrei zugänglich, es gibt einen Aufzug und Pflegebäder mit barrierefreien Duschen, erläutert Architekt Hans Müller-Hirschmann. Er und sein Bremer Büro, die Architektengruppe Rosengart und Partner, setzten sich in einem europaweiten Architekturwettbewerb mit ihrem Entwurf für die Humannstraße durch. Müller-Hirschmann kennt sich mit modernen Schulen aus, mehr als ein Dutzend Schulbauten in der Region hat er bereits entworfen.

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Überall werden neue Schulen hochgezogen, allein Bremen braucht perspektivisch mindestens fünf weitere. "Als wir mit dem Schulausbau angefangen haben, war eine neue vierzügige Grundschule ein größeres Bauprojekt – inzwischen ist das Durchschnitt für uns", sagt Volker Hach, bei Immobilien Bremen zuständig für Schulbauten.

Modernes Prinzip

In der Humannstraße gibt es – wie in vielen anderen neuen Schulbauten – ein Prinzip: Die sogenannten Lerncluster. Vier Jahrgänge der Schule gruppieren sich zu vier solche Verbänden, erklärt Müller-Hirschmann. Alle vier ersten Klassen liegen mit ihren Klassenräumen zusammen und bilden eine in sich abgeschlossene Einheit. Sie teilen sich eine eigene kleine Küche, einen Lernflur und Zusatzräume für Kleingruppen, außerdem ein Pflegebad und einen Waschraum mit Toiletten. "Eine Schule in der Schule", nennt die Schulleiterin das. "Eine Grundschule mit vier Klassen in jedem Jahrgang, das ist schon recht groß", sagt sie. Von den Clustern verspricht sie sich mehr Ruhe im Alltag.

Eine Ganztagsgrundschule, in der sich die Kinder von 8 bis 15 Uhr aufhalten, ist für sie nicht nur ein Ort zum Lernen, sondern auch zum Leben. Und darauf ist das neue Schulgebäude in besonderer Weise ausgerichtet. Mit massiven Lärchenholz-Fenstern, Sitznischen und hellen Eckräumen setze man auf hochwertige Materialien und Aufenthaltsqualität, so Müller-Hirschmann. Geplant sind flächendeckendes WLAN und überall digitale Tafeln. Ins Gebäude integriert sind ein Werkraum, eine Forscherstube und ein Bewegungsraum.

Zudem ist das Gebäude ein Passivhaus, hat ein Grasdach und Fotovoltaik auf dem Dach. "Diese Schule wird soviel Strom produzieren, wie sie selbst verbraucht", sagt Hach. Im Sommer werde man hier Solarstrom ins Netz einspeisen, für den Winter gebe es zusätzlich einen Anschluss ans Fernwärmenetz.

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