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Nach Pferdefleisch-Skandal Imbissbetreiber beruhigen Kunden

Bremen. Nach dem Pferdefleisch-Skandal scheint sich ein Trend abzuzeichnen: Zurück ins Fachgeschäft. Imbissbetreiber setzen unterdessen auf Transparenz, um verunsicherte Kunden zu beruhigen.
23.02.2013, 05:00 Uhr
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Imbissbetreiber beruhigen Kunden
Von Frauke Fischer

Bremen. Viele Kunden von Imbissbetreibern und Schlachtern stört nicht so sehr der Gedanke, versehentlich Pferdefleisch zu essen. Aber: "Was da passiert ist, ist Betrug", bringt es Monika Rupp auf den Punkt. Sie bietet seit 29 Jahren Erbsensuppe, Frikadellen und Nürnberger auf dem Wochenmarkt an. Womöglich zeichnet sich im Zuge der Falschdeklarierung von Fertigprodukten ein vorsichtiger Trend ab: zurück ins Fachgeschäft.

Für eine Mittagspause auf dem Wochenmarkt im Freien ist es eigentlich zu kalt. Doch ein Thema bringt die Gemüter von Kunden und Standbetreibern schnell auf Temperatur: Pferdefleisch. Kann man es essen? Darf man? Und was ist eigentlich der Skandal am Skandal?

"Die Kunden haben keine Angst, hier Fleisch zu essen. Sie machen höchstens mal blöde Witze übers Pferdefleisch", sagt Monika Rupp. Seit 29 Jahren hat sie ihre mobile Küche auf dem Domshof. Es gibt Erbsensuppe mit Bockwurst, Bratwurst, Nürnberger und Frikadellen. "In der BSE-Krise war das anders. Da hatten die Leute Angst", erinnert sie sich an die Zeit, als über Großbritannien die Rinderseuche in Deutschland Einzug hielt und Menschen schwer, ja unheilbar oder gar tödlich erkrankten. Nun aber geht alles seinen gewohnten Gang. Eine Kundin, die sich gerade eine Frikadelle warm machen lässt, schaltet sich ins Gespräch ein. "Mein Vater hat immer gern Pferdefleisch gegessen", erzählt sie. "Das Schlimme ist ja auch nicht, dass Pferdefleisch in den Produkten ist. Es ist der Betrug", sagt die Bremerin. Und Monika Rupp stimmt zu, allerdings mit der Einschränkung: "Ich esse kein Pferd, das ist für mich ein Kamerad, ein Arbeitstier, aber nichts zum Essen", sagt sie entschieden.

Dass Kunden doch öfter mal fragen, was in den Speisen aus dem Wok enthalten ist, hat Lam van Nguyen vom benachbarten Asia-Imbiss schon festgestellt. "Aber die Menschen sehen ja, was ich hier zubereite", sagt der erfahrene Imbissbetreiber. Nudeln, Reis, Gemüse, dazu gegebenenfalls Geflügelgeschnetzeltes – "das Fleisch ist gut zu unterscheiden von anderen Sorten", sagt er. Auch habe er seit vielen Jahren dieselben Lieferanten.

Auf ein langes, vertrauensvolles Geschäftsverhältnis beruft man sich auch an der Heißen Theke der Familie Osterhage. "Die Kunden vertrauen uns", sagt Marita Lange, die als Familienmitglied hier mit bedient. Mehr Fragen als vor dem Pferdefleisch-Skandal zur Herkunft der Zutaten kommen dort nicht. "Es gibt Menschen, die etwas Vegetarisches bestellen, aber auch nicht mehr als früher", berichtet Marita Lange. Ein Standbetreiber aus der Wochenmarktumgebung, der sich mit Kaffee aufwärmen will, hat einen eindeutigen Standpunkt zu Pferdefleisch: "Das würde ich nie essen." So ist er sich mit Marita Lange einig: "Es sollte auf die Verpackungen geschrieben werden, was drin ist. Damit die Menschen sich entscheiden können." Wichtig findet Marita Lange, die selbst Pferdefleisch isst und die Qualität schätzt: "Es muss unbelastetes Fleisch sein, ohne Medikamente und andere Rückstände."

Andere Imbissbetreiber und Gastronomen haben auf den Pferdefleisch-Skandal schnell reagiert. So verteilt der Inhaber des Imbissrestaurants "Kervan", Cumali Biçerler, Infoblätter zur Herkunft des verwendeten Rindfleischs in der Dönerproduktion. Sein Lieferant versichert darin, das verwendete Rindfleisch stamme "ausschließlich aus Schlachthöfen, in denen keine Pferde geschlachtet und/oder zerlegt werden".

"Die Gastronomen sind sensibilisiert und klären auf", versichert Thomas Schlüter, Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) in Bremen. Die Verbandsmitglieder würden von ihren Zuliefern "die genaue Rückverfolgung verlangen".

Das geschwundene Vertrauen in fleischhaltige Fertigprodukte aus der Supermarkttheke kommt womöglich anderen Branchen zugute. Der Bremer Fleischer Markus Düsseldorf hat in seinem Geschäft jedenfalls seit einigen Tagen noch mehr Kunden. "Die Tendenz, dass Menschen wieder ins Fachgeschäft gehen, steigt", meint er. Wie viele Bremer Innungsfleischer lässt er auf dem Schlachthof in Bremen-Nord schlachten. 90 Prozent der angebotenen Produkte und Speisen stelle sein Team selbst her, sagt Düsseldorf. "Wir arbeiten sehr transparent. Und die Kunden merken, dass Qualität ein bisschen mehr kostet."

"Wenn so ein Unsicherheitsfaktor in der Luft liegt, ist der Fleischer in der Nachbarschaft wieder mehr gefragt", bestätigt Herbert Dohrmann, Obermeister der Bremer Fleischerinnung, die 26 Mitglieder hat. Etwas befürchtet er allerdings: "Bei der Vielzahl der Lebensmittelskandale stumpft der Verbraucher ab."

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