Herr Poisel, im Sommer feiern Sie Jubiläum – Sie sind zum 15. Mal mit Ihrer Band auf Tour und spielen Open-Air-Konzerte. Was war der schönste Sommer-Open-Air-Moment Ihrer bisherigen Karriere?
Philipp Poisel: Die Sommerkonzerte sind immer wunderschön. Es gibt keinen bestimmten Moment, der herausragt. Mir gefällt generell die Atmosphäre, wenn man draußen spielt, die Sonne untergeht und die Leute meine Texte mitsingen.
Wie fühlt sich das für Sie an, wenn die Menge Ihre Texte singt?
Wie ein Kompliment oder eine Bestätigung. Aber die Songs gehören nicht nur mir. Ich lasse sie los, wenn ich sie geschrieben habe. Und das macht eben das Gemeinschaftliche daran aus. Gesungen und zugehört wird auf beiden Seiten.
Inwieweit hat Corona Ihre Karriere als Musiker beeinflusst?
Corona hat mich eiskalt erwischt. Nach der Pandemie wusste ich nicht, ob es das jetzt war mit der Karriere. Aber jetzt geht es weiter, es kommen wieder mehr Leute. Das macht mich gelassener. Ich muss so nicht die ganze Zeit überlegen, was gut ankommt, sondern kann machen, worauf ich Lust habe. Das ist vielleicht auch etwas, was man von einem Musiker erwartet. Und solange die Verantwortung anderen gegenüber nicht zu groß wird, geht das.
Sicherheit und Freiheit müssen sich die Waage halten...
Ja. Mir hat es immer Spaß gemacht, mit einem gewissen kalkulierbaren Risiko umzugehen. Ich teste gerne meine Grenzen aus.
Haben Sie ein Beispiel?
Ich bin einmal mit dem Fahrrad nach Kopenhagen gefahren. Als es dunkel wurde, habe ich mir überlegt, wo ich übernachte. Da gab es auch die Überlegung, ob ich mich nicht einfach ohne Zelt in den Wald lege. Das war so eine persönliche Grenze. Dieses Ungewisse macht mir ein Stück weit Spaß – wobei ich natürlich wusste, dass ich nicht erfrieren werde.
Was braucht es für Sie noch, um produktiv und kreativ zu sein?
Vor allem Druck. Die richtige Entscheidung zu treffen, welche Songs auf ein Album sollen und welche nicht, das geht nur, wenn Druck oder Motivation da ist. Es kann ja auch ein positiver Druck sein, dass man sich auf ein Konzert freut, und ein Song bis dahin fertig sein muss. Oder dass einem der Inhalt etwas bedeutet und man ihn mit anderen teilen kann. Die Aussicht darauf hält mich am Leben.
Wie bereiten Sie sich auf die anstehende Tour vor?
Wir haben in den letzten drei Monaten eine kleine Orchesterversion vom Album "Neon" aufgenommen. Da sind Bläser und Streicher dabei. Wir werden es zwar nicht schaffen, auf den Sommerkonzerten in genau dieser Besetzung zu spielen, versuchen das aber schon einmal anzudeuten. Außerdem kommt vor Tourstart ein neues Lied raus und es sind ein paar Sachen im Gepäck, von denen noch niemand weiß.
Am 3. Juli spielen Sie auf der Seebühne Bremen. Was verbindet Sie mit der Stadt?
Vor Corona habe ich am Bremer Theater ungefähr ein Jahr lang an dem Stück "Love you, Dragonfly" von Armin Petras mitgewirkt. Da war ich oft zum Proben und wöchentlich vor Ort. Ansonsten ist es nach Corona ja so, als würde man alles zum ersten Mal erleben, auch Bremen und seine Seebühne, und darauf freue ich mich sehr.