Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Premiere im Bremer Kriminal-Theater Schotty kriegt jeden Fleck weg

Gelungenes Kammerspiel ohne viel Action: Mit "Der Tatortreiniger", basierend auf der gleichnamigen NDR-Erfolgsserie mit Bjarne Mädel, wagt das Bremer Kriminal-Theater den Neustart nach der Corona-Zwangspause.
12.06.2021, 16:46 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Schotty kriegt jeden Fleck weg
Von Alexandra Knief

Aufregung liegt in der Luft, nervöse Stimmung, Vorfreude. "Es riecht nach Neuanfang", hieß es am Freitag im Bremer Kriminal-Theater. So zumindest beschrieb es Theaterleiter Ralf Knapp, als er sichtlich fröhlich sein Publikum begrüßte. Lange hatte sein neues Stück "Der Tatortreiniger" in der Schublade gelegen, bevor es nun endlich seine Premiere vor Zuschauern feiern konnte.

Dieses Mal also kein ganz typisches Kriminal-Theater mit Stoff von Patricia Highsmith, Alfred Hitchcock oder Agatha Christie. Dieses Mal begibt sich das Publikum nicht gemeinsam mit den Schauspielern auf Mördersuche. Die Handlung setzt da ein, wo eigentlich schon alles vorbei ist: Der Mord wurde begangen, die Polizei hat ermitteln, die Spurensicherung hat Spuren gesichert. Genau dann aber beginnt der Einsatz der Spurenbeseitigung, in Insiderkreisen liebevoll "Spube" genannt, und somit von Tatortreiniger Heiko Schotte, genannt Schotty. Er ist dafür zuständig, dass dort, wo Blut vergossen wurde, am Ende alles wieder glänzt. Oder wie Schotty selbst gerne sagt: "Meine Arbeit fängt da an, wo andere sich vor Entsetzen übergeben."

TV-Serie als Vorlage

Das Stück im Bremer Kriminal-Theater basiert auf der gleichnamigen TV-Serie von Mizzi Meyer mit Bjarne Mädel in der Hauptrolle. Die Serie begleitet mit viel Humor und Situationskomik den Tatortreiniger Heiko Schotte bei der Arbeit. Sie lief von 2011 bis 2018 im NDR. Nachdem erst nur vier Folgen produziert wurden, legte der NDR nach dem überraschenden Erfolg der Serie und einer Grimme-Preis-Nominierung 2012 nach. Nach 31 Folgen und sieben Staffeln war dann Schluss. 

Das Kriminal-Theater hat sich die ersten drei Episoden der Serie herausgepickt und sie als Vorlage für sein dreigeteiltes Stück genommen. Beim ersten Tatort, an den Schotty (wunderbar: Mateng Pollkläsener) gerufen wird, erwartet ihn eine blutverschmierte Wohnung (Bühnenbild: Gisela Brünker, Ralf Knapp, Heiko Windrath), in der es einiges zu reinigen gibt. Doch bevor er sich an die Arbeit macht, guckt Schotty Fußball und isst in Ruhe sein Wurstbrot. Bis ein Anruf seines Chefs (sein Klingelton ist die "Tatort"-Melodie) ihn aus der Pause reißt und er beginnt, sich an die Arbeit zu machen. Doch ihn unterbricht unerwarteter Besuch: Die Prostituierte Maja (Janina Zamani) steht in der Wohnung und braucht auf den Schreck, dass ihr Kunde tot ist, erst einmal einen Sekt. 

Toter Einbrecher

Anschließend wird Schotty zum Haus der betagten und sehr wohlhabenden Frau Hellenkamp gerufen. Diese wurde in der Nacht von einem Einbrecher überrascht, der nach kurzem Gerangel die Treppe hinuntergefallen ist und den Sturz nicht überlebt hat. Zum großen Ärger von Frau Hellenkamp hat der Einbrecher ihre sich seit mehr als 180 Jahren in Familienbesitz befindliche Couch aufgeschlitzt. Dass ein Mensch in ihrer Wohnung gestorben ist, scheint die offensichtlich politisch nach rechts tendierende Dame dafür weniger zu stören. 

Und schließlich muss der Tatortreiniger noch die Sauerei beseitigen, die nach einer Explosion mit Todesopfer in der Wohnung einer Schriftstellerin zurückgeblieben ist. Diese steht am Rande eines Nervenzusammenbruchs, was durch Schottys Anwesenheit noch schlimmer wird. Zumindest bis zu dem Punkt, an dem sie merkt, dass er ihr als Inspirationsquelle dienen kann. 

Skurriles Kammerspiel

"Der Tatortreiniger" ist ein Kammerspiel, bei dem Spannung und Action eher eine Nebenrolle spielen. Im Zentrum stehen die absurden, fast schon Loriot-artigen Situationen, die entstehen, wenn der eher einfach gestrickte Schotty auf flüchtige Bekannte und Hinterbliebene der Todesopfer trifft, deren Lebenswelten oft weit von seiner eigenen entfernt liegen. Mateng Pollkläsener steht Bjarne Mädel in der Rolle des trockenhumorigen, tiefenentspannten und überaus aufgeschlossenen Tatortreinigers in nichts nach. Janina Zamani schlüpft in alle drei Frauenrollen und überzeugt dabei vor allem als intellektuell-versnobte Schriftstellerin. Musikalisch begleitet wird das Geschehen von Denis Fischer, der als Straßenmusiker mit Gitarre (adrett gekleidet in einem weißen, mit Blut gesprenkelten Anzug und mit einem Lampenschirm auf dem Kopf) auch ins Stück mit eingebunden wird. Insgesamt ist "Der Tatortreiniger" ein gelungener Einstieg nach der Corona-Zwangspause, der wieder einmal bewusst macht, wie sehr er gefehlt hat, der Theaterabend. 

Zur Sache

Mordssommer 2021

Wie schon im vergangenen Jahr bespielt das Bremer Kriminal-Theater auch 2021 ab dem 25. Juni unter dem Motto "Mordssommer" den Hof der Union-Brauerei mit einem Open-Air-Programm. Auch hier wird "Der Tatortreiniger" im Mittelpunkt stehen. Zudem soll unter anderem die Live-Hörspiel-Fassung von "Sherlock Holmes und die Dame in Grün", und das Gastspiel "Ein Tag mit Herrn Jules" gezeigt werden. Für den 17. Juli ist das Konzert "Back to life" von Denis Fischer und Carsten Sauer geplant. Als Programmpunkt des diesjährigen "Kultursommers Summarum" finden an den Wochenenden unter dem Titel "Theater für Lütte" unterschiedliche Veranstaltungen für Kinder auf dem Hof der Union-Brauerei statt.

Auch das Bremer Krimifestival "Prime Time - Crime Time" wird in den "Mordssommers" eingebunden und findet früher statt als gewohnt. Laut Organisatorin und Kriminal-Theater-Leiterin Perdita Krämer startet des Festival am 15. Juli und dauert bis zum 26. Juli an. Das Programm mit Autorenlesungen wird sich aufgrund der schwierigen Planbarkeit vor allem auf Autoren aus Norddeutschland konzentrieren. Einzelheiten werden noch bekannt gegeben. Weitere Infos unter www.bremer-kriminal-theater.de

Zur Startseite
Mehr zum Thema
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)