Ist Buddhismus gar keine Religion? Dürfen Buddhisten Fleisch essen? Und warum sind Buddha-Figuren eigentlich immer männlich? Diese und viele weitere Fragen beantwortet die neue Sonderausstellung "Buddhismus" im Übersee-Museum. Ein Überblick, was es dort sonst noch zu entdecken gibt.
So ist die Ausstellung aufgebaut: Eines wird beim Rundgang sofort klar: Buddhismus ist nicht gleich Buddhismus. Um die Geschichte der Religion zu verdeutlichen, nimmt die Ausstellung ihre Besucher mit auf eine kleine Zeitreise und zeigt, wann und in welcher Ausrichtung sich der Buddhismus in den unterschiedlichen Regionen Asiens und im Rest der Welt entwickelt hat. Die Reise geht nach Myanmar, Thailand, in die Seidenstraßenregion, nach China, Japan und Tibet. Die Besucher lernen die Unterschiede zwischen den drei großen Hauptrichtungen des Buddhismus – Therav?da, Mah?y?na und Tibetischer Buddhismus – und verschiedenen anderen Schulen kennen. Zum Abschluss zeigt die Ausstellung anhand von Literatur, Video-Interviews mit Buddhisten aus Bremen und der Vorstellung berühmter Vertreter der Religion wie Tina Turner oder Richard Gere, wie der Westen den Buddhismus adaptiert hat.
Zahlen, Daten, Fakten: Gautama Siddh?rtha gilt als Buddha, "der Erwachte", und als der Begründer des Buddhismus. Er lebte etwa zwischen 560 und 480 oder 460 und 380 vor Christus. Grundlage des Buddhismus ist – ganz grob heruntergebrochen – der Glaube an einen ewigen Kreislauf aus Wiedergeburten und daran, dass gute und schlechte Taten (Karma) darüber bestimmen, wie jemand wiedergeboren wird. Ausweg aus diesem Kreislauf bietet die Erleuchtung, die man durch ein diszipliniertes Leben (als Mönch) erlangen kann. Diese Erlösung ist das höchste Ziel im Buddhismus und wird Nirv?na genannt. Weltweit gibt es heute etwa 500 Millionen Anhänger des Buddhismus, die meisten von ihnen auf dem asiatischen Kontinent.
250 buddhistische Objekte sind in der Sonderschau ausgestellt. Etwa 1000 befinden sich im Besitz des Museums, wie Renate Noda, Kuratorin der Ausstellung, verrät. Die Holzfigur Bodhisattva Jizõ entstand Ende des 12. Jahrhunderts in Japan und ist das älteste Stück in der Ausstellung. Eine goldene Figur der "Grünen T?r?", einer Göttin, die in Tibet als Retterin aus der Not und Heilsbringerin gilt, stammt aus dem Jahr 2010 und zählt damit zu den jüngsten Ausstellungsobjekten.
Verbreitete Irrglauben: Im Buddhismus läuft immer alles friedlich und gewaltfrei ab? Von wegen. Dieses Bild ist zwar hier im Westen sehr verbreitet, entspricht aber nicht immer der Realität, wie ein Blick auf die Geschichte zeigt. In Tibet zum Beispiel gibt es mehrere historische Beispiele von Buddhisten, die Gewalt angewendet haben, um sich selbst zu schützen oder um ihre Lehre zu verbreiten. Auch konkurrierende Schulen und Klöster bekriegten sich. Ein ähnliches Bild zeigt sich in China, wo viele Klöster bewaffnet waren oder in Japan, wo Mönchsarmeen immer wieder gegeneinander oder gegen lokale Machthaber kämpften. Dem Irrglauben vom gewaltfreien Buddhismus ebenso wie zahlreichen anderen falschen Weisheiten geht die Ausstellung auf den Grund. Nach dem Besuch weiß man zum Beispiel auch, dass es im Buddhismus durchaus eine Hölle gibt.
Frauen im Buddhismus: Frauen haben es im stark männlich geprägten Buddhismus nicht leicht. Auch darauf weist die Ausstellung hin. Nur Männer können Erlösung finden. Ein Ausbruch aus dem Kreislauf der Wiedergeburten als Frau ist nicht so einfach möglich. Da sie durch Menstruation und Geburten verunreinigt wird, steht der Frau im Buddhismus dafür aber ein ganz eigener Bereich in der Hölle zu: Der "Blutteich".
Was man sonst noch lernen kann: Warum sind Buddhafiguren eigentlich häufig so dick? Das waren sie tatsächlich nicht immer, sondern sind es erst seit der späten Kaiserzeit. Buddhafiguren aus Tibet sind schlank, ähnlich sehen sie auch in Südostasien aus. Buddhafiguren im Osten Asiens neigen schon eher zur Fülle. Der Maitreya, also der zukünftige Buddha, bekam in der späten Kaiserzeit in China seinen dicken Bauch und sieht so aus, wie man ihn hierzulande oft vor oder in chinesischen Restaurants sieht. Der Grund: Die Figur versprach nicht mehr die Erlösung vom Leiden in der Zukunft, sondern stand ab diesem Zeitpunkt für das Wohlergehen im Diesseits.
Weitere Höhepunkte: Gleich zu Beginn des Ausstellungsrundgangs können Besucher die Geschichte vom Erwachen des Buddhas unter dem Bodhi-Baum vor 2500 Jahren in einer hübschen Projektion erleben. Sie können auf der hölzernen Veranda eines Zen-Gartens verweilen und dabei zu innerer Ruhe finden, sie können ein wunderschönes Lichtermeer anlässlich des japanischen Allseelenfestes bewundern oder in einem Raum entspannen, der dem Sumtsek-Tempel von Alchi in Indien nachempfunden ist. Kurzum: Die moderne Schau lädt nicht nur wegen ihrer zahlreichen Schätze, Filme und Informationstafeln zum Verweilen ein. Verstärkt wird dies noch durch ein Rahmenprogramm, zu dem neben Führungen und Talks auch Yoga- und Meditationsangebote gehören.