Ein Abend in Bremen, auf Augenhöhe mit dem St. Petri Dom. Einmal mehr wird klar: Stille und Intensität schließen sich nicht aus – vor allem nicht hier oben, über der Stadt.
Seine großen Entscheidungen hat Phil Porter immer auf dem Dach getroffen. „Auf Dächern herrscht absolute Ruhe, hier kann man die Stadt hinter oder vielmehr unter sich lassen“, sagt er und legt gleich ein paar Worte nach, eher er laut auflacht: „Die Stadt bei Dunkelheit von oben zu zeigen, ist was ganz Besonderes. Der Wind pfeift um die Ohren, man fühlt sich ein bisschen wie Batman.“
Porter sieht sich als Künstler. „Ich bin ein kreativer Kopp.“ Er fotografiert und dichtet, beispielsweise. Und dann führt er noch Leute durch die Stadt, neuerdings auch hoch auf Dächer. Das Motto dieser Führung: Aussichten schaffen. Hoffnung versprühen. Menschen eine Möglichkeit geben, gemeinschaftlich etwas Besonderes zu erleben und es für sich abzuspeichern. Im Herzen.
Dabei soll keine Dächertour der anderen gleichen. Bei der Premiere von „Bremer Horizonte“, so der Tourname, geht es von den höher gelegenen Terrassen des Paula-Modersohn-Becker-Museums und des Konzerthauses der Glocke hinauf aufs Karstadt- und Johann-Jacobs-Dach als dramaturgische Schlusshöhepunkte – im wahrsten Sinne. Unterdessen gibt es eine Sopranistin zu hören. Und Zuckerränder an Cocktailgläsern zu bestaunen. Porter selbst trägt eigene Gedichte vor, die teils traurig, zumindest aber melancholisch anmuten.
„Ich lasse die Leute damit gerne hinter die Fassade blicken, also hinter dem, was sie normalerweise als Kunstfigur von mir kennen“, erzählt er. Nach „La Rebelión“ im Bremer Parkhotel, einer skandalträchtigen Party, sowie weiteren Veranstaltungen in Porter-Manier gebe es inzwischen ein Bild, das man sich von ihm gemacht habe. Und mit dem breche er gerne. Was ihn daran reizt? „Ich mag diese Fallhöhe – das ist das eine, was du glaubst zu kennen, und das ist das andere, was dich dann erwartet.“
Fallhöhe. Ein Wort, das vielen durch den Kopf gehen mag, wenn sie in die Tiefe blicken. Wenn um einen herum – aus der Vogelperspektive – nur Stadt sei, meint Porter, könne man das als Magie bezeichnen; gerade in Bremen, wo die unterschiedlichen Epochen anhand der Dächer sichtbar würden und sich viel zwischen Kirchtürmen abspiele. „Bremen sieht man seine Geschichte im Weichbild an.“ Vor allem hier oben, über der Stadt.