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Schwere Panne in Bremer Justiz Meldeportal für Hafenkriminalität war jahrelang unbrauchbar

In der Bremer Justizbehörde hat sich eine folgenschwere Panne ereignet. Ein anonymes Meldeportal für Hafenkriminalität hat jahrelang nicht funktioniert, eingegangenen Hinweisen wurde nicht nachgegangen.
09.05.2025, 18:30 Uhr
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Meldeportal für Hafenkriminalität war jahrelang unbrauchbar
Von Jürgen Theiner

Die Bremer Justizbehörde hat drei Jahre lang ein anonymes Online-Meldeportal für Hafenkriminalität betrieben und nicht bemerkt, dass es funktionsuntüchtig war. Entsprechende Informationen des WESER-KURIER hat das Haus von Senatorin Claudia Schilling (SPD) am Freitag bestätigt.

Im Sommer 2022 hatte das Justizressort das Meldesystem eingerichtet – ausgehend von der Erfahrung, dass insbesondere für den illegalen Drogenimport fast immer die Unterstützung von Personen gebraucht wird, die im Hafen arbeiten. Häufig werden sie von Kriminellen unter Druck gesetzt und zum Mitmachen gezwungen. Den Betroffenen sollte mit dem Meldeportal die Möglichkeit gegeben werden, sich an die Staatsanwaltschaft zu wenden, ohne selbst ins Visier der Ermittler zu geraten.

Kein Zugriff: Daran hakte es

Seit das Meldeportal scharfgeschaltet wurde, ging jedoch kein einziger Hinweis ein – so glaubte man jedenfalls lange im Justizressort. Nun stellt sich jedoch heraus: Es gab sehr wohl Meldungen. Sie wurden allerdings wegen eines technischen Fehlers nicht an die zuständigen Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft weitergeleitet. "Letztlich hat ein nicht gesetzter Haken in der Zugriffsrechteverteilung des Programms dafür gesorgt, dass niemand Zugriff auf die Meldungen hatte", heißt es in einer Mitteilung der Justizbehörde. Die zuständigen Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft hätten dies aber selbst nicht feststellen können: Für sie ließ sich das entsprechende Postfach normal öffnen – allerdings ohne dass dort ein Hinweis auf die eingegangenen Meldungen zu sehen war.

Aufgefallen ist die fatale Panne durch die Aussage eines Angeklagten in einem Strafprozess, der kürzlich vor dem Bremer Landgericht zu Ende ging. Der Mann hatte dort angegeben, über das Meldeportal Kontakt mit den Behörden gesucht, aber keine Reaktion erhalten zu haben. Daraufhin ließ die Justizbehörde das anonyme digitale Postfach technisch überprüfen – mit dem nun bekannt gewordenen Ergebnis.

13 Hinweise seit Start eingegangen

Insgesamt, so wurde festgestellt, waren seit Sommer 2022 insgesamt 13 Hinweise eingegangen. "Eine Meldung enthielt ausschließlich allgemeine Kritik an der Arbeit der Justiz, eine Meldung betraf einen möglichen Sozialhilfebetrug, und eine Meldung bezieht sich auf vorgeblich auffällige Kontakte und den Besitz von Drogen einer Person ohne erkennbaren Hafenbezug", heißt es in der Mitteilung der Justizbehörde. Zwei weitere Hinweise hätten tatsächliche Relevanz in Sachen Hafenkriminalität gehabt. Eine davon stammte von dem genannten Angeklagten.

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Justizstaatsrat Björn Tschöpe räumte die Panne am Freitag ein. Er könne "nur um Entschuldigung bitten und versichern, dass das Meldeverfahren nun insgesamt so funktioniert, wie es von Beginn an hätte funktionieren sollen". Auch in Behörden passierten Fehler, doch dieser sei "besonders ärgerlich", denn: Im Bereich der Hafenkriminalität sei es ohnehin schwierig, Vertrauen zu Hinweisgebern aufzubauen. Die Täter schüchterten Unbeteiligte ein und bedrohten sie, um Zugang zu den Hafenanlagen zu bekommen. Dass nun über einen längeren Zeitraum einschlägige Hinweise nicht bearbeitet worden seien, "könnte diesem Vertrauen abträglich sein", so Tschöpe.

CDU fordert Rücktritt von Senatorin Schilling

Wurde die Funktionstüchtigkeit des Meldeportals bei seiner Aktivierung denn nicht getestet? Doch, das sei geschehen, sagte der Stellvertreter von Senatorin Schilling. Allerdings hätten sich die technischen Checks offenbar "zu sehr auf die korrekte Abgabe einer Meldung und die Einrichtung einer Postbox fokussiert, nicht aber den Erhalt und die Weiterbearbeitung eingehender Nachrichten durch die Staatsanwaltschaft Bremen in den Blick genommen".

Für die justizpolitische Sprecherin der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Wiebke Winter, stellt sich unmittelbar die Frage nach der politischen Verantwortung für die Fehlleistung der Behörde. Noch im April habe das Haus Schilling im Rechtsausschuss der Bürgerschaft auf Nachfrage erklärt, es seien bisher keine Hinweise über das Meldeportal eingegangen. Nun stelle sich das Gegenteil heraus. "Während der Drogenhandel in unseren Häfen floriert, versickern Hinweise auf Verbrechen im digitalen Nirwana", so Winter. Dafür müsse die zuständige Senatorin die politische Verantwortung übernehmen und zurücktreten.

Winter forderte zudem eine Sondersitzung des Rechtsausschusses. Dort müsse Schilling Rede und Antwort stehen. "Es reicht nicht, sich hinter technischen Pannen zu verstecken, während mögliche Zeugen von Verbrechen im Hafen sich Hilfe suchend an den Staat wenden und ignoriert werden“, sagte Winter.

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