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Nach langer Zeit des Wartens Sportinternat Bremen hat seine ersten Bewohner

2020 kam das Aus für das "Haus der Athleten". Dank der tatkräftigen Unterstützung des Bremer Hockey-Clubs gibt es in der Stadt knapp drei Jahre später trotzdem ein schickes Domizil für auswärtige Schüler.
14.09.2023, 14:22 Uhr
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Sportinternat Bremen hat seine ersten Bewohner
Von Jörg Niemeyer

Endlich ist es vollbracht: Im Sportinternat Bremen in der Mary-Astell-Straße haben die ersten sechs Schüler der Sportbetonten Schule Ronzelenstraße ihre Appartements bezogen. Die Wände kommen noch ein wenig kahl daher, aber in den frisch renovierten Räumen fehlt es den Jugendlichen an nichts. "Die Jungs sollen sich hier gut aufgehoben fühlen", sagt Erika Hötte. Sie hat die pädagogische Leitung des Projekts übernommen. Auch wenn die Jungs nach den ersten vier Wochen noch nicht so viel sagen können: Es ist ihnen anzumerken, dass sie sich in ihrem neuen Zuhause wohl fühlen.

Das bestätigt Kron Ejupi, der Mitte August zum neuen Schuljahr aus dem nordrhein-westfälischen Tönisvorst nach Bremen gezogen ist. Obwohl der 17-Jährige mit 2,06 Metern Körpergröße etwas länger ist als die Matratze seines Bettes, schlafe er gut. Menschen mit "Überlänge" hatten die Ausstatter der Appartements offensichtlich gar nicht in ihre Überlegungen einbezogen. Sei's drum, Kron Ejupi beklagt sich nicht. Aktuell hat er andere Sorgen. Nachdem er in den Osterferien im Basketball-Camp einen Kreuzband- und Meniskusriss erlitten hat und Anfang Juni operiert worden ist, muss er sich allmählich in den Sport zurück arbeiten. Wenn er wieder fit ist, wird Kron Ejupi für die BTS Neustadt auf Korbjagd gehen.

Mit Fynn Hinrichs (16) lebt noch ein zweiter Basketballer im Internat, während die übrigen Mitbewohner Paul Witte (17), Jonas Unger (18), Julius Drewes (16) und Rune Suhren (16) Handball beim HC Bremen spielen. Erst einmal hat es sich so ergeben, dass derzeit nur zwei Sportarten im Internat vertreten sind. "Hier sollen künftig aber auch Aktive aus anderen Sportarten leben", sagt Sarat Maitin – und natürlich auch Mädchen.

Sarat Maitin ist 2. Vorsitzender des Bremer Hockey-Clubs (BHC) und mit seinem Verein nicht nur der Motor des Vorhabens gewesen, sondern als Träger des Internats auch gesamtverantwortlich für dessen Betrieb. Der BHC kümmert sich um fast alle Personalien, die für die organisatorische und pädagogische Internatsleitung nötig sind. Dazu zählt auch die Nachtbetreuung der minderjährigen Bewohner durch den Studenten Felix Nordengrün (22), der im Internat ein eigenes Appartement hat. Lediglich die hauptamtliche pädagogische Begleitung der Jugendlichen vor der Schule und an den Nachmittagen wird von der Bildungsbehörde gestellt. Zum 1. November soll diese Stelle endgültig besetzt sein – bis dahin ist übergangsweise ebenfalls der BHC eingesprungen: in Person von Johannes Pauser, dem Torwart des ersten Hockeyteams.

Das Geld für das Internat kommt vor allem aus der öffentlichen Kasse. Die Eltern der Bewohner beteiligen sich mit 400 Euro monatlich an den Kosten. Die Jungs schreiben auf, was sie zu essen und zu trinken benötigen, der BHC übernimmt dann montags und donnerstags die Einkäufe von Lebensmitteln. Gegebenenfalls organisiert der Verein auch die Fahrten der Jugendlichen zu Ärzten oder anderen notwendigen Terminen. "In der Theorie haben wir für die Organisation einen guten Entwurf gemacht", sagt Sarat Maitin, "der muss sich in der Praxis jetzt als tauglich erweisen oder angepasst werden." Fertige Konzepte fürs Internat lagen nun einmal nicht in der Schublade. So wie die zehn Appartements für Schüler noch nicht alle belegt sind, dürfte auch die Wochen- und Monatsplanung noch längst nicht in ihrer Schlussfassung vorliegen.

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Rückblende: Mitte 2019 waren die Planungen für die Unterbringung auswärtiger Schülerinnen und Schüler weit gediehen. Unter Führung der Sportstiftung Bremen sollte in der Bürgermeister-Smidt-Straße eine Etage des ehemaligen Kaefer-Verwaltungsgebäudes in ein "Haus der Athleten" umgewandelt werden. Unter anderem das Umfeld in Hauptbahnhofsnähe und die Entfernung zur Sportbetonten Schule Ronzelenstraße in Horn ließen das Projekt im Dezember 2020 scheitern. Die Schule strebt seit Langem die Klassifizierung als Eliteschule des Sports an und braucht dafür zwingend ein Internat. Auch wenn die Erfüllung dieses Kriteriums nicht automatisch für den Titel ausreicht: Ohne Internat gibt es ihn auf keinen Fall.

Das konkrete Projekt war also verworfen. "Aber das Wichtigste ist die Idee hinter diesem Projekt", sagt Maitin, "die Sportbetonte Schule an der Ronzelenstraße soll Eliteschule des Sports werden." Und bei der weiteren Umsetzung der Idee kam früh der Bremer HC ins Spiel. Sein damaliger Geschäftsführer Martin Schultze favorisierte zunächst sogar ein eigenes Internat des BHC in Oberneuland. Das zerschlug sich zwar, doch Martin Schultze blieb am Ball – so lange, bis er im vergangenen November das Amt des Sportdirektors beim Deutschen Hockey-Bund übernahm.

Zu diesem Zeitpunkt waren, in Abstimmung mit den Behörden, die Pläne in der Mary-Astell-Straße so gut wie umgesetzt. Im dortigen Gebäude wohnen bereits Studenten, fürs BHC-Internat waren allerdings noch einige Umbaumaßnahmen nötig – wie zum Beispiel der Einbau einer Sicherungstür für den Trakt der Appartements. "Nach Martins Fortgang geriet das Projekt etwas ins Stocken", sagt Sarat Maitins Ehefrau Wibke, "ich sollte mich dann um die Tür kümmern."

Aus dieser Gefälligkeit ist inzwischen die Haupttätigkeit von Wibke Maitin geworden. Eigentlich ist sie selbstständige Bremer Stadtführerin, aber seit Februar ist sie auf Honorarbasis die organisatorische Internatsleitung. Die pädagogische Leitung liegt in den Händen von Erika Hötte, ihr Stellvertreter ist Manfred Hofer. Wie Wibke Maitin, sind beide nicht die täglichen Ansprechpartner der Schüler, erstellen gleichwohl jedoch pädagogische Konzepte und leiten im Gemeinschaftsraum des Internats in festgelegten Zeitabständen die Teambesprechungen der jungen Anwohner.

"Mit dem Internat bricht ein neues Zeitalter für uns an", sagt Harald Wolf. Der Leistungssportkoordinator an der Schule Ronzelenstraße kämpft mit seinen Lehrerkollegen seit Jahren um den Status der Eliteschule. Jetzt sieht er den Zeitpunkt gekommen, um den Antrag zu stellen. Bis Ende November soll das Geschehen, so Wolf. Was ihn am Internat besonders erfreut: "Es ist kein Kompromiss, sondern richtig schick geworden."

Der Traum von einem "Haus der Athleten" lebt in den Beteiligten wieder auf. Perspektivisch könnte, sagt Sarat Maitin, das Internat in der Mary-Astell-Straße um weitere Appartements wachsen und auch junge Menschen aufnehmen, die nicht mehr zur Schule gehen, aber in Bremen ihr sportliches Zuhause haben. Doch das ist Zukunftsmusik. Für den Augenblick sind alle froh, dass der Betrieb überhaupt ins Laufen gekommen ist. Das Internat lebt. Und noch besser: Es ist kein Provisorium, sondern wirklich ein lebenswerter Ort für ambitionierte Sportlerinnen und Sportler.

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