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Blumenthaler SV Kaum Plätze, wenig Training

Wenn sich im Fußballverein die Teams gegenseitig auf den Füßen stehen anstatt mit ihnen gegen einen Ball zu treten, sind strukturelle Probleme nicht zu übersehen. Eine Lösung ist zunächst aber nicht in Sicht.
26.10.2021, 06:00 Uhr
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Von Judith Kögler

Eigentlich sollte es ganz einfach sein: Wer im Bremer Norden in einer Mannschaft Fußball spielt, der hat zumeist einen festen Verein mit festen Trainingszeiten und einer festen Trainingsstätte. Diese Ecksäulen des Vereinslebens schwanken jedoch seit einigen Jahren zunehmend.

Vor allem wenn es um ausreichende Trainingsplatzkapazitäten geht, beklagen viele Clubs schon länger erhebliche Mängel. Die Anlage des Blumenthaler SV am Burgwall bildet da keine Ausnahme. Die Jugendarbeit ist überwiegend leistungsorientiert. Die erste Herren spielt in der höchsten Spielklasse des Bremer Fußballverbandes, der Bremen-Liga. Trotzdem kann der Verein nicht allen Mitgliedern gute Trainingsbedingungen bieten. Erst recht nicht im Winter. Denn in der kalten Jahreszeit wird es bekanntlich früher dunkel. Zusätzlich drohen die Böden der Schlackeplätze zu frieren, was sie unbespielbar machen würde.

"Wir haben im Winter nur einen einzigen Kunstrasenplatz zur Verfügung, das ist zu wenig. Unsere Trainingsanlage wird von drei Clubs und insgesamt 33 Mannschaften genutzt, da die DJK Germania Blumenthal und der SV Türkspor hier ebenfalls trainieren", erklärt Peter Moussalli, erster Vorsitzender und Trainer der U17-Mannschaft des Blumenthaler SV. Da käme es nicht selten vor, dass zu derselben Trainingszeit vier verschiedene Mannschaften und 82 Spieler gleichzeitig auf dem Platz stehen. Vernünftiges Spielen so kaum möglich, aber "wir behelfen uns irgendwie, anstatt Fußball gibt es dann Lauftraining oder Fitnesseinheiten", sagt Moussalli. Optimal sei das natürlich trotzdem nicht, da man auch einen gewissen Leistungsanspruch habe. "Fast alle Mannschaften spielen in den höchsten Bremer Ligen, die Jugendteams spielen regelmäßig in der Regionalliga", weiß er. Vier Mal die Woche reine Fußballtrainingszeit wäre deshalb für die jeweiligen Teams ideal, jedoch mit nur einem Platz nicht umsetzbar.

Enge Taktung

"Natürlich leidet auch die Leistung darunter. Wenn hier an den Wochenenden die Punktspiele abgehalten werden, ist die zeitliche Taktung für den Platz sehr eng. Um neun Uhr morgens wird das erste und um 19 Uhr das letzte Spiel angepfiffen", berichtet der U17-Trainer. Das habe zur Folge, dass sich die Teams nicht vernünftig aufwärmen könnten, der Kunstrasenplatz sei "dauerbesetzt". Man bemühe sich, alternative Lösungen zu finden. "Wir haben für den Winter beim SV Grambke-Orlebshausen und bei Aumund eine Mitnutzung beantragt, der logistische Aufwand ist allerdings für die Kinder und Trainer enorm", so Moussalli. Außerdem vermutet er, dass der Blumenthaler SV aufgrund mangelnder Trainingszeiten durch die enge Platzverteilung bereits Spieler verloren habe. Er beobachte zunehmend eine Abwanderung der jungen Kicker nach Niedersachsen oder Bremerhaven. Moussalli bedaure diese Entwicklung, da der Verein gute Perspektiven bieten könne. "Bereits einige unserer Spieler haben es vom Amateur- in den Profi-Bereich geschafft. Ousman Manneh ist ein Beispiel dafür".

Moussalli ist davon überzeugt, dass sie mit besserer Infrastruktur noch leistungsstärker sein könnten. Voraussetzung dafür: Ein zweiter Kunstrasenplatz. "Wir haben keinen Großsponsor, alles wird durch regionale Sponsoren und durch viel Schweiß und Herzblut mitgetragen. Wir stoßen aber an unsere Grenzen und würden uns mehr Unterstützung vom Land Bremen wünschen", sagt er.

Das sagt das Bremer Sport-Ressort

Laut Bernd Schneider, Pressesprecher beim Ressort für Soziales und Sport, läge dem Sportamt noch kein entsprechender Antrag vom Blumenthaler SV vor. Hinzu käme, dass es in Bremen keine einzige städtische Anlage gäbe, die zwei Kunstrasenplätze zur Verfügung hätte. Vielmehr müssten einige Vereine immer noch gänzlich ohne so einen Platz auskommen. Schlussendlich sei es auch eine Geldfrage. "Bremen hat in den vergangenen Jahren viel Geld in die Hand genommen, um nach und nach Kunstrasenplätze einzurichten. Die Plätze sind sehr teuer und belasten den Haushalt der Sportfördermittel enorm", sagt Schneider. Demgemäß könne der Ausbau nur in kleinen Schritten erfolgen. "Die Entscheidung über den weiteren Ausbau fällt in der Sportdeputation". Der Kreissportbund Bremen-Nord unterstützt die Vereine bei Anliegen wie dem des Blumenthaler SV. "Bei der Beantragung helfen wir gerne, geben Tipps oder leiten die Anliegen an die zuständigen Stellen weiter", erklärt Hans Peter Hanke, stellvertretender Vorsitz.

Peter Moussalli hat Verständnis für die Geld- und Verteilungsproblematik. Trotzdem könne man gemeinsam mit den Behörden einen Kompromiss schließen. Sein Vorschlag: Auf dem vorhandenen, aber wenig genutzten Schlackeplatz einen neuen immergrünen Boden verlegen. Dabei solle die Flutlichtanlage erhalten bleiben, "das wäre deutlich günstiger als ein komplett neuer Platz", weiß Moussalli. Nun müssen sich wohl beide Parteien an einen Tisch setzen und darüber beraten, wie es in Zukunft weiter geht. Der erste Vorsitzende des Blumenthaler SV gibt diesbezüglich an, dass der Verein dazu bereit ist "unseren Teil beizutragen".

Zur Sache

Drei Fragen an: Peter Moussalli vom Fußballverein Blumenthaler SV zum Thema Ablösesummen im Amateur-Jugendfußball

Herr Moussalli, inwiefern haben Sie beim Blumenthaler SV bereits Erfahrungen mit Transferentschädigungen für Jugendspieler gemacht?

Peter Moussalli: Das ist mittlerweile fast überall Thema. Viele Vereine wollen von den Jugendspielern profitieren. Da werden teils Unsummen für einen 15-Jährigen gefordert und das im Amateursport. Da wollen wir nicht mitmachen. Wir fahren beim Blumenthaler SV diesbezüglich eine klare Linie: Jeder Spieler kann ablösefrei wechseln, außer wir haben selbst Geld für ihn zahlen müssen. In dem Fall treffen wir den betroffen Spieler und dessen Eltern zu einem Gespräch und beraten über das weitere Vorgehen.

Welche Vor- und Nachteile gibt es bei der gängigen Transferegelung?

Vorteile gibt es meiner Meinung nach kaum welche. Natürlich gibt es Vereine, die sehr viel Aufwand in die Ausbildung der Spieler stecken und es gibt solche, die ausschließlich von diesen Vereinen kaufen. Dann ist es für den ausbildenden Verein natürlich fair, wenn sie eine kleine Aufwandsentschädigung bekommen. Aber da kann man sich ja problemlos zusammensetzen und über einen Betrag reden, der für beide Parteien fair ist. Vor allem im Übergang von der A-Jugend in den  Herrenbereich finde ich das in Ordnung. Bis zur B-Jugend sollte es diese Transferregelung im Amateurfußball allerdings nicht mehr geben.

Und wie viel Geld fließt da in der Regel für einen Jugendspieler?

Die Summen gehen schon oft bis in den vierstelligen Bereich. Da wird gerne mal für einen Jugendspieler 2.000 Euro gezahlt. Das ist meiner Meinung nach für den Amateurfußball zu schlichtweg zu viel und nicht verhältnismäßig.

 

 

 

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