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Werke im Postkartenformat in der Kunstfabrik Lichtblicke in Corona-Zeiten

Die Galerie Lichthof Kunstfabrik forderte Menschen in aller Welt auf, ihr ein Licht zu schicken. 280 antworteten. Die Ergebnisse in Postkartenformat sind jetzt an den Wänden des Lichthofs zu bewundern.
08.11.2021, 06:30 Uhr
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Von Christian Pfeiff

„Sende mir Dein Licht.“ Mit dieser Aufforderung wendete sich die Betreiberin der Galerie Lichthof Kunstfabrik, Edeltraud Hennemann, gemeinsam mit der Künstlerin Dörte Schmidt Ende 2020 während des Lockdowns via Social Media in den anonymen Weiten des World Wide Web an alle Kunstschaffenden, die sich angesprochen fühlten. Die internationale Resonanz auf den Aufruf prangt seit Sonntag in Form der gleichnamigen Ausstellung an den Wänden des Lichthofs.

Aus nahezu ganz Europa, selbst aus Japan, Uganda und Mexiko erreichten die Projektinitiatorinnen kunstvoll gestaltete Zuschriften, die sich der momentan international immer populärer werdenden Kunstform der „Mail-Art“ zurechnen. Wer bei diesem Begriff assoziativ an Postkartenmalerei denkt, liegt damit nicht völlig falsch, aber auch nicht ganz richtig: Die maximal erlaubte „Leinwandgröße“, auf der die Teilnehmenden ihrer kreativen Umsetzung der Themenvorgabe freien Lauf lassen durften, entspricht mit DIN-A5-Format tatsächlich zulässigem Postkartenformat. Final zur „Mail-Art“ geadelt werden die originellen, individuellen, vielfältigen und handwerklich bisweilen geradezu meisterhaften Unikate jedoch erst durch die persönliche Zusendung via Post – ein bewusster und non-kommerzieller analoger Anachronismus in Zeiten moderner Kommunikationswege, in der selbst die bildende Kunst zunehmend dem Prozess der Digitalisierung zu unterliegen scheint.

Das ganze Projekt hat wesentlich größere Ausmaße angenommen, als wir ursprünglich gehofft haben.
Edeltraut Hennemann, Betreiberin Kunstfabrik Lichthof

Die zugesandten, postkartengroßen „Lichter“ in den Rahmen und Klarsichtfolien an den kargweißen Backsteinwänden des Lichthofs scheinen auf mannigfaltige Weise: Sowohl inhaltlich als auch formal interpretierten die Künstler die Themenvorgabe ebenso kreativ wie höchst unterschiedlich. „Neben vielen stilistisch vielseitigen Malereien und Fotografien haben wir auch Collagen, Gedichte und sogar Stickarbeiten im Postkartenformat zugesandt bekommen. Das ganze Projekt hat wesentlich größere Ausmaße angenommen, als wir ursprünglich gehofft haben“, zeigt sich Hennemann hocherfreut über das Ausmaß des analogen internationalen Echos, welches der digitale Projektaufruf auslöste.

So erreichten Hennemann nicht nur mehr als doppelt so viele Zusendungen wie ursprünglich vermutet; der Hannoveraner Mail-Art-Künstler Stefan Heuer komponierte zudem eigens eine sphärische Musikcollage, die während der Öffnungszeiten über einen kleinen Miniaturlautsprecher zu hören ist. Der in Uruguay geborene Musiker und Allroundkünstler Efrain Oscher porträtierte das Projekt in Form eines fünfminütigen Filmbeitrags, der sowohl auf dem Videoportal Youtube zu finden ist als auch auf einem Bildschirm im Lichthof in Dauerschleife läuft.

Bei etwa zwei Dritteln der mehr als 180 Kunstabsendern handelt es sich um professionelle Künstler mit entsprechenden Viten, stellten die Initiatorinnen bei der Auswertung und Katalogisierung der zugesandten Werke fest. Unter den über 280 Exponaten finden sich jedoch unter anderem auch Beiträge von Teilnehmern einer italienischen Behindertenwerkstatt und einem in Minden ansässigen Flüchtlingshilfeprojekt.

Auch lokale Kunstschaffende beteiligten sich – zum Teil sogar mit mehreren Beiträgen – an dem Projekt: Die Bremer Künstlerin Karin Bredow ist gleich mit fünf ebenso ansprechenden wie höchst unterschiedlich gearteten Beiträgen zu finden; die Vegesacker Mediengestalterin Petra von Seggern ist auf einer künstlerisch bearbeiteten Selbstfotografie sogar persönlich zu sehen. Karl Kodritsch aus Bremen schraffierte jenes sprichwörtliche Licht am Ende des Tunnels, welches auch Initiatorin Dörte Schmidt bei der Namensgebung des Projekts im Sinn führte, wohingegen sich der Bremer Peter Müller wörtlich am englisch übersetzten Projektnamen orientierte – und mit einer stilisierten Zeichnung einer Flasche der „Light“-Variante eines bekannten Koffeinlimonadenherstellers beteiligte.

„Ich bin immer wieder erstaunt wie Sie es verstehen, uns als Besuchern die Kunst auf immer wieder verschiedene Arten näher zu bringen und erfahren zu lassen“, lobte Ortsamtsleiter Florian Boehlke in seiner Laudatio zur Ausstellungseröffnung das Engagement der Projektinitiatorinnen. Durch die internationalen Beiträge sei in gewisser Weise „die Welt zu Gast in Bremen“ – und dies zu Zeiten, die noch immer von internationalen Reisebeschränkungen geprägt sind.

Dementsprechend sei es ebenso auch ein „gutes Gefühl, endlich wieder gemeinsam mit so vielen Menschen als Gast im Lichthof der Kunstfabrik zu stehen“, formulierte Boehlke jenen Gedanken, den nicht wenige der zahlreich erschienenen Besucher der Ausstellungseröffnung geteilt haben dürften. Auch dieser Umstand sei ein Stück weit symbolisch für das im Rahmen des Ausstellungsprojekts vielseitig interpretierte Licht am Ende des Tunnels und der Hoffnung. Für den Einlass gelten unabhängig von aktuellen Warnstufen die 3G-Regeln.

Info

Die Ausstellung „Sende mir Dein Licht – Send me your Light“ ist noch bis Mittwoch, 17. November, mittwochs bis freitags von 16 bis 18 Uhr sowie an den Wochenenden von 15 bis 19 Uhr im Lichthof der Kunstfabrik, Stader Landstraße 64, zu sehen.

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