Wie die Zeit vergeht: In diesen Tagen feiert das Findorffer Bistro „Lilie“ an der Hemmstraße sein 15-jähriges Bestehen. Joachim Koetzle aus dem Peterswerder zählte zu den ersten Gästen, und nach wie vor locken ihn Ambiente und Speisekarte regelmäßig nach Findorff. Mit Lilie-Gründer Georg Meyer ist er seit langem freundschaftlich verbunden. Da ist die neue Ausstellung, die am Donnerstag, 31. August, 17 Uhr, eröffnet wird, doch geradezu ein Geschenk für beide Seiten: Unter dem Titel „Bewegt“ hat Koetzle exklusiv für das Lieblingslokal eine Auswahl seiner Fotografien zusammengestellt.
Es mag ein Zufall sein, dass die Aufnahmen im Zeitraum der vergangenen 15 Jahre entstanden sind – und das Element des Zufalls spielte auch bei der Entstehung der Bilder eine gewisse Rolle. Absicht ist auf jeden Fall, dass das Adjektiv im Ausstellungstitel auf verschiedene Weise verstanden werden kann. Die Motive sind kein Zufall, und der Bildaufbau ein Resultat eines sehr erfahrenen fotografischen Auges. „Es sind Bilder, auf denen Bewegung stattfindet, und die mich bewegt haben“, sagt der Fotograf dazu.
Komponiert, nicht inszeniert
Der Begriff der Komposition fällt häufiger, wenn Koetzle über die neue Ausstellung spricht. In der Vorbereitung habe er die Wände des Lokals fotografiert, um für jedes der Bilder den besten Platz und das beste Arrangement festzulegen. Komponiert sind auch die Fotografien selbst – allerdings nicht inszeniert, erklärt er. So habe er „stundenlang auf der Lauer gelegen“, bis auf dem kahlen innerstädtischen Platz ein Gassigeher am zentralen Laternenpfahl vorbeispazierte, und genau in dem präzisen Moment abgedrückt, als sich Pfahl und Hundeleine in perfekter Geometrie zueinander befanden: Geduld und Glück trugen bei zu einem Bild, das der Fotograf bereits im Kopf hatte.
Ebenso das Foto der beiden Fährenpassagiere, die aus zwei Luken das Meer betrachten: Erst als sich das vorbeifahrende Schiff in der richtigen Position befand, wurde daraus eine spannende künstlerische Komposition.
Das Leitmotiv der Bewegung verbindet die Bilder, auch wenn Menschen, Schiffe, Fahrräder, Wind und Meer auf den Fotos zwangsläufig stillstehen und Bewegung über die Atmosphäre vermittelt wird, die in den Betrachtenden Erinnerungen und Emotionen hervorrufen kann. Es seien „stille Bilder“, sagt Koetzle, der in Ulm aufgewachsen ist, an der renommierten Fotografenschule des Berliner Letteverein ausgebildet wurde, anschließend unter anderem für Filmproduktionen und Werbeagenturen arbeitete. Bis zu seinem Ruhestand war der 68-Jährige, der seit mehr als vierzig Jahren in Bremen lebt, mehr als zwei Jahrzehnte lang Mitarbeiter der Fotowerkstatt im Bremer Staatsarchiv. Dort gehörten unter anderem die Archivierung des Bestands, Dokumentationen und Reportagen zu seinen Aufgaben.
Subtile Anpassung von Kontrasten
Die Bilder der Ausstellung wurden mit der Digitalkamera aufgenommen, erklärt Koetzle. Bei der anschließenden Bearbeitung beschränkte er sich indes auf das Minimum der subtilen Anpassung von Kontrasten und Helligkeit. Das heißt: Was die Betrachter auf den Bildern sehen, ist authentisch – es ist genau das, was der Fotograf sah und festhalten wollte.
In der heutigen Zeit, in der man seinen Augen nicht mehr trauen kann, ist das zu betonen. Die neuen Medien produzieren eine inflationäre Bilderflut, und es ist eine Leichtigkeit, Schnappschüsse mithilfe von Bildbearbeitungsprogrammen zu manipulieren und in Hingucker zu verwandeln. Die Fotokunst der alten Schule hat es in diesem Umfeld schwer, bestätigt auch Koetzle: „Es gibt wenige Galerien, die an Fotoausstellungen interessiert sind.“ In der Findorffer Lilie ist er immer wieder willkommen: In den vergangenen Jahren hat der Stammgast und Fotograf bereits mehrfach ausgestellt.