Walle und Gröpelingen gehören einer kürzlich veröffentlichten Polizei-Studie zufolge neben Vegesack zu den drei am häufigsten genannten Stadtteilen, wenn es darum geht, wo sich Menschen besonders unsicher fühlen.
Auch den Gröpelinger Stadtteilbeirat beschäftigt das Thema Sicherheit schon seit Längerem. Ein besonders auffälliger Ort ist dabei nach Ansicht der Ortspolitiker der Anfang des Jahres neu gestaltete Bürgermeister-Koschnick-Platz. Denn dort, so die Beiräte, hielten sich regelmäßig Personengruppen auf, „die nicht unbedingt das Sicherheitsgefühl stärken“.
Selbst während der offiziellen Platz-Einweihungsfeier mit Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) und dreien seiner Amtsvorgänger im März sei dort mit Drogen gehandelt worden, hat Ute Pesara, Sprecherin der CDU-Beiratsfraktion, beobachtet: „Hier herrscht gefühlt Anarchie. Viele im Stadtteil haben deshalb mittlerweile resigniert und ziehen weg.“
Was fordert der Beirat?
Anfang Oktober hatte der Bauausschuss, dessen Sprecherin Pesara ist, das Thema auf der Agenda. Die Ortspolitiker wollten sich mit Kathleen Linke, die das Polizeikommissariat West im Walle-Center leitet, über konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Situation austauschen. Pesara fand das Treffen eher enttäuschend: „Da kam leider nur sehr viel Allgemeines.“
Abfinden will sich der Beirat damit nicht. Er hat sich mittlerweile an Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) gewandt und eine bessere Beleuchtung und Videoüberwachung für den Bürgermeister-Koschnick-Platz, die Heerstraßenkreuzung und die Haltestellenbereiche gefordert.
Was sagt die Polizei?
Ein Sprecher der Polizei bestätigt auf Nachfrage des STADTTEIL-KURIER die Schilderungen der Ortspolitiker: „Die Polizei Bremen registriert eine aktive Szene von Betäubungsmittelhändlern im Bereich des Bürgermeister-Koschnick-Platzes. Unter Berücksichtigung der aktuellen Schwerpunktsetzung werden regelmäßig zielgerichtete Maßnahmen durchgeführt, auch, um den mitunter wahrnehmbaren Erscheinungen entgegenzuwirken.“
Außerdem sei der Bereich um den Platz herum als sogenannter besonderer Kontrollort festgelegt worden. Dadurch können Personen, die sich dort aufhalten, überprüft und kontrolliert werden, ohne dass im Einzelfall eine Gefahr besteht: „Die uniformierten und zivilen Einsatzkräfte ahnden dabei festgestellte Verstöße konsequent.“
Die Polizei begrüße den Vorstoß, die Beleuchtung des Bürgermeister-Koschnick-Platzes zu verbessern, so der Sprecher weiter. Auch sei durch das Bremische Polizeigesetz grundsätzlich die Möglichkeit der Videoüberwachung gegeben – jedoch an hohe Anforderungen und umfassende Auflagen gebunden: „Ob diese Voraussetzungen im konkreten Fall vorliegen, kann ohne eine vorherige Befassung in zuständigen Gremien – unter anderem der Innendeputation – nicht abschließend beantwortet werden.“
Wie beurteilt das Innenressort die Forderung?
Innenressort-Sprecherin Rose Gerdts-Schiffler umreißt die Voraussetzungen für Videoüberwachung im öffentlichen Raum etwas genauer: „An den betroffenen Orten müssen vermehrt Straftaten begangen worden sein oder diese müssen aufgrund der örtlichen Verhältnisse besonders zu erwarten sein.“ Für eine entsprechende Bewertung müssten Aspekte wie Fußgängeraufkommen, Beleuchtung, Versteckmöglichkeiten, Verkehrsanbindung und Fluchtmöglichkeiten näher untersucht werden. Außerdem müsse sich die Kriminalitätsbelastung „von derjenigen anderer Orte derselben Stadt erheblich absetzen“.
Wie wirksam ist Videoüberwachung?
Zur Bekämpfung des öffentlich wahrnehmbaren Drogenhandels sei Videoüberwachung aber ohnehin nur „bedingt geeignet“, so Gerdts-Schiffler weiter. „Da die Videoüberwachung für alle sichtbar angebracht werden muss, könnte dies den Drogenhandel in die nicht videografierten Bereiche verlagern. Die drogenhandelnden Personen sind sehr konspirativ und stellen sich auf polizeiliche Maßnahmen ein. Zudem handelt es sich beim Drogenhandel um ein Kontrolldelikt, sodass die Zahlen entsprechend der Kontrollintensität der Polizei entweder hoch oder niedrig sind. Die Erfahrungen vom Hauptbahnhof zeigen, dass eine Videoüberwachung insbesondere bei Gewalt- und Eigentumsdelikten ein wirksames ergänzendes Mittel zur polizeilichen Tätigkeit ist. Die Bekämpfung des öffentlich wahrnehmbaren Drogenhandels gelingt jedoch nur mit einer hohen Kontrollintensität von zivilen und uniformierten Einsatzkräften.“
Wie geht es weiter?
Hinzu komme, dass die Installation einer Videoüberwachung „sehr kostenintensiv“ sei und zusätzlich Kräfte in der Videoleitstelle bereitgestellt werden müssten: „Dies ist derzeit nicht in Planung.“ Gerdts-Schiffler verweist außerdem darauf, dass die Beleuchtung in dem Bereich im Zuge der Gleis-Umbaumaßnahmen in der Heerstraße erneuert und für den Bürgermeister-Koschnick-Platz im Rahmen des Integrierten Entwicklungskonzepts (IEK) ein Beleuchtungskonzept erstellt wurde: „Wird die derzeitige Beleuchtung trotz dessen nicht als ausreichend bewertet, müssen hier gemeinsam mit dem Beirat und den Ressorts weitergehende Möglichkeiten geprüft werden.“
In seiner nächsten öffentlichen Sitzung am Mittwoch, 13. Dezember, ab 18.30 Uhr im Ortsamt hat der Bauausschuss des Gröpelinger Beirats das Thema erneut auf der Agenda. Denn bei der CDU-Fraktion haben sich mittlerweile Anrainer gemeldet, die Bedenken gegen eine Videoüberwachung haben.