Die elektronische Anzeigetafel war schuld. Eine schon seit längerem hakende Steckverbindung sorgte dafür, dass die Landesliga-Handballer der HSG Schwanewede/Neuenkirchen II ihren 29:22 (14:11)-Sieg beim SV Grambke-Oslebshausen erst mit Verzögerung feierten. Als die Zeitnehmerin Ute Kukemüller das Spielende anstelle des automatischen Schlusssignals via Trillerpfeife verkündete, riss niemand von den „Schwäne“-Spielern die Arme hoch – keiner jubelte.
„Wir hatten uns nur gefragt, was los war. Ob es das jetzt gewesen sei“, klärte der HSG-Routinier Majk Skoric auf. Etwas später schallte er dann doch durch die Sporthalle in der Sperberstraße: der Jubelgesang der Gäste, die lauthals im Kreis den Derbysieg beschrien. Ihr Kontrahent stand fassungslos daneben und leckte die Wunden. Die Schwaneweder Verbandsliga-Reserve verlässt damit die Abstiegsränge und zieht an Punkten mit den Gelb-Blauen gleich.
Der frustrierte SVGO-Trainer Michael Meyer wusste gar nicht, wo er mit dem Aufzählen der Mängel seines Teams anfangen sollte. „Jeder macht, was er will. Das sind fast lauter kleine Ich-AG’s“, kritisierte er seine Spieler. Das fing schon beim Treffen an, bei dem einige seiner Akteure nach der vereinbarten Zeit in der Halle eingetrudelt seien. „Der letzte kam 25 Minuten später“, tadelte der SVGO-Coach.
Evers mit drei Treffern am Stück
Sein Gegner trödelte auf dem Spielfeld nicht und verpasste den Hausherren per 6:1-Lauf sofort einen herben Wirkungstreffer, von dem sich diese im gesamten Spielverlauf nicht erholten. Hatte sich bei den „Schwänen“ anfangs Ole Evers mit drei Treffern am Stück von halbrechts Respekt verschafft, setzten sie den Gelb-Blauen in der Folgezeit zunehmend über den Kreis heftig zu. Phasenweise klebten bis zu drei Spieler an Lars Winkel respektive Steffen Zerjatke, und dennoch fanden die Bälle den Weg zu den HSG-Nachwurfspezialisten.
Zehn Treffer kamen auf diese Art und Weise zustande, sieben weitere Strafwürfe kamen hinzu, von denen die „Schwäne“ fünf zum Torerfolg nutzten. Gemessen an den 29 erzielten Treffern war das bei den Gästen die „halbe Miete“.
„Unser Kreisläuferspiel war der Schlüssel zum Erfolg. Ohne den richtigen Druck aus dem Rückraum funktioniert das aber nicht“, dozierte der HSG-Trainer Nikolai Wachowiak rundum zufrieden. Er sieht den Aufwärtstrend seiner Mannschaft bestätigt, die sich den Erfolg in dem auf mäßigem Niveau stehenden Derby auch in der Höhe verdiente. „Wenn wir weiter so geschlossen gut Auftreten, dann sind die angepeilten sechs bis acht Punkte aus sechs Spielen am Stück für uns drin“, ist Wachowiak überzeugt.
Der SV Grambke-Oslebshausen steht dagegen weiterhin vor der Herkulesaufgabe, den langfristigen Verletzungsausfall seines Spielmachers Leon Feldermann irgendwie zu kompensieren. Da der Angriff den Ball kaum schnell durchspielte und vor allem der rechte Rückraum gegen die HSG-Abwehr um Majk Skoric und Co. völlig blass blieb, war vieles Stückwerk. In der Abwehr bemängelte Michael Meyer die fehlende Beinarbeit und das Stellungsspiel, auf dem Weg nach vorne die Geschwindigkeit.
Die vorzeitige Entscheidung fiel nach dem 13:16-Anschlusstreffer des SVGO-Linksaußen Felix Fuchs. Während seine Mannschaft über 13 Minuten brauchte, um das nächste Tor zu werfen, unterbrach der SVGO-Trainer den selbstbewussten Schwaneweder Lauf zum 23:13 zur Verblüffung vieler Zuschauer nicht mit einem Team-Timeout.
Wenn sich die Gäste einen Vorwurf machen müssen, dann den, dass sie diesen Zehn-Tore-Vorsprung nicht ausgebaut haben. Denn da am Saisonende bei Punktgleichheit der direkte Vergleich über die bessere Platzierung entscheidet, wären die Gelb-Blauen im Fall des Falles aufgrund ihres 38:27-Hinspielerfolgs im Vorteil. Das störte im Freudentaumel keinen der Schwaneweder Spieler. „Wir haben mit diesem Sieg ein Statement gesetzt“, meinte der HSG-Schlussmann Fabian Blumenröther. „Wenn wir so weiterspielen, dann steigen wir ab“, warnte der SVGO-Trainer Michael Meyer.