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Schulstandortplanung „Wir sind auf demselben Stand wie vor sieben Jahren“

Die Schülerzahlen steigen, die Stadt braucht mehr Schulplätze. In Gröpelingen hat kürzlich der Beirat zur Schulstandortplanung Stellung genommen.
14.07.2022, 05:00 Uhr
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„Wir sind auf demselben Stand wie vor sieben Jahren“
Von Anne Gerling

Herr Reinekehr, die Bildungsbehörde hat dem Beirat im Mai ihre Schulstandortplanung vorgestellt. Ist der Gröpelinger Bildungsausschuss mit den Planungen für seinen Stadtteil zufrieden?

Martin Reinekehr: Zunächst einmal hätten wir es grundsätzlich gut gefunden, wenn es eine gemeinsame Veranstaltung mit den Findorffern und Wallern gegeben hätte. Die Schülerinnen und Schüler aus allen drei Stadtteilen können die weiterführenden Schulen stadtteilübergreifend besuchen und anwählen. Deshalb sollte die Bildungslandschaft im Bremer Westen übergreifend betrachtet und diskutiert werden. Was unseren Stadtteil betriff, waren wir ziemlich erstaunt über das Konzept, das uns vorgestellt wurde. Eine Schulstandortplanung sollte ja auch ein bisschen vorausschauend sein. Das sehen wir hier aber nicht so richtig.

Inwiefern?

Im Prinzip sind wir wieder auf demselben Stand wie vor sieben Jahren: 2017 haben wir die Grundschule an der Humannstraße dazu bekommen und die Grundschule an der Oslebshauser Heerstraße wurde um einen Zug erweitert. Das sind fünf weitere Klassenzüge, die ab Klasse 5 an den Oberschulen unterrichtet werden müssen.

Das Bildungsressort möchte möglichst zum Schuljahr 2024/25 in Utbremen eine zusätzliche Oberschule einrichten, die auch Gröpelinger Kinder besuchen könnten. Ist das im Sinne des Gröpelinger Bildungsausschusses?

Der Standort Utbremen ist meines Wissens als Übergangslösung für die Oberschule Überseestadt geplant. Von Gröpelingen bis Utbremen ist es ziemlich weit, das ist ja schon eher Mitte. Ob das für die Gröpelinger so infrage kommt, das weiß man nicht.

Die Schülerzahlen steigen. Um die in den kommenden Jahren erwarteten Höchststände abzufedern, will das Ressort in fünf Stadtteilen – darunter Gröpelingen – temporäre Grundschulen einrichten. Aus Sicht der Ortspolitik eine gute Idee?

Bevor man anfängt, alle Grundschulen im Stadtteil mit fünften Klassenzügen zu belasten, ist das eine gute Idee. Unserer Ansicht nach wäre ein weiterer Standort im Lindenhof oder Ohlenhof gut. Vor allem für die Kinder zwischen Ortstraße und Karl-Bröger-Straße, die sonst über die Heerstraße müssten. Wir haben als temporären Standort das Gebäude am Schiffbauerweg 4 vorgeschlagen, das über die Brücke in Höhe Kap-Horn-Straße sicher zu erreichen ist. Dort gibt es bereits das Kita-Einstiegshaus, aus unserer Sicht wäre das eine gute Kombination. Wichtig wäre außerdem, dass man für die Grundschule an der Fischerhuder Straße eine Entlastung schafft. Dort muss jetzt das benachbarte Quartiersbildungszentrum QBZ einen Raum – der natürlich auch vom QBZ gebraucht wird – für den zusätzlichen Klassenzug abgeben. Die Fischerhuder Straße ist neben dem Pastorenweg die zweite Schule im Stadtteil, die – von Walle aus gesehen – einen großen Zulauf vom Übergangswohnheim und von den Neubaugebieten Martha-Heuer-Straße und Seewenjestraße hat. Und im Norden des Stadtteils haben wir auch noch die Neubaugebiete Reihersiedlung und Reiherpark, die im Einzugsgebiet der Grundschule Auf den Heuen liegen werden.

Welcher Punkt war Ihnen und dem Bildungsausschuss in Ihrer Stellungnahme zur Schulstandortplanung am wichtigsten?

Bei der Vorstellung hatten wir uns insbesondere gefragt, warum man dem Stadtteil an vielen Schulen eine Fünfzügigkeit zumuten will. Das ist unter anderem auch dann problematisch, wenn man aufstockt, ohne sich vorher deren Schulkonzept anzugucken und sich mit den Schulen abzustimmen. An Schulen, in denen Klassen jahrgangsübergreifend unterrichtet werden, ist eine zusätzliche Klasse dann womöglich fünftes Rad am Wagen. Der wichtigste Punkt war für uns die für die Oberschule Ohlenhof angedachte Fünfzügigkeit. Wir sind froh, dass das von der Bildungsbehörde inzwischen wieder zurückgenommen wurde. Die Schule kommt aus Containern und hat jetzt endlich das neue Gebäude. Es wäre unfair, da jetzt eine zusätzliche Klasse einzurichten. Kollegium und Schüler müssen jetzt erst einmal zur Ruhe kommen. Außerdem muss ja auch noch das Außengelände gemacht werden und das Konzept für den Ganztag mit Mensa in Kooperation mit der Suppenküche und dem Spielhaus Wilder Westen ist auch noch zu regeln.

Und was sagt der Bildungsausschuss zu den Planungen in Sachen Inklusion?

Auch hier sollten die jeweiligen Schulen stärker beteiligt werden. Bei der Beschulung im Bereich Wahrnehmung und Entwicklung (W&E) soll die GSW mit der Grundschule Pastorenweg ein Verbund werden. Der Pastorenweg wurde ausgebaut. An der GSW jedoch gab es bislang nur die sogenannte Phase 0, bei der mit Schule, Eltern und Beiratsvertretern umfangreiche und gute bauliche Lösungen entwickelt wurden. So etwas wünschen wir uns als Standard in allen betroffenen Schulen. An der GSW war danach dann aber ‚Still ruht der See‘ angesagt. Und im Nachhinein haben wir erfahren, dass das Budget gekürzt wurde. Jetzt soll es eine kleinere Lösung geben, die womöglich mit dem früheren – genauestens durchdachten – Schulkonzept kollidiert. Und bei der Neuen Oberschule Gröpelingen (NOG) ist bis jetzt noch gar nichts passiert. Die Schule befindet sich praktisch seit ihrer Gründung in der Sanierung, was für das Kollegium und die Schüler eine belastende Situation darstellt. Wir fordern eine bessere Verteilung der W&E-Standorte im Bremer Westen. Kinder aus Walle und Findorff sollen in Walle und Findorff inklusiv beschult werden. In Walle gibt es bislang keine entsprechenden Angebote. Uns wurde signalisiert, dass man die Altbauten dort nicht umbauen könne. Parallel dazu nimmt man dann aber den Altbau der NOG als Standort, das ist ein bisschen widersprüchlich.

Was wünschen Sie sich hier für die Zukunft?

Der Bildungsausschuss geht davon aus, dass aufgrund der großen sozialen und emotionalen Probleme in Gröpelingen der Bedarf an inklusiver und W&E-Beschulung noch weiter zunehmen wird.  Auch der Anteil der Kinder mit Förderbedarf im Bereich Lesen, Schreiben, Verhalten (LSV) steigt regelmäßig und weiterhin haben viele Kinder geringe Deutschkenntnisse, was durch die Pandemie noch gefördert wurde: Viele Kinder waren nicht in der Kita. Wir fordern deshalb vom Bildungsressort, eine fundierte Einschätzung zur weiteren Entwicklung und entsprechende langfristige Planungen einzuleiten. Gut wäre außerdem der Aufbau einer für Beiräte einsehbaren Datenbank, sodass wir uns jederzeit über den Stand von Neu- und Umbauten informieren können.

Das Gespräch führte Anne Gerling.

Zur Person

Martin Reinekehr (57) war Elternvertreter an der Grundschule Halmerweg und der GSW und Mitglied im losen Elternverbund Eltern-Bremen-West. 2011 kam er als Sachkundiger Bürger für die SPD in den Bildungsausschuss des Gröpelinger Beirats, dessen Sprecher er kurze Zeit später wurde. Seit 2015 ist er reguläres Beiratsmitglied.

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