Ein Weihnachtsmarkt ohne Musik? Für viele unvorstellbar. Trotzdem reduzieren in diesem Jahr einige Städte die Hintergrundmusik und Auftritte von Chören. Hintergrund sind die teilweise extrem gestiegenen Gebühren, die an die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (Gema) gezahlt werden müssen.
Dazu gehören unter anderem Oldenburg, Uelzen und Hameln. Sie wollen an einigen Markttagen nur gebührenfreie und somit ältere Weihnachtsmusik von Komponisten spielen, die seit mehr als 70 Jahren tot sind. Braunschweig will ganz auf Livemusik verzichten, wie ein Vertreter des Stadtmarketings gegenüber dem "Norddeutschen Rundfunk" ankündigte. Die zusätzlichen Kosten für die niedersächsische Stadt bezifferte er auf rund 18.000 Euro. "Die Gema überschreitet aus meiner Sicht hier jedes Maß", sagt Stadtmarketing-Geschäftsführer Gerold Leppa. Die Lizenzgebühr für Braunschweig sei um das Fünffache gestiegen.
Den Bremer Weihnachtsmarkt treffe die Erhöhung indes nicht, sagt Susanne Keuneke, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Bremer Märkte. Die Arbeitsgemeinschaft veranstaltet den Weihnachtsmarkt rund um den Roland, die Osterwiese und den Freimarkt. Die Lizenzgebühr würde erst greifen, so Keuneke, "wenn wir eine Bühne aufstellen und es eine Gesamtbeschallung gibt." Bislang liefe nur an einzelnen Ständen Musik.
Rahmenvertrag ausgehandelt
"Alle Schausteller haben seit vielen Jahren feste Verträge mit der Gema", sagt Keuneke. Ihr Bundesverband sowie der Deutsche Schaustellerverband hätten mit der Gema einen Rahmenvertrag ausgehandelt, der ihrem Berufsstand 20 Prozent Ermäßigung einräume. Darauf pochen beide Verbände in den laufenden Gesprächen, ergänzt Schaustellerkollege Thomas Schmidt.
In Bremen werden die Turmbläser nach Angaben aus dem Wirtschaftsressort wieder sonnabends ab 18 Uhr zu hören sein. Sie spielten nach Angaben eines Sprechers nur traditionelle, ältere Weihnachtslieder und seien somit nicht betroffen. "Wir haben zwar Livemusik dabei, die aber eigene ist", sagt Janine Jaeggi, Sprecherin der Künstler von Stelzen-Art. "Die Gema ist ein schwieriges Thema", sagt sie weiter. Die Lizenzgebühr treibe die Kosten für die Veranstalter in die Höhe. Jaeggi bezweifelt zudem, dass dieses Geld tatsächlich all jenen zugutekomme, die moderne Musikstücke komponierten.
Event-Manager Patrick Fechner, der als Gema-Bevollmächtigter im erweiterten Vorstand der Bremer Gastro-Gemeinschaft tätig ist, kritisiert, dass die Musikverwertungsgesellschaft ihre Kunden "hängen lässt und Veränderungen nicht sauber kommuniziert". Während es für die Besucher nur einen Bremer Weihnachtsmarkt gebe, steckten mehrere Veranstalter dahinter. Jeder Veranstalter habe seine Plätze im Blick, aber keiner die Gesamtfläche, sagt er bezüglich größerer Stadtfeste.
Gema: Keine Änderung bei Tarifen
An den Tarifen und Gebühren habe sich im Vergleich zu den vergangenen Jahren gar nichts geändert, erklärt dagegen die Gema. Sie stellt nach eigener Auskunft eine angemessene Entlohnung der Urheberinnen und Urheber neuerer Musikstücke sicher. Dazu zählen Weihnachtshits wie etwa "Last Christmas" von Wham!. Als Berechnungsgrundlage führt die Gema ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2011 an.
Dass einige Städte und Kommunen plötzlich extrem hohe Rechnungen bekommen, liegt den Angaben zufolge daran, dass die Gema sich in der Vergangenheit auf die Angaben der Kunden verlassen habe. Nach Corona und pandemiebedingten Veranstaltungsabsagen habe man begonnen, die Flächen über digitale Hilfsmittel wie „Planimeter“ und „Google Maps" zu messen, klärt die Verwertungsgesellschaft auf. "Wir haben dabei deutliche Diskrepanzen festgestellt."
Diese seien aus Gründen der Gleichbehandlung bei der Berechnung der Lizenzhöhe berücksichtigt worden, heißt es weiter. Auf gut 3350 verschickte Rechnungen für Weihnachtsmärkte habe es 135 Reklamationen wegen signifikanter Preiserhöhungen gegeben. Bei etwa 35 Fällen lagen sie nach Gema-Angaben im fünfstelligen Bereich. Mit den Betroffenen seien Gespräche aufgenommen, mit ersten Übergangslösungen gefunden worden.
Aktuell steht auch die Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland mit der Gema in Verhandlungen. Ihr Geschäftsführer Jürgen Block hatte gegenüber der "Deutschen Presse-Agentur" gesagt, dass über den Inhalt Stillschweigen vereinbart worden und eine Lösung für die bevorstehende Weihnachtsmarktsaison eher unwahrscheinlich sei. Die Bundesvereinigung strebt eine bessere Definition für die verschiedenen Tarife der Gema an und möchte zumindest darüber sprechen, ob die derzeitigen Tarifmodelle für eintrittsfreie Stadtfeste überhaupt angemessen sind.