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Habenhauser Friedenspark Wie ein Ort des Innehaltens und der Biodiversität entsteht

Aus dem Gefallenenehrenmal in Habenhausen ist ein Friedensdenkmal geworden. Die Arbeiten für die Umgestaltung sind noch nicht abgeschlossen. Was sich derzeit im Habenhauser Friedenspark tut.
04.04.2024, 05:00 Uhr
Lesedauer: 4 Min
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Von Matthias Holthaus

Es ist ein recht unscheinbares Fleckchen Erde, das sich zwischen zwei Gebäuden etabliert hat: Fast wird die kleine, grüne Oase an der Habenhauser Dorfstraße übersehen und vielleicht als Baulücke abgetan, und doch ist dieses kleine Stückchen Natur viel mehr als nur ein potenzieller Bauplatz.

„Den Platz gibt es seit über 100 Jahren“, erzählt Linda Roepke, die lange Jahre als Pädagogische Leitung der St.-Johannis-Kinder- und Jugendhilfe tätig war und die Lebensgefährtin des nunmehr sich im Ruhestand befindenden Pastors Jens Lohse ist. Möglich gemacht hat diesen Ort, der seit einigen Jahren als sogenannter Habenhauser Friedenspark bekannt ist, einst der Landwirt Heinrich Dierks, der das Gelände gestiftet hat, um die Gefallenen des Ersten Weltkriegs zu ehren. „Alle Gefallenen auf den fünf Tafeln stammen aus Habenhausen“, sagt Linda Roepke, und diese Gefallenen trugen Namen, die noch heute im Ortsteil präsent sind: Allein neun Mal ist der Name Siemer vertreten, Stehmeier fünf Mal.

Denkmal weist Spuren der Befreiung Bremens auf

Interessant und tragisch auch der Umstand, dass sowohl Johann und Heinrich Töbelmann am 13. Januar 1895 geboren wurden und somit mutmaßlich Zwillinge waren: Und während Johann im August 1916 in Russland fiel, starb Heinrich im November 1918 in Mainz – „verwundet in Frankreich.“ Auch Fritz und Johannes Schuster könnten Zwillinge sein. Doch während das Geburtsdatum von Fritz mit dem 22. Oktober 1887 noch sichtbar ist, fehlt bei Johannes bei der Zahl „22“ die zweite Zwei – ein Einschussloch? Die Folge eines Einschlags eines Granatsplitters? Die Befreiung Bremens durch die englischen Truppen hat jedenfalls auch an diesem Denkmal Spuren hinterlassen – Spuren, die vielleicht dem 1921 von Hans Wrede errichteten Gefallenendenkmal zusätzlich eine Wirkung verleihen: Gegen Krieg und für ein Gedenken an Menschen aus dem Ortsteil, die einen sinnlosen Tod gestorben sind.

Lange Jahre habe übrigens der 1897 gegründete ATSV Habenhausen einen Kranz zum Volkstrauertag niedergelegt, bis irgendwann ab 2004 nach dem Gottesdienst am Volkstrauertag eine kleine, gemeinsame Gedenkstunde abgehalten wurde. „Wie kann man diesen Ort zu einem Ort für Menschen machen? Wie kann man diesen Ort nutzen – gerade in heutiger Zeit?“, erinnert sich Linda Roepke daran, dass schon damals Überlegungen im Raum standen, diesen Platz zu nutzen: „Um weiter an Krieg und Elend zu gedenken.“

„Es ist wichtig, dass man sich mit Geschichte beschäftigt, über die Schule hinaus.“
Linda Roepke

Irgendwann wurde dann auch der Beirat einbezogen und ein Beispiel für dieses gemeinsame Wirken steht seit dem ersten Advent 2022 am Rande der Grünfläche: Ein bronzener Junge, der mit Schmetterlingen spielt. Die Skulptur zitiert gewissermaßen die Schlussszene der 1930 gedrehten Verfilmung des Romans „Im Westen nichts Neues“ von Erich Maria Remarque: Der Protagonist Paul Bäumer sitzt kurz vor Ende des Krieges im Schützengraben, als er einen Schmetterling erblickt. Er lehnt sich über den Graben, um das Insekt zu berühren, und wird von einer Kugel tödlich verletzt. Ursprünglich aus Holz gefertigt und anschließend in Bronze verewigt, könnte der Bildhauer Klaus Effern seinen „Jungen mit Schmetterlingen“ bewusst fragil und zerbrechlich wirken lassen, wie es der Friede selbst auch immer schon war, doch das ist nur Spekulation. Keine Spekulation hingegen: „Die gute Kooperation mit Ortsamt und Beirat“, wie Linda Roepke betont, ebenso mit Akteuren des Friedenstunnel-Projektes an der Parkallee und Friedensinitiativen aus Obervieland. Es gab Friedensandachten im vergangenen Jahr, christliche Andachten, und auch deshalb soll der Ort mehr ins Bewusstsein der Menschen gerückt werden: „Denn das fehlt – ein Ort, wo man hingehen kann.“

Und dieser Ort kann der Habenhauser Friedenspark sein. „Es liegt nahe, solch einen Ort hier zu verorten“, meint Linda Roepke und erinnert daran, dass der Habenhauser Frieden im Jahre 1666 gleich in der Nähe geschlossen wurde, der den Zweiten Bremisch-Schwedischen Krieg beendet und Bremen die Unabhängigkeit beließ. Nun sei das Grundstück zwar in städtischem Eigentum und die Umweltbehörde wolle ebenfalls etwas umsetzen, doch das Geld sei knapp. Aber durch Spenden von Firmen oder dem Rotary Club sei es möglich gewesen, einen riesigen Kirschlorbeer zu beseitigen, zudem wolle die Firma Kathmann eine Hecke als Abgrenzung zum benachbarten Haus spenden.

Friedenspark-Akteure wünschen sich Umbenennung der BSAG-Haltestelle

Ebenfalls wachsen sollen fortan Rose, Lilie, Eiche, Efeu und Distel: Diese Pflanzen haben ihren Platz über den in Stein gemeißelten Namen der gefallenen Habenhauser Soldaten, und bis auf die Eiche sollen sie alsbald erblühen. Denn neben dem offensichtlichen Zitat des Denkmals liegt den Akteuren rund um den Friedenspark auch die Biodiversität an diesem Platz am Herzen. Auch ein Findling soll einen Platz im Habenhauser Friedenspark erhalten, und dieser Findling soll als Zeichen dafür dienen, den Habenhauser Frieden präsenter werden zu lassen.

Ebenfalls noch auf der Wunschliste: die Umbenennung der von den Linien 26 und N9 angefahrene Haltestelle Schlehenweg in Habenhauser Friedenspark. „Bisher mag die BSAG nicht“, sagt Linda Roepke, doch die Akteure rund um den Habenhauser Friedenspark mögen den Ort zukünftig wieder mehr nutzen: Für Andachten etwa, die bereits jetzt jeden Monat veranstaltet werden und bei denen es üblich sei, beim Jungen mit Schmetterlingen Blumen, Steine oder Kastanien zum Gedenken abzulegen. Dazu gehört auch eine Bank, die aufgestellt werden soll – zum Innehalten, zum Gebet, zur Andacht. „Es ist ein Versuch, hier gemeinschaftlich etwas zu gestalten“, sagt Linda Roepke abschließend, „und es ist wichtig, dass man sich mit Geschichte beschäftigt, über die Schule hinaus.“

Info

Wer sich an der Gestaltung des Habenhauser Friedenspark beteiligen möchte, der kann sich unter buero@simon-petrus.de im Büro der Evangelischen Kirchengemeinde Arsten-Habenhausen melden.

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