Wie der Blitz ist Monika Buss die Treppenstufen ins Wohnzimmer im ersten Stock ihres Reihenhauses hinaufgesaust. Flott marschiert die 83-Jährige weiter in die Küche und stellt Teewasser an. Nebenbei erzählt Monika Buss, dass sie seit 50 Jahren in Bremen als Übungsleiterin im Sport aktiv ist. "Mit fünf Jahren hab' ich schon Handstand auf dem Barren gemacht", antwortet Buss auf die Frage, seit wann Sport ihr Leben bestimmt.
Nachdem ihre Eltern 1952 von Delmenhorst nach Bremen umgezogen waren, habe sie sich sofort dem Tus Walle angeschlossen, erinnert sich die bewegungsfreudige Bremerin an ihre Jugendjahre. "Mit zwölf habe ich beim Kinderturnen Hilfestellung gegeben. Und 1958 in München, da war ich 18 und habe zum ersten Mal an einem Turnfest teilgenommen", sprudelt es beglückt aus Monika Buss heraus. "Unsere Jugendgruppe hat gleich noch eine Woche Italien drangehängt."
Später dürften auch ihre vier Kinder die Osterholzerin gut auf Trab gehalten und ihr Engagement im Sportbereich befördert haben. "Ich bin mit meinen beiden Jungs bei OT zum Turnen gegangen und habe das dann gleich geleitet", sagt die 83-Jährige. Die Übungsleiter-Lücke habe sie nach entsprechender Qualifizierung ausgefüllt. "Dann bin ich mit meiner Tochter zum Mutter-Kind-Turnen, hab' die Stunde übernommen, später auch das Schwimmen im OTE-Bad."
Drei, vier Jahre hat die aktive Bremerin Sportstunden für die beiden Sonderschulklassen an der Grundschule Ellenerbrok-Schevemoor geleitet. Dieser Versuch war aus ihrer Sicht schon ein Schritt in Richtung Inklusion.
"Und seit mehr als 30 Jahren mache ich Frauengymnastik", betont die Trainerin. "Immer abends", schiebt sie nach und ergänzt fast rechtfertigend: "Mein Mann ist zur See gefahren, war nie zu Hause." Denn Übungen mit Handgeräten wie Hanteln, Bällen, Keulen, Tüchern oder Seilen machen Monika Buss großen Spaß und halten ihren Körper und Geist fit. Über Jahrzehnte hat sie sich zudem regelmäßig fortgebildet.
"Ich bin all die Jahre aktiv gewesen", bilanziert die Bremerin. Und noch heute steht an zwei Tagen Sport auf ihrem Kalender. Seit 25 Jahren leitet Monika Buss montags die Gymnastikgruppe im Leichtathletik-Zentrum Osterholz, außerdem seit gut 30 Jahren zwei Gruppen in der Begegnungsstätte Am Siek in Osterholz. Die hat anfangs zur Arbeiterwohlfahrt gehört, wird inzwischen schon seit einigen Jahren vom Verein Aktive Menschen Bremen (Ameb) betrieben.
"Das sind zwei Mal 45 Minuten ohne Pause. Pausen finde ich schrecklich", betont die Seniorin. "Dann kommen die Damen nicht wieder in die Gänge, wenn sie erst einmal ins Schnabbeln gekommen sind." Ihr Durchsetzungsvermögen kommt Monika Buss auch beim Training zugute. "Wenn ich weitermachen will, dann fleutsch' ich", sagt sie und lässt einen eindringlichen Pfeifton hören. "Ein bisschen Ordnung muss sein."
Außerdem wäre die Sporteinheit ohne eine gewisse Selbstdisziplin nicht zu schaffen. Ihre Stunden bereitet Monika Buss jedes Mal neu vor. "Und zwar immer mit Musik", unterstreicht die Anleiterin. Aus zahlreichen CD-Stapeln in ihrem Büro fischt sie zielsicher eine von James Last heraus. Genauso gern greift sie auf Udo Jürgens, Blasmusik oder Walzer zurück.
"Am liebsten mag ich André Rieu", gesteht die Gymnastiklehrerin. "Der spielt sehr taktgetreu, mit dem Modernen komme ich nicht gut klar." Denn der Osterholzerin ist sehr wichtig, dass jede Körperbewegung auf die Töne abgestimmt wird, sodass sich praktisch eine Gymnastikformation bildet, indem alle Frauen synchron turnen.
Darauf trainieren sechs, sieben, um die 80 Jahre alte Sportlerinnen seit Wochen hin. Schließlich wollten sie Besucherinnen und Besuchern der Invita-Messe auf der Bürgerweide beim Schauturnen auf der Bühne ein harmonisches Gesamtbild präsentieren. Und mit ihrer Bewegungsfreude anstecken, weiß Monika Buss, zum Mitmachen ermuntern und sie im Idealfall dazu animieren, selbst Sport zu treiben.
Zu diesem Zweck übt die Damenriege zum Beispiel Übungen zu Bill Haleys' Ohrwurm "Rock around the clock" ein. "Dada, da, da, dadada, da, da...", summt Monika Buss und demonstriert nebenher schnelle Schrittfolgen mit Armkreisen und Händeklatschen. "Wir machen viel mit einem Seil, da kommen vierfach Knoten rein, dann können wir es hochwerfen und fangen", verrät sie. "Mit 80 können wir nämlich nicht mehr so hüpfen."
"Ich habe auch Finger- und Fußgymnastikeinheiten zum Mitmachen vorbereitet", verrät die 83-Jährige. Sieht so leicht aus, gelingt aber nicht, lautet das ernüchternde Fazit des spontanen Selbstversuchs. "Macht nichts, das ist alles Übungssache", versichert Monika Buss. Das macht Mut dranzubleiben.