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Reise Kreative Camper: Wie Bremer ihr Zuhause auf Rädern gestaltet haben

Camping-Urlaub boomt, immer mehr Menschen bauen ein Wohnmobil oder Wohnwagen individuell um. Zwei Bremer und eine Bremerin haben uns Einblick gewährt in ihr Domizil auf Rädern Marke Eigenbau.
08.08.2023, 09:59 Uhr
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Kreative Camper: Wie Bremer ihr Zuhause auf Rädern gestaltet haben
Von Ulrike Troue
Inhaltsverzeichnis

Immer mehr Menschen gehen mit dem Wohnmobil oder Campingbus auf Reisen. Viele haben viel Schweiß, Nerven und Arbeit investiert, um sich ihren Traum vom zweiten Zuhause auf Rädern zu verwirklichen und ihre Fahrzeuge individuell ausgebaut. Was treibt diese Menschen an? Und haben sich alle Träume von der Freiheit erfüllt? Der WESER-KURIER stellt drei Camping-Fans vor.

René Janke baute seinen T5 dreimal um

"Es hört nie auf, es gibt eigentlich keinen fertigen Do-it-yourself-Ausbau", sagt René Janke. Dem Kitesurfer und seiner Frau Wiebke gefällt das Camping. Sie lieben die Natur, sind Skandinavien-Fans und gerne sportlich unterwegs. Die Idee, sich einen eigenen Camper anzuschaffen, habe 2019 seine Frau gehabt. Mittlerweile hat sich der Ausbau des T5 V-Motion zum gemeinsamen Hobby entwickelt.

"Wir haben ihn als Rohling gekauft und schon zum dritten Mal umgebaut", berichtet René Janke. Rund 300 Arbeitsstunden hätten er und seine Frau in den vergangenen sechs Monaten an den Wochenenden dafür investiert. "So viel gelernt wie in den letzten zwei Jahren in meiner Freizeit habe ich noch nie," gesteht der Off-Road-Fan.

Der silberne Camper mit Leiter, Dachaufbau, Markise und seitlichem Wassertank in Schwarz erregt sofort Aufmerksamkeit. Und der aufgeräumt und edel wirkende Innenausbau zeugt vom Ehrgeiz des Paares, alles perfekt auf ihre Bedürfnisse auszurichten. "Lieber verzichte ich, als dass ich etwas einbaue, was uns nicht gefällt", stellt Janke klar. Mittlerweile arbeitet er in einer Akten- und Datenvernichtungsfirma, aber als gelernter Kfz-Mechaniker kennt er sich mit Autos eigentlich ganz gut aus. Da ist es zusätzlich von Vorteil, dass er über kreative Vorstellungskraft für praktische Lösungen sowie handwerkliches Geschick verfügt. "Die Matratze haben wir maßanfertigen lassen", sagt er. 

Das Innenleben seines "Alltagsautos" ist pfiffig-pragmatisch durchdacht. Der T5 verfügt über einen ausklappbaren Gaskocher, eine mit Magneten unterm Beifahrersitz befestigte Bambusplatte, die das ausgezogene obere Schrankschubfach zum Tisch umfunktioniert, und zwei Serviceluken. Die decken die Gasflasche und Zentralelektronik ab, sodass Janke jederzeit leichten Zugriff hat.

Inspirationen haben sich die Grambker in den sozialen Medien geholt, passgenaue Varianten ausgetüftelt und selbst eingebaut: Mehr Licht bringt das neu eingebaute Klappfenster mit Fliegengitter und Verdunklung. Die mit hellgrauer Alcantara-Folie und schwarzen Filzbändern verkleideten Wände und Möbel aus kunststoffbeschichteten Queenply-Holzplatten mit Bambusabdeckung verbreiten Wohlfühlatmosphäre.

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"Allein durch die Platten habe ich rund 100 Kilogramm Gewicht eingespart", sagt Janke. Aus den Platten hat er Schubladenschränke, das Bettgestell und den Kleiderschrank mit Rolltüren gebaut, unter dessen Abdeckplatte ein dimmbares Lichtband verläuft. "Unser Leselicht", sagt der 41-Jährige und bekennt: "Ich bin ein Technikfreak."

Die Selbstversorgung mit Energie war sein fester Vorsatz. René Janke hat unter anderem ein 120-Watt Solarpanel und eine Solardusche nachgerüstet. Weitere technische Verbesserungen sind die Luftstandheizung, Druckwasserpumpe, Kompressor-Kühlbox, drei Lichtleisten und ein Induktionsfeld. "Das braucht man für die Wohnmobil-Zulassung", sagt er. "Darauf wird morgens der Espresso gekocht." Den gibt's auch auf den Lofoten. Denn dort macht das Paar in Kürze Wanderurlaub.

Christoph Goretzki lebt im Lieferwagen

Die Neugier auf andere Länder und Menschen, Liebe zur Natur, Mut und Optimismus – all das trifft auf Christoph Goretzki zu. Vor zwei Jahren hat der 34-Jährige seinen Job als Küchenverkäufer und seine Wohnung in der Neustadt gekündigt. Seither wohnt er in einem weißen Transporter, den er innen komplett selbst ausgebaut hat. Damit reist er durch Deutschland und andere europäische Länder. 

Den alten Mercedes-Lieferwagen hat sich der gebürtige Achimer vor vier Jahren für 2000 Euro zugelegt und dann rund 1500 Euro in die Innenausstattung gesteckt. "Ein Low-Budget-Camper", bemerkt der Minimalist, der seinen Traum von Freiheit lebt, weil er noch ungebunden ist und keine hohen Ansprüche stellt.

"Ich bin einfach ein Naturbursche. Ich übernachte fast nie auf Campingplätzen, schlafe auch mal im Schlafsack auf der Wiese und hinterlasse alles so, wie ich es vorgefunden habe", sagt Goretzki. "Und ich hatte bis dato nicht viel von Europa gesehen."

Weil ihm nicht erst in der Elektrikerausbildung sein handwerkliches Geschick und Pragmatismus bewusst geworden sind, kam er auf die Idee, sich einen alten Lieferwagen als Wohnmobil umzubauen. Ein Konzept hatte er nicht. "Ich hab' mich einfach immer weiter reingearbeitet", erzählt er. "Mir war nur wichtig, dass man vom Fahrersitz direkt nach hinten durchkommen kann." Deshalb hat er zuerst die Nieten der Metallwand zur Ladefläche herausgebohrt. "Das ist kein Hexenwerk", findet der Autodidakt. 

Ein Klappbett war für ihn ein No-go. "Ich hab mir einen 1,40 mal zwei Meter großen Lattenrost und eine passende Matratze gekauft und einfach sechs Füße darunter geschraubt." Zuvor hatte er den Innenraum mit Fichtenholz verkleidet. Weil dadurch der Wagen leichter geworden sei, spare er Benzin."

Mit dem Bett und der Staufläche darunter (Goretzki nennt sie "meinen Kofferraum") ist der Innenraum zu drei Viertel ausgefüllt. Zwischen Bett und Fahrersitz hat Goretzki ein Schreibtischuntergestell mit einer neuen Platte und Waschbecken gestellt, auf der gegenüberliegenden Seite einen Kleiderschrank aus Holz eingebaut.

Auch eine Wasserpumpe, Not-WC und Außendusche hat der 34-Jährige an Bord. "Ich bin genügsam gestrickt", sagt. Ihm reiche eine Kühlbox als Vorratslager, als Herd dient ein zweiflammiger Gaskocher. "Seit zwei Jahren beziehe ich nur Strom von der Sonne, das ist cool."

Christoph Goretzkis Lebensrhythmus wird durch den Wechsel zwischen befristeten Jobs als Einkommensquelle und dem Aufbruch zu neuen Zielen bestimmt. "Das sind keine Reisen wie in den Urlaub, sondern Alltag in einem anderen Land", fasst der Lebenskünstler realistisch zusammen.

"Homy" als Mutter-Sohn-Projekt

"Es bedarf nur etwas Mut und Kreativität, damit anzufangen", sagt Mary Dierssen. Sie findet: "Man macht auch nicht viel kaputt, wenn man sich einen alten Wohnwagen ausbaut und dabei die eine oder andere Schraube falsch setzt." Die alleinerziehende Bremerin möchte Campingbegeisterte bestärken, nicht zu lange zu warten, um sich den Wunsch nach einem mobilen Ferienquartier zu erfüllen. Dabei denkt die 53-Jährige an ihren an Krebs verstorbenen Vater. Er habe 20 Jahre lang davon geredet, seiner Frau in einem umgebauten VW-Bulli Europa zu zeigen. Und überhaupt habe er seinen vier Töchtern das Reisen ans Herz gelegt.

Mary Dierssens Leidenschaft fürs Campen teilen auch ihre zwei Söhne, das macht ein Mutter-Sohn-Projekt sichtbar: "Homy". Den drei Meter langen und zwei Meter breiten Wohnwagen Baujahr 1994 hat Dierssen einer ihrer Schwestern abgekauft und mithilfe ihres Jüngsten selber umgestaltet. Denn Tim-Luca, ihr 18-jähriger, gesundheitlich beeinträchtigter Sohn, kommt immer mit auf Reisen.

Ihr "Homy" sollte ein Ort zum Wohlfühlen werden und gleichzeitig funktional sein. "Wir lieben die Berge und Seen rund um den Chiemsee und wollen irgendwann nach Bayern auswandern." Ihrem Sohn Tim-Luca schwebte daher ein rustikales Holzhüttenambiente vor, seiner Mutter indes ein moderner, schlicht skandinavischer Stil. Das Ergebnis von Internetrecherchen und intensivem Entscheidungsprozess ist ein selbst entworfener „scandy-bayrisch“-Look: Deshalb hängen an den weiß gestrichenen Wänden zwei Geweihe, die Mutter und Sohn mit besonderen Erinnerungen an ihre jüngsten Bayernurlaube bei Freunden verbinden. Ein besonderer Blickfang aber ist ein Bergpanorama.

"Das Foto ist aus dem Chiemgau", erzählt Mary Dierssen, die in ihrem Urlaub 14 Tage von 7 bis 23 Uhr am "Homy" gearbeitet habe. "Das haben wir als Fototapete anfertigen lassen." Die fest eingebauten Schränke seien eine Hürde gewesen. Nach einigem Grübeln sei ihr eine Eisenschablone eingefallen, mit der sie die Tapete wie ein Puzzle sauber ausschneiden und anbringen konnte.

Das alte Mobiliar im "biederen Design der 90er-Jahre", wie Dierssen es nennt, hat sie ordentlich aufgepeppt, hellen Vinylboden verlegt, Schränke weiß gestrichen, ein großes Bett eingebaut, Gardinen aus Stoff und neue Sitzbezüge aus Leder genäht – und das alles auf der alten Nähmaschine ihrer Großmutter. "Alles Handwerkliche habe ich von zuhause mitbekommen", sagt sie. Sie habe bei der Umsetzung auch eigene Grenzen überwinden müssen, vor allem ihren Perfektionismus. Doch das habe sich gelohnt. "Wir lieben 'Homy' über alles", sagt Mary Dierssen. Nun steht die erste längere Reise an. Es geht an die holländische Nordseeküste.

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