Keine Frage, es gab schon einmal spannendere Derbys in der Bremen-Liga. Mit 180 Zuschauern stieß der Nordbremer Klassiker im Vegesacker Stadion auf eher mäßiges Interesse und sowohl bei den Fußballern der SG Aumund-Vegesack als auch bei denen des Blumenthaler SV hielten sich die Emotionen arg in Grenzen. Echtes Derby-Fieber wollte sich bei keinem der beiden Nachbarschaftsrivalen einstellen. Während BSV-Co-Trainer Rainer Raute auf Blumenthaler Seite "wenig Leidenschaft" ausgemacht hatte, vermutete Markus Werle "fehlende Brisanz" aufgrund der klaren Tabellenverhältnisse als Ursache für die fehlenden Emotionen. Letztlich konnte auch nur der SAV-Trainer zumindest mit dem Ergebnis zufrieden sein, denn mit 3:0 (1:0) setzte sich der Tabellendritte gegen den Zwölften durch.
Zum "Mann des Tages" avancierte Flügelflitzer Lennart Kettner, der mit dem 1:0 unmittelbar vor dem Halbzeitpfiff und dem 2:0 in der 57. Minute für eine Vorentscheidung sorgte, bevor Marin Vukoja in der 67. Minute endgültig den Deckel draufmachte. Ein am Ende verdienter Sieg, der aus Sicht Rainer Rautes, allerdings deutlich zu hoch ausfiel. "In der ersten Hälfte nutzen wir unsere Möglichkeiten nicht, dann pennen wir zweimal auf der linken Seite und am Ende versinken wir in einer Art Sommerfußball", ärgerte sich der Blumenthaler Co-Trainer. Für Chefcoach Peter Moussalli hatte an diesem Sonnabend die Betreuung der A-Junioren Priorität, die zeitgleich im Kampf um den erhofften Regionalliga-Aufstieg eine 2:3-Niederlage beim SC Borgfeld hinnehmen mussten
Dabei starteten die Gäste durchaus verheißungsvoll und erspielten sich ein optisches Übergewicht – allerdings ohne dabei richtig gute Chancen zu kreieren. SAV-Trainer Markus Werle wurde es bereits früh zu bunt: "Jetzt packt mal zu", forderte er seine Spieler immer wieder auf, doch die kamen in der ersten Hälfte einfach noch nicht auf Betriebstemperatur. Auch auf Gastgeberseite blieben Tormöglichkeiten selten. Die wenigen wurden zumeist im letzten Moment vertändelt oder aus dem Antritt heraus wurde unverständlicherweise das Tempo wieder herausgenommen, wie bei Marin Vukoja und auch Bashim Toski.
Immerhin zeigten beide Trainer in ihrer Coaching-Zone Derby-Niveau. Sowohl Raute und vor allem Werle trieb seine Spieler immer wieder an, denn das, was sie zeigten, war ihm viel zu wenig. "Unsere Leistung in der ersten Hälfte war einfach unterirdisch", lautete sein Urteil. Daran änderte vorerst auch die 1:0-Führung nichts, die in der Schlussminute des ersten Abschnitts wie aus dem Nichts zustande kam. Mit einem feinen Zuspiel aus dem Mittelfeld setzte Sebastian Kurkiewicz Lennart Kettner auf der Außenbahn ein und der überwand BSV-Schlussmann Eric Walter. "Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Blumenthaler bis dahin viel bissiger und griffiger präsentierten. Das haben wir dann aber in der zweiten Halbzeit deutlich besser gemacht", sagte Werle.
Offenbar hatte er in der Pause die richtigen Worte gefunden, denn fortan übernahm die SAV mehr und mehr das Kommando. Bei den Blumenthalern machte es sich unterdessen deutlich bemerkbar, dass der Schwung der letzten Wochen zurzeit nicht immer wieder beliebig oft abrufbar scheint. Die SAV agierte jetzt deutlich beweglicher und strukturierter, konnte damit wesentlich mehr Druck erzeugen. Zudem erwies sich die Hereinnahme von Nikolas Doye bei Wiederanpfiff als richtungsweisende Maßnahme. Dessen Aktionen halfen im Spielaufbau und sorgten für mehr Stabilität im Mittelfeld. Entscheidend waren allerdings seine beiden sehenswerten langen Flanken aus dem Mittelfeld, die Lennart Kettner und Marin Vukoja optimal verwerteten und bei Rainer Raute für schlechte Stimmung sorgten: "Ein Derby zu verlieren, war früher das Schlimmste, was passieren konnte. Ärgerlich, dass uns heute das richtige Feuer fehlte."