Der große Kern des Stadtteils Walle soll neu aufgestellt werden, damit er attraktiver für Bewohner und Gewerbetreibende wird. Für die Kleingartengebiete muss eine Strategie her, damit sie sich zu lebendigen Naherholungsflächen entwickeln können. Die zukünftige Nutzung des Geländes der Berufsschule an der Ellmersstraße muss so geplant werden, dass ganz Walle davon einen Gewinn hat: Drei richtig dicke Brocken hat sich der neue Waller Fachausschuss „Quartiers- und Stadtteilentwicklung“ vorgenommen. Die Ausschussmitglieder wissen: Es sind Projekte, deren Planung und Umsetzung Legislaturperioden weit überschreiten dürfte. Doch genau für solche Fälle ist die Langstreckendisziplin des Waller Beirats zuständig, die sich vor wenigen Tagen bei ihrer ersten öffentlichen Sitzung nach den Wahlen neu konstituierte.
Das Durchhaltevermögen lohnte sich bereits: In den vergangenen acht Jahren hatte der Ausschuss thematisch fast ausschließlich die Planungen für den Dedesdorfer Platz begleitet. Am Sonnabend, 7. September, soll nun die Einweihung des neuen Quartiersplatzes gefeiert werden. Die Einladungen liegen bereits im ganzen Stadtteil aus. Ab 14 Uhr gibt es Kaffee und Kuchen, Eröffnungsreden der Beteiligten, Musik, Mitmachaktionen und geselliges Beisammensein bis in den späten Abend. Beglückwünschen kann sich vor allem die Bürgerinitiative Waller Mitte, die mit ihrem Engagement erreichte, dass der Stein der Komplettbebauung eben nicht ins Rollen kam – unterstützt vom Waller Beirat und seinem für den Dauereinsatz gegründeten Spezialausschuss. „Ermutigend” sei dabei auch die Kooperation mit dem Bauressort gewesen, betont der neue Ausschusssprecher Karsten Seidel (Grüne). Eine solch gute Zusammenarbeit wünsche er sich auch für die Zukunft. Es geht um ein Projekt, das um ein Vielfaches weitreichender und ambitionierter ist als die 9000 Quadratmeter „Waller Mitte.“
Zukunftsbild Walle
„Zukunftsbild Walle Central 2040“: Für eine Veranstaltung dieses Titels sollen Hunderte von Einladungen werben, die ab Mitte September im Stadtteil verteilt werden. „Wir wünschen uns viel Bürgerbeteiligung”, erklärt der stellvertretende Ausschusssprecher Rolf Surhoff (CDU). „Denn es geht um ein Thema, das uns über lange Jahre begleiten wird, und von großer Bedeutung für Walle ist”.
Unter „Walle Central” verstehen die Stadtteilpolitiker zunächst das Karree, das von Waller Ring und Hansestraße, Heer- und Nordstraße eingegrenzt wird. Der Handlungsbedarf in dem Gebiet sei bereits vor Jahren erkannt worden. „Die Anwohner klagen über eine zunehmend hektische Atmosphäre, über den gestiegenen Verkehr und die wilde Parkerei. Wir stellen auch fest, dass sich die schlechte Verkehrssituation negativ auf die Geschäftswelt auswirkt”, sagt Seidel. Ende 2017 legten die Beiratsfraktionen von SPD und Grünen ihren Vorschlag für ein umfassendes Verkehrskonzept vor – der Stadtteilkurier berichtete.
Reichlich Raum für Ideen und viele Beteiligte bietet der Workshop am Freitag, 27. September, im Rebuz an der Vegesacker Straße 84. „Unsere Ziele sind es, die lokale Wirtschaft zu stärken, Mobilität nachhaltig zu gestalten und die Wohn- und Aufenthaltsqualität zu verbessern”, sagt Seidel. Dass mit den Kanalbauarbeiten am Steffensweg, dem ökumenischen Platz vor den beiden Kirchen sowie der Rad-Premiumroute drei große Bauvorhaben kurz- oder mittelfristig vor der Tür stünden, sei „ein Glück”: „So haben wir die Chance, aktiv mitzugestalten.”
Einigkeit besteht unter den Ausschussmitgliedern, dass dabei über das Aktionsgebiet von „Walle Central” hinausgedacht werden müsse: So seien die Bewohner des Waller Wied sehr interessiert, einbezogen zu werden – und auch in den Wohnstraßen jenseits des Waller Rings berichteten die Anwohner über die zunehmenden Schleichverkehre. „Es geht uns dabei aber nicht nur um Verkehrsprobleme”, betont Surhoff. „Es geht auch um Wohnen, Gesundheits- und Bildungsangebote.” Er wisse, dass viele junge Familien aus Walle wegzögen, weil sie keine passenden Wohnangebote fänden. „Eine Chance, diese Leute in Walle zu halten” sehe er im Gebiet an der Ellmerssstraße, das frei wird, wenn die Berufsschule für Groß- und Außenhandel und Verkehr – wie vom Senat beschlossen und für Sommer 2021 avisiert – ihren Neubau an der Nordstraße bezieht. Diskutiert werden soll im Ausschuss aber auch ein Entwurf, der die Ansiedlung einer öffentlichen Bildungseinrichtung für das Quartier vorschlägt.
Eine ganzheitliche Strategie für die Kleingartengebiete im Bremer Westen gibt es bereits. In der Hochglanzbroschüre „Naherholungspark Bremer Westen” ließ Bremens früherer Senator für Bau, Umwelt und Verkehr, Joachim Lohse, im Jahr 2016 seine Visionen für eine „grüne Oase in Walle und Gröpelingen” auf Papier bringen. Für die Umsetzung fehle es bislang aber an der personellen und finanziellen Unterfütterung, so Seidel. „Hausspitze und Politik müssen sich zum Projekt bekennen und entsprechende Mittel bereitstellen”.
Das Papier dürfe nicht Makulatur werden. „Verwilderte Parzellen, verfallende Häuser, überwucherte Wege: So kann es nicht weitergehen”, bestätigt Surhoff. Klarheit wünschen sich die Waller auch über den vernünftigen Umgang mit den Kaisenhäusern, berichtet Günter Schminke vom Kaisenhaus-Museum den Ausschussmitgliedern: „Wir haben immer wieder Besucher, die nicht begreifen können, warum in den gut erhaltenen Häusern niemand wohnen darf”.