In Walle ist vorige Woche der Start eines neuen Projekts zur Bekämpfung von Familien- und Kinderarmut namens Stadtteileltern gefeiert worden. Vom Haus der Familie an der Dünenstraße aus sollen ab Dezember acht Stadtteileltern gezielt Familien und Alleinerziehende unterstützen, die bislang keinen Zugang zu den sozialen Beratungs- und Unterstützungssystemen haben.
„Ziel des Projekts ist es, Familien und ihre Kinder zu stabilisieren, damit die Eltern erste Schritte in Richtung Arbeitsmarkt und Qualifizierung gehen können“, so Arbeits- und Sozialsenatorin Claudia Schilling (SPD), die unterstreicht: „Die Erfahrung zeigt, dass insbesondere Mütter zunächst ihre Familie ‚in ruhigem Fahrwasser‘ wissen müssen, bevor sie die innere Freiheit haben, sich selbst auf den Weg Richtung Weiterbildung oder Arbeitsmarkt zu machen.“
Zuständig für den gesamten Bremer Westen
Die Stadtteileltern seien für den gesamten Bremer Westen zuständig, so die Senatorin: „Also auch für Gröpelingen und die Überseestadt. Sie begleiten die Familien ganz individuell über einen längeren Zeitraum und tragen so dazu bei, ihre Lebenssituation zu stabilisieren.“ Und zwar, indem sie Eltern und Alleinerziehende einerseits über das Bildungssystem informieren und sie bei Fragen zu Themen wie Kindergarten, Schule, Erziehung oder Sprachförderung beraten und andererseits ihre wirtschaftliche Eigenständigkeit unterstützen. „Sie weisen den Weg durch den Dschungel der Maßnahmen der Arbeitsmarktintegration“, so Schilling, „ob Sprachkurs, Arbeitserlaubnis, Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsabschlüssen oder Qualifikationsmaßnahmen. Das ergänzt bestehende Beratungsangebote und baut Brücken in die Institutionen.“ Die Stadtteileltern unterstützen Familien auch bei Behördengängen oder Arztbesuchen und weisen sie auf Sportvereine, Beratungsangebote oder Spielplätze hin: Sie übernehmen für die Familien eine Lotsenfunktion.
Ganz neu für Bremen
Die Stadtteileltern, die jeweils im Tandem mit einer pädagogischen Fachkraft arbeiten und vom Paritätischen Bildungswerk fachlich begleitet werden, kommen selbst aus den Communities der Familien, die sie – vor allem aufsuchend – erreichen sollen. Dadurch, so die Idee, können sie besonders gut das notwendige Vertrauen schaffen. „Das Vorhaben schafft durch die lebensnahe und aufsuchende Beratung Zugänge zu Familien, die wenig oder gar keine Unterstützung erhalten durch Jugendhilfe, Sozialleistungen, Gesundheitsförderung oder Arbeitsmarktförderung. So etwas hat in Bremen bislang gefehlt“, so Schilling.
„Der Zugang ist leicht, denn wir haben hier schon ganz viele Eltern“, sagt Andrea Overesch vom Haus der Familie, die die Fachkoordination des Projekts übernommen hat. Außerdem werden die Stadtteileltern ihr zufolge das Spielhaus im Waller Park nutzen, das vor einiger Zeit frei geworden ist. „Das ist für uns ein Glücksfall. Die Kinder spielen dort und wenn die Eltern reden möchten, sind wir da.“ Das bis Ende 2027 befristete Projekt wird mit fast drei Millionen Euro zu 90 Prozent aus dem EU-Sozialfonds Plus für Deutschland über das Bundesministerium für Arbeit und Soziales finanziert. Das Land und die Stadtgemeinde Bremen tragen einen Eigenanteil von zehn Prozent.