Auch wenn der Himmel sich zwischendurch immer mal wieder bedrohlich verdunkelte: Zur Freude der Organisatoren und der vielen beteiligten Vereine und Akteure blieb es am Sonntag weitgehend trocken beim Sommerfest im Grünen Bremer Westen. Wie viele Bremerinnen und Bremer sich auf den Weg gemacht hatten, um den im Westen der Stadt entstehenden Naherholungspark zu Fuß oder per Fahrrad zu erkunden, ist nicht bekannt. Denn das 480 Hektar große Areal mit schätzungsweise 4000 Kleingärten ist so groß, dass sich etwaige Besucherströme gut verteilten und an den 17 Stationen im Gebiet eine angenehme und coronakonforme Menschendichte herrschte.
23 Gäste in den ersten eineinhalb Stunden zählte Petra Müller vom Verein Kaisenhaus-Museum. Darunter auch Rita Wilhelmi-Colbow und Renate Thiel, die sich den Termin schon vor geraumer Zeit für einen Besuch in dem Mini-Museum am Behrensweg vorgemerkt hatten – und zwar gemeinsam mit ihrer Cousine Heidi Berry, die in Kanada lebt und gerade in Bremen zu Besuch ist. Die drei hatten nun besondere Freude an den Ausstellungstafeln zur Geschichte der Bremer Kaisenhäuser. Darauf sind nämlich auch Fotos von ihnen, ihren Müttern und ihren Großeltern Felix und Lucia Mellenthin zu sehen. Die Großeltern stammten ursprünglich aus Pommern und waren im Krieg geflohen, erzählt Rita Wilhelmi-Colbow: „Ein Onkel fand dann eine Arbeitsstelle in Bremen, so kam die ganze Familie über Berlin und Osterholz hierher.“
Nach dem Kaisen-Erlass habe sich die Familie dann am Güntherskamp ein Kaisenhaus aufgebaut. Die andere Schwester ihrer Mutter habe immer viel fotografiert, so die Findorfferin weiter: „Ich habe die Bilder dann vor einiger Zeit dem Brodelpott überlassen.“ Heidi Berry ist in Kanada geboren, ihre Eltern sind 1954 dorthin ausgewandert. Ihre Mutter Hildegard Mellenthin kam aber regelmäßig mit den Kindern per Schiff zurück an die Weser und auf Besuch ins Kaisenhaus der Großeltern. Bis heute sind die beiden Bremerinnen und ihre kanadische Cousine in engem Kontakt. Wo Heidi Berry so gut Deutsch gelernt hat? Das war ganz einfach, sagt sie: „Ich höre öfter Bremen eins und Nachrichten oder den Wetterbericht auf Deutsch.“
Saatgutbank in der "Chrysantheme"
Etwas mehr als einen Kilometer weiter westlich am Chrysanthemenweg lässt sich währenddessen eine neugierige Besucherin von Roland Wozniewski vom Verein „Treffpunkt Natur und Umwelt“ die Arbeit der „Chrysantheme“ vorstellen: In dem Treff für alle Garteninteressierten wird unter anderem seit einiger Zeit eine Saatgutbank aufgebaut, bei der privat Bio-Saatgut getauscht werden kann. „Was kann denn jetzt noch in den Boden?“ möchte Steffi Winkelmann von dem Biologen und Umweltbildner wissen, was zu intensivem Fachsimpeln über verschiedene Gründüngungspflanzen wie Buchweizen oder Phacelia führt. Wozniewski rät schließlich zu Buschbohnen und erklärt: „Wir haben zum Teil noch Saatgut aus 2020, das jetzt in den Boden muss, weil die Keimquote mit der Zeit sinkt.“ Bei manchen Pflanzen sei auch das Gegenteil der Fall – Sonnenblumensaat etwa keime im zweiten Jahr oft besser als im ersten.
Beeren-Balsamico beim Wupp
Beim Waller Umwelt Pädagogik Projekt (Wupp) hat Eva Heger vom Kleingartenverein Walle einen kleinen Stand aufgebaut, der verlockend aussieht: Die frühere Ortsamtsmitarbeiterin verarbeitet seit Jahren Himbeeren, Johannisbeeren, Brombeeren und Jostabeere aus dem eigenen Garten, etwa zu Marmelade, Likör oder als Grundlage für Salatdressings: „Das wird wie bei Oma früher durch die ‚Flotte Lotte‘ gedreht und mit Honig und Balsamico gemischt – die genaue Rezeptur verrate ich aber nicht!"
"Die Büdelredder" schonen Ressourcen
Auch auf einer Parzelle am Adlerweg geht es um Lebensmittel. Genauer gesagt: Um deren Rettung. „Die Büdelredder“, ein noch junger gemeinnütziger Verein, setzen sich gegen die Verschwendung von Lebensmitteln ein. „Wir haben einen großen Kooperationspartner, wo wir Lkw-weise Lebensmittel retten. Das wird dann auf 16 verschiedene kleinere Abholer verteilt, die es rund um Martfeld verteilen“, erzählt Schriftführerin Regina Ochotzki: „Alleine im ersten Quartal 2022 haben wir knapp 1000 Tonnen Lebensmittel vor ihrem Weg in den Müll gerettet.“ Die Lebensmittel werden von den verschiedenen Abholern an Menschen verteilt, unter anderem in Walle, wo an der Fiegenstraße regelmäßig ein Regal befüllt wird. Daraus dürfen sich bedingungslos alle bedienen, wie Ochotzki betont: „Unser Vereinszweck ist Umweltschutz. Im Gegensatz zur Tafel ist es uns wichtig, dass die Lebensmittel einfach schnell verbraucht werden. Denn in Deutschland landen aktuell pro Jahr circa zwölf Millionen Tonnen noch genießbare Lebensmittel in der Tonne. Das ist umwelttechnisch ein Problem, weil dabei Ressourcen verschwendet werden.“