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Waller Friedhof Neue Grabstelle für Wohnungslose

Auf dem Waller Friedhof in Bremen gibt es eine neue Grabstelle für Wohnungslose. Sie bietet Platz für 64 Urnen und wurde von der Wohnungslosenhilfe initiiert. Die Gestaltung übernahm Steinmetzin Katja Stelljes.
04.09.2024, 05:04 Uhr
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Neue Grabstelle für Wohnungslose
Von Anne Gerling

Ein Tisch mit zwei leeren Stühlen – dieses aus Muranoglas-Mosaiksteinen zusammengesetzte Bild ziert den fast 150 Jahre alten Grabstein auf der neuen Grabstelle für verstorbene Wohnungslose auf dem Waller Friedhof, die die Wohnungslosenhilfe im Verein für Innere Mission von Steinmetzin Katja Stelljes gestalten lassen hat. „Ich habe mich gefragt, welche Aussage ich eigentlich über obdachlose Menschen machen kann. Jeder Mensch hat eine eigene Geschichte und eine eigene Haltung, das ist unglaublich divers. Was aber vielleicht für viele gilt: Es ist schön, wenn man ein Dach über dem Kopf hat und einen Raum, wo man anderen Menschen begegnen kann. Das ist ja letztlich auch das, was die Innere Mission anbietet: Ein Platz, wo Menschen anknüpfen können“, sagt Katja Stelljes. Anke Mirsch, Sprecherin der Inneren Mission, sieht in dem Motiv „die Einladung zu einem Dialog: Man kann es in Anspruch nehmen, muss aber nicht. Das spiegelt auch das Leben vieler Obdachloser wider.“

Steinmetzin Katja Stelljes ist beruflich viel auf Friedhöfen unterwegs und findet: „Friedhöfe sind unglaublich wichtige Orte in der Stadt – und deshalb sind sie mir ein Anliegen.“ Der Anfrage der Inneren Mission sei sie deshalb sehr gerne nachgekommen: „Das sind ja Menschen, die hier eigentlich nicht mit Namen bestattet werden. Deshalb finde ich das eine tolle Initiative.“ Die Namen, die ursprünglich auf dem 1877 aufgestellten Grabstein standen, verdecken nun schlichte Sandstein-Tafeln. Dort werden später die Vor- und Nachnamen der Verstorbenen eingraviert.

Die neue Grabstelle mit Platz für 64 Urnengräber war notwendig geworden, nachdem die 2012 ebenfalls auf dem Waller Friedhof eingerichtete erste Grabstelle inzwischen mit 96 Urnen vollständig belegt ist. Vorige Woche ist dort zum letzten Mal jemand beigesetzt worden, die nächste Bestattung wird nun hier stattfinden: Die Urnen mit der Asche der Toten werden in die Erde vor dem Grabmal eingelassen. Mit dem Mosaik bezieht sich Katja Stelljes auf die von Künstler Jub Mönster gestaltete erste Grabstelle, an der –  wie in einem Regal  – Bücher bei dem vorhandenen historischen Grabstein aufgestellt worden sind, auf deren Buchrücken die Namen der Verstorbenen stehen. In der Mitte des Grabsteins ist auf drei Kacheln ein vollbepackter Kinderwagen mit Einkaufstüten zu sehen –  ein Bild, das man spontan mit obdachlosen Menschen auf der Straße verbindet.

Die neue Grabstelle hat der Verein für 25 Jahre gekauft, die 20.000 Euro für Urnengrabstätte und Liegezeit des Grabsteins kamen unter anderem von privaten Spendern. Dazu kamen Kosten für die gestalterischen Maßnahmen der Grabstelle. „Wir wissen von ganz vielen, dass es für sie tröstend und beruhigend ist, dass es hier einen Platz gibt, wo sie beerdigt werden“, sagt Sprecherin Anke Mirsch. „Und es kommen auch oft viele wohnungslose Menschen zu Beerdigungen oder zum Gedenkgottesdienst an der Grabstelle, immer am Ewigkeitssonntag. Dann werden noch einmal die Namen aller Verstorbenen vorgelesen. Viele Besucherinnen und Besucher legen dort dann auch Steine oder Engel nieder.“

„Die erste Grabstelle ist eine sehr lebendige Grabstätte. Da werden Blumen und Teddys hingelegt und Kerzen aufgestellt. Das wünschen wir uns hier an der neuen Grabstelle auch“, sagt Axel Brase-Wentzell, stellvertretender Bereichsleiter Wohnungslosenhilfe bei der Inneren Mission. Ihm zufolge ist die neue Grabstelle als letzte Ruhestätte für wohnungs- und obdachlose Menschen ohne Angehörige gedacht, die in Bremen verstorben sind und vor ihrem Tod von den Streetworkern der Inneren Mission betreut wurden oder in einer der Wohneinrichtungen des diakonischen Trägers gelebt haben. Wenn nach längerer Suche keine Hinterbliebenen aufzufinden seien, werde eine Bestattung von Amts wegen angeordnet: „Dann gibt es eine Info an uns, und wenn wir die jeweiligen Menschen aus unserem Arbeitsumfeld kennen, geben wir einen Platz für die Urne frei.“

Aktuell gestalten Brase-Wentzell zufolge Mitarbeiter aus dem Bereich Streetwork gemeinsam mit Pastoren aus den Bremer Gemeinden die Andachten bei der Friedhofskapelle. Ab 1. November werde diese Aufgabe die neue Pastorin der Inneren Mission übernehmen. „Und das Beerdigungsinstitut Gebrüder Stubbe spendet die Urnen“, so Brase-Wentzell. Bei den Beisetzungen seien oft ehemalige Weggefährten, Bekannte, Freunde und mitunter auch Angehörige dabei, so Brase-Wentzell weiter: „Mal ist ein Besucher dabei, mal 15. Aber hier wird niemand alleine von einem Friedhofsmitarbeiter bestattet.“

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