Schon mehrfach hat es Bremen mit seinen Marketing-Maßnahmen in das Format "Der reale Irrsinn" der Satiresendung "Extra 3" geschafft: Seien es die Wegweiser, die zu den Bremer Stadtmusikanten führen sollten (144 Piktogramme für 50.000 Euro) und nach wenigen Monaten vom Boden abgeblättert waren, oder die Hightech-Mülleimer in Vegesack, aus denen das Krähen, Bellen, Miauen oder Wiehern der Stadtmusikanten bei jedem Öffnen tönt. Für das Aktionsprogramm Innenstadt will Bremen insgesamt 13,2 Millionen Euro investieren, um die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt zu erhöhen und sie zu beleben. Unter den Maßnahmen finden sich solche wie die missglückten Wegweiser – aber auch welche, die überregional positiv aufgefallen sind.
"Aktuell wird häufig gefordert, dass die Entwicklung der Innenstadt mit Mut vorangebracht werden muss und jetzt schnelles Handeln gefordert ist. Beides haben wir mit dem Aktionsprogramm Innenstadt gezeigt, das schon im August 2020 nach Abklingen der ersten Welle der Corona-Pandemie beschlossen wurde und seitdem in der Umsetzung ist", sagt Christopher Schönhagen, Sprecher des Wirtschaftsressorts von Senatorin Kristina Vogt (Linke). Das bedeute auch, dass nicht alle Maßnahmen gleich erfolgreich sein könnten. "Mut in der Innenstadtentwicklung bedeutet eben auch Mut zum Ausprobieren und Mut dazu, hin und wieder zu scheitern", sagt er.
In der Opposition ist die Kritik an den Maßnahmen des Innenstadtprogramms weiterhin laut: "Unsere Grundkritik hat sich bestätigt: Das Programm ist nicht ansatzweise nachhaltig", sagt Heiko Strohmann, Vorsitzender der CDU-Bürgerschaftsfraktion, über das Aktionsprogramm. "Dass es Punkte im Maßnahmenkatalog gibt, die suboptimal laufen, kann mal passieren. Mein Vorwurf ist aber: Das Konzept ist nicht strukturiert, es ist ein Sammelsurium von Einzelmaßnahmen", meint er. Die Idee etwa, aus dem Domshof ein neues Zentrum als Anlaufpunkt zu schaffen, sei bisher "krachend gescheitert". Der Wochenmarkt sei in die Jahre gekommen, es brauche eine stärkere Einbindung der Markthalle Acht. Die Idee der Opposition sei zum Beispiel, eine Art Viktualienmarkt wie in München zu schaffen.
Manchen Maßnahmen kann Strohmann auch etwas Positives abgewinnen. So zum Beispiel dem Leerstandsmanagement oder der Weihnachtsbeleuchtung auf den Gebäuden in der Innenstadt aus dem vergangenen Jahr. Die Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing (BCSD) nennt ebenfalls das Leerstandsmanagement in Bremen als Positiv-Beispiel für gute Marketing-Konzepte in Städten. Doch auch bei den Pop-Up-Stores merkt Strohmann an: "Da hätte man intensiver reingemusst und die Schaufenster mehr beleben müssen." Und auch die Bestrahlung der Gebäude sei nicht langfristig ausgelegt.
Der Projektpool "Stadtimpulse", der unter anderem die BCSD oder den deutschen Städtetag als Partner hat, listet Positivbeispiele für Innenstadtprojekte auf seiner Seite auf, die von einer Jury ausgewählt wurden. Dort wurde zum Beispiel Karlsruhe für sein Influencer-Marketing für die Innenstadt ausgezeichnet, das die Sichtbarkeit von Karlsruher Einzelhändlern bei einer jüngeren Zielgruppe erhöhen soll. Ahaus in Nordrhein-Westfalen wird für sein Stadtquiz gelobt – ein lokales Fragespiel für das Smartphone, das Marketing übermitteln soll und auch schon von anderen Städten übernommen wurde.
Bremen ist dort mit dem Wettbewerb Concept Stores gelistet – aus dem Projekt aus dem vergangenen Jahr ist das Fairkaufhaus Ekofair in der Innenstadt entstanden, das für 13 Monate mietkostenfrei eine Ladenfläche nutzt.
"Alle diese Maßnahmen haben kurzfristig einen positiven Impuls für die Innenstadt gegeben und damit ihr Ziel erreicht. Inwiefern diese Maßnahmen auch langfristig Bestand haben können und damit auch auf die weitere Nutzung der Innenstadt Einfluss nehmen, wird sich in den nächsten Jahren zeigen", sagt Christopher Schönhagen. Es sei eine Befragung unter Innenstadt-Besuchern geplant, die dem nachgehen soll, inwiefern die Marketing-Maßnahmen bisher gewirkt haben.
Das Aktionsprogramm Innenstadt läuft noch bis Ende 2022. Bis dahin sollen weitere sichtbare Effekte in der Innenstadt umgesetzt werden. Die Beleuchtung der Innenstadt solle in diesem Jahr etwa erweitert werden oder ein besseres WLAN in der Innenstadt an den Start gehen – ein Anliegen, das der Opposition schon seit längerer Zeit am Herzen liegt.