Der Marktplatz ist an diesem Freitagabend gut gefüllt, eine Band spielt auf einer Bühne, die Menschen stehen davor und wippen im Takt mit. Und rund 20 Meter über ihnen hängt Dustin Bartsch kopfüber an einem Seil.
Genauer gesagt: an einer Slackline. Das ist ein elastisches Band, das der Slackline-Verein Bremen für dieses Wochenende, an dem das Hoeg-City-Sommerfest zum ersten Mal stattfindet, über den Domshof gespannt hat. Vom Manufactum-Kaufhaus bis zum Rathaus schräg gegenüber. Bartsch zeigt seine Tricks an der Slackline: Er setzt sich drauf, schwingt sich hoch und runter – und lässt sich dann fallen.
Natürlich ist der Slackliner gut gesichert. Das Band zu spannen und die entsprechende Sicherheitstechnik aufzubauen bedarf einigen Aufwand. Doch Bartsch ist vom Fach: Als Industriekletterer hat er es auch im beruflichen Alltag mit Höhe zu tun. „Bei meiner Arbeit gibt es allerdings die Regel, dass man nicht fallen darf“, sagt Bartsch, als er wieder festen Boden unter den Füßen hat. „Hier hingegen ist Fallen erwünscht. Das war für mich erstmal eine Umstellung.“
Die Truppe um Bartsch hat noch eine zweite, deutlich höhere Slackline gespannt: zwischen den beiden Türmen des Doms, rund 80 Meter über dem Boden. Das ist auch für die geübten Slackliner etwas Besonderes. „Diese Aussicht“, schwärmt Anton Glaap und zwängt sich durch das kleine Fenster zurück in den Turm des Doms. „Dafür hat es sich schon gelohnt.“
Slacklining – das ist auch ein Spiel mit der Angst. Sich selbst herausfordern und die eigenen Grenzen verschieben. „Bevor ich darauf gehe, schreit alles in mir: Ich will das nicht“, gesteht Glaap. „Es ist schon eine Überwindung. Aber man muss sich von dem Gedanken an die Höhe freimachen.“ Auf der Slackline – die in diesem Fall eine Highline ist – helfe es, sich auf die Atmung zu konzentrieren, sagt Bartsch. Doch die Höhe spiele nicht zwangsläufig eine Rolle. „Es geht auch um das Spezielle eines Ortes.“
Austausch mit der Stadt
Für den Dom und den Domshof haben die Slackliner extra Genehmigungen gebraucht, wie auch ein Sicherheitskonzept und mehrere Rundgänge mit Vertretern von der Stadt. Doch mit denen steht der Verein sowieso im Austausch – die nächsten Herausforderungen werden schon geplant. „Es ist etwas sehr Besonderes, dass wir das hier praktizieren dürfen“, sagt Bartsch.
Anfänger üben in der Regel auf einer Line wenige Zentimeter über dem Boden. „Zu Beginn braucht man schon eine gewisse Frustrationstoleranz“, sagt Nicolas Frühling, der an diesem Wochenende extra aus Kassel angereist ist. „Die ersten Male sind hart.“ Und vor allem müsse man auf Leute stoßen, die einen mitnehmen und unterstützen – und die haben die Slackliner in ihrer Gemeinschaft gefunden.