Bremen ist eine Stadt voller Mythen und Legenden. Vor allem in der Altstadt lohnt es sich, den Blick zu senken oder den Kopf in den Nacken zu legen und einen genaueren Blick auf Gebäudefassaden zu werfen. Denn viele Geschichten sind selbst alteingesessenen Bremern nicht bekannt und werden sogar in Schulen oft falsch gelehrt. Hier gibt es Wissenswertes über Roland, Rathaus und versteckte Symbole der Stadt.
Stadt voller Geheimnisse Was Sie über Bremens Fassaden noch nicht wussten
Bremen ist eine Stadt voller Legenden und Mythen: Vor allem in der Altstadt lohnt ein genauer Blick auf die Fassaden. Alles über Roland, Rathaus und versteckte Symbole der Stadt in einer Fotostrecke.
Das „Alte Gerichtshaus“ an der Domsheide wurde 1895 fertiggestellt. Das unter Denkmalschutz stehende Gebäude bietet Betrachtern zahlreiche Ornamente und Halbreliefs, die überwiegend auf christlichen Motiven beruhen.

Und noch eine Besonderheit auf die man beim Landgericht bestimmt nicht so genau drauf achtet: Über dem Eingang sind die Zehn Gebote dargestellt. Direkt darunter erzählen fünf Kinderreliefs eine Geschichte von Schuld, Urteil und Begnadigung.

An vielen Stellen der Fassade des „Alten Gerichtshauses“ sind Laster- und Tugendsymbole in Form von Tieren abgebildet. Gezeigt werden unter anderem Diebe in Form von Krähen, Schweine als Zeichen der Unreinheit und eine Katze, die für Falschheit steht.

Wer kennt nicht den Bremer Roland? Er ist ein echtes Wahrzeichen der Hansestadt. Seit 1973 steht der Repräsentant des Kaisers unter Denkmalschutz und wurde 2004 gemeinsam mit dem Rathaus von der UNESCO zum Weltkulturerbe der Menschheit erklärt.
Angeblich blickt der Roland zum Dom, um dem Bischof zu verdeutlichen, dass die Bürger auf dem Marktplatz das Sagen haben. Doch eigentlich richtet sich seine Aufmerksamkeit Richtung Ostertor. Von dort aus kamen nämlich die Händler in die Innenstadt. Mit seinem Blick wollte er sie begrüßen.

Der Roland birgt viele Geheimnisse. Nicht nur die Symbole bieten Platz für viele Interpretationen, sondern bei einer Restaurierung wurde 1989 im Inneren eine Kassette entdeckt. Dort wurden 1938 nationalsozialistische Schriften deponiert. Die Furchen der geöffneten Kammer sind noch heute schwach zu erkennen.

Die Bremer sind der Gräfin Emma noch bis heute zu großem Dank verpflichtet. Denn der Sage nach schenkte sie den Bremern im Jahr 1032 die Bürgerweide. Bei einem Besuch mit ihrem Schwager Benno von Sachsen wollte sie so viel Land an die Bremer abgegeben, wie "ein Mann in einer Stunde umgehen“ könne. Benno, der als Erbe seine Felle davon schwimmen sah, ließ sich verärgert zu der Bemerkung hinreißen, dass sie die Frist doch am besten gleich auf einen Tag verlängern solle. Den Zynismus überhörte die Gräfin und war einverstanden.
Benno suchte sich als Landvermesser einen gehbehinderten Bettler aus. Zwischen den Füßen des Rolands befindet sich das Gesicht des sogenannten Krüppels. Er umrundete das heutige Gebiet vom Hauptbahnhof über die Bürgerweide, den Bürgerpark und den Stadtwald. Tatsächlich ist die Umrundung und Schenkung des besagten Krüppels nicht nachzuweisen.

Die Sage von der Bremer Gluckhenne gilt als Gründungssage der Hansestadt und findet daher auch Beachtung auf der Bremer Rathaus-Fassade. Laute Sage suchten Fischer Schutz vor einem heranziehenden Sturm. Die Henne mit ihren Küken zeigte ihnen einen sicheren Platz auf der Düne. Doch während die Rathausfassade 1612 fertiggestellt wurde, schrieb Friedrich Wagenfeld die Geschichte erst Mitte des 19. Jahrhunderts auf. Demnach soll das Relief eher verdeutlichen, dass jeder aufgerufen ist, für seine eigene Sicherheit zu sorgen, wenn nötig sogar mit bewaffnetem Schutz. Denn die Frauenfigur trägt einen Waffenrock.

Die Gluckhenne wird auch im Zusammenhang mit einem Relief am linken Ende des Bogens gesehen. Hund und Hahn galten im Mittelalter als Wachtiere. Während die Ohren der meisten Figuren am Rathaus nicht zu sehen sind, sind die des Menschen hervorgehoben. Dies ist ein weiteres Zeichen für Wachsamkeit.

Im Bremer Rathaus wird die Politik für die Bürger der Stadt gemacht. Aus diesem Grund sollen sie sich auf der Fassade auch wieder finden. Dieses Relief zeigt eine Totschlagszene.

Ein anderes bürgernahes Relief auf dem Rathaus zeigt, wie eine Person ihr "Geschäft" erledigt.

Das Bremer Rathaus ist der himmlischen Macht untergeordnet. Daher ist Gott in Form eines Edelsteins auf einem Thron an der obersten Spitze des Gebäudes angebracht.

Rechts und links davon ist auch Gottes Gegenspieler, der Teufel, in Form eines dunklen Loches dargestellt. Zwei gefesselte Engel sind an der Seite zu erkennen.

Auch in der vorletzten Zeile der Inschrift der Böttcherstraße ist etwas nicht ganz koscher. Zur Zeit des Nationalsozialismus wurde das Wort „wenn“, durch das Wort „bis“ ausgetauscht. Denn das „Frauenzeugend Werk, das siegend steht, wenn tapfere Männer Heldentum verweht“ war für die damaligen Verhältnisse nicht akzeptabel. Schließlich sollte der tapferen Männer Heldentum nicht verwehen. Die Furchen des ausgetauschten Steins sind noch heute zu erkennen.

Das Wort "wenn" wurde durch das Wort "bis" ersetzt und zwar 1933, also schon drei Jahre vor Anbringung des Lichtbringers. Sie wurde 1954 wieder in das Wort "getauscht".

An einigen Bremer Gebäuden sind immer noch Kriegsschäden zu erkennen. Die Schäden an der Bremer Kunsthalle sind Einschusslöcher aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Sie sind beim Umbau und einer Renovierung des Bauwerks zwischen 2009 und 2011 bewusst ausgesparrt worden.

Das Gebäude links neben dem Schütting sollte Anfang des 20. Jahrhunderts um einen Stockwerk erhöht werden. Die Baubehörde zierte sich, woraufhin eine lange Auseinandersetzung folgte. Der Architekt Heinrich Rudolph Jacobs hat diesen privaten Streit auf der Fassade verweigt. Gezeigt wird der Kampf gegen eine Hydra (vielköpfiges schlangenähnliches Ungeheuer), die Paragrafen ausspuckt.

Nichts ist wie es scheint. Hinter dem Schild der Staatsanwaltschaft verbirgt sich zum Beispiel noch der ursprüngliche Name, "Altes Gerichtshaus". Weil das Gebäude denkmalgeschützt ist, durfte der Schriftzug nicht beschädigt werden. Und somit wurde der neue Name lediglich davorgesetzt.

Schaut man genauer an der Fassade des "Alten Gerichtshauses" entlang, entdeckt man hin und wieder weiße Pfeile. Diese weisen nicht den Weg zur nächsten Kellerkneipe, sondern handelt es sich um wetterresistente Luftschutzpfeile. Sie sollten den Weg zu den Luftschutzräumen zeigen und somit die Suche nach Verschütteten erleichtern.

An der Ostertorwache gibt es noch einen Aspekt, den man gerne übersieht. Die Zäune links und rechts vom Eingangtor stellen ein Bündel Ruten dar. Sie weisen auf das „Recht zu strafen“ hin.

Selbst die griechische Mythologie findet auf Bremens Fassaden Beachtung: Über dem Eingang der Ostertorwache ist ein Medusenkopf zu erkennen. Normalerweise wirkt die Frau mit den Schlangen auf den Kopf und ihrem Blick, so angsteinflößend, dass die Betrachter regelrecht zu Stein erstarren. Diese Darstellung wirkt allerdings nachdenklich. Der Mesusenkopf schaut in sein Innerstes, was der Spiegel verdeutlichen soll. Dort sieht er lauter Böses. Sprich die damaligen Gefangenen der Ostertorwache sollten ihre Taten selbst reflektieren.

Dieser voll gerotzte Stein, ist echt ekelig, hat aber eine besondere Bedeutung: Es handelt sich um den Gesche Gottfried-Spuckstein, der zwischen Neptunbrunnen und dem St. Petri Dom liegt. Der Basaltstein markiert die Stelle, an der die letzte öffentliche Hinrichtung in Bremen stattfand, und wo laut Legende der Kopf der Giftmischerin Gottfried liegen geblieben war. Als Zeichen der Missachtung spucken Spaziergänger auf den Stein.