Ein schwimmender Spezialkran, der in einer gut dreistündigen Millimeterarbeit 55 Tonnen Stahl in die Luft befördert – dieses Schauspiel hat am Dienstag einige Schaulustige zum Wehr Kleine Weser gelockt. Seit 1968 sorgt die Stauanlage zwischen Teerhof und Neustädter Deich für einen konstanten Wasserstand des Werdersees. Die Jahrzehnte haben zu Korrosionsschäden an den beiden Stauklappen geführt, weshalb sie jetzt reif für den Schrottplatz sind. Der Austausch der beiden Klappen ist der anspruchsvollste Teil der Sanierungsarbeiten, für die der Bremische Deichverband am linken Weserufer acht Millionen Euro aus städtischen Mitteln investiert.
"Alles begann mit der Inspektion im Jahr 2017, bei der wir den Sanierungsbedarf festgestellt haben", erläuterte Projektleiter Marcus Winde vom Deichverband. Nach der langen Planungsphase habe nach dem Baustart im März auch der Krieg in der Ukraine zu Problemen geführt. Denn die Stahlwände, mit denen Bauarbeiter die erste Stauklappe trockenlegten, sind Sonderanfertigungen. "Durch den Krieg fehlte dem Stahlproduzenten das Material", sagte Winde.
Im Vergleich zu den Arbeiten in den 60er-Jahren hat die Bebauung des Teerhofs zu neuen Herausforderungen geführt. Damals ließen sich zwei Baukräne auf trockenem Boden positionieren. Jetzt führte der Weg für einen leistungsstarken Spezialkran nur über das Wasser. Der Deichverband engagierte das Unternehmen Hakkers aus den Niederlanden. Das schwimmende Baugerät passt abgesenkt auch unter Brücken hindurch und kann bis zu 250 Tonnen Gewicht in die Luft befördern. Die drei Tonnen Traglast des an Land aufgebauten Krans können da nicht mithalten.
Für die entfernte Stauklappe ging es auf dem Seeweg nach Wilhelmshaven. Weil sie besonders beschichtet ist, braucht es für die Entsorgung eine Spezialfirma. Die neue Klappe – gebaut in Brake – soll der Spezialkran im Oktober einsetzen. Im kommenden Jahr ist dann das gleiche Spiel für die zweite Stauklappe geplant.
Bei extremen Hochwasserereignissen erfüllt das Wehr Kleine Weser für den Schutz der Stadt eine wichtige Aufgabe. Ein Abfluss in den Werdersee kann die Weser entlasten und so Schäden verhindern. Kommt das Hochwasser aus südlicher Richtung, kann theoretisch auch ein Ablassen von Wasser in Richtung Weser Deichbrüche am Werdersee verhindern. Seit Inbetriebnahme waren derartige Einsätze aber nicht notwendig. Winde warnt allerdings: "Der Klimawandel kann in Zukunft zu mehr Hochwasserereignissen führen."