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Ausstellung im "Creative Hub" "Zusammen" ist die Devise der Stunde

Das Zusammengehörigkeitsgefühl und dessen Kraft ist Thema von 20 Künstlerinnen und Künstlern aus allen Stadtteilen Bremens, die die Schau "Zusammen" im "Creative Hub" gestaltet haben. Ein Ausstellungsbesuch.
18.07.2022, 05:00 Uhr
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Von Sigrid Schuer

Überraschende Einblicke gewähren 20 Künstlerinnen und Künstler aus allen Stadtteilen Bremens derzeit in der Ausstellung "Zusammen", die bis Ende September im "Creative Hub" in der Friedrich-Karl-Straße zu sehen ist. "Zusammen", der Name ist in Zeiten Programm, in denen große Teile der Gesellschaft zu zerreißen drohen, inspirieren sich die Ateliergemeinschaften doch gegenseitig. Für diese Ausstellung sind allerdings per externer Ausschreibung noch andere Künstlerkolleginnen und -kollegen dazu gekommen."Sie zeigen mittels Malerei, Grafik, Fotografie und Experimentellem persönliche, materielle, konzeptuelle oder inhaltliche Zusammenhänge unserer Welt", erläutert Kuratorin Heike Seyffarth. Für sie sei es immer wieder spannend, wie viele unterschiedliche, künstlerische Handschriften sich im "Creative Hub" versammelten sagt sie.

"Zusammen", das stehe auch für die Vision des "Creative Hub", das Handwerk, Kunst und Startups zahlreiche Kooperations- und Austauschmöglichkeiten biete. Seyffarth ist selbst Künstlerin und hat sich auf computergenerierte Kunst spezialisiert. Das hat etwas Raffiniert-Einfaches, aber auch Klares. In ihrem Werk "Modernes Märchen" türmen sich auf spiegelnd-schwarzem Grund drei verschiedenfarbige Vier- und ein Drei-Eck übereinander. Wer mag das wohl sein? Klar, nach kurzem Überlegen kommt der Betrachtende darauf: Die Bremer Stadtmusikanten. Zwar sei jedes der Tiere ein Individuum für sich, aber letztendlich hätten sie alle zusammen das Stadtmusikanten-Orchester gebildet, sagt die Künstlerin. Gleich daneben hat Seyffarth per Computer ihren Gedanken sozusagen freien Lauf gelassen. Entstanden sind zwölf Gedanken aus zwölf Köpfen, ausgerollt wie der sagenhafte Ariadne-Faden in einem Labyrinth in zwölf Quadraten auf schwarzem Grund.

Ein Lichtbringer

Gleich daneben gibt es ein anderes Zusammenspiel zu entdecken: Heiko Ahrens hat akkurat Dreikanthölzer aus Fichte in einer langen Fläche aneinandergereiht und die eine Seite mit pinker Acryl-Farbe überzogen. Je nach Blickwinkel ergeben sich faszinierende Perspektiven, mal auf langwelliges, flächendeckendes Rot, dann wieder auf eine Jalousienform. Heiko Ahrens bezeichnet sich selbst als Wissenschaftler, Handwerker, Künstler und Macher. Sein Holz-Relief sei in Anlehnung an die Kunstströmungen Konstruktivismus, Op-Art, also optische Kunst, und kinetische Kunst entstanden, erläutert er.

Gleich zu Beginn der Ausstellung findet sich eine weitere, höchst spannende Position. Geschaffen hat sie mit dem künstlerischen Prozess der Lichtmalerei Werner von Buchka. Der pensionierte Ingenieur hat, wie so manch einer seiner Künstler-Kollegen den inzwischen abgewickelten Weiterbildungs-Studiengang "Gestaltende Kunst" an der Hochschule Bremen absolviert. Den Titel trägt seine lang gezogene Fotografie zu Recht: "Lichtbringer". Auf einer Seebrücke vor Dorum hat von Buchka eine Person via Langzeitbelichtung fotografisch verfolgt. So entstanden ist eine Kette von rotgrundierten, gleißend hellen Lichtpunkten, die sich im schwarzen Wattenmeer spiegeln. Die Umsetzung dieser experimentellen Lichtmalerei sei technisch sehr aufwendig, versichert der begeisterte Fotograf.

Wiener Walzer on Ice

Musikalisch wirds in der Nähe von von Buchkas "Lichtbringer". Claudia Gattner hat in ihrem Gemälde "Wiener Walzer on Ice" den Zauber ihrer Lieblings-Eislaufbahn nahe des Johann-Strauß-Denkmals im Wiener Stadtpark eingefangen, inklusive Noten und einem Violinisten. Gattner war von 2012 bis 2017 erste Vorsitzende der freien Kunstschule. Seit diesem Jahr studiert sie, nachdem sie den Weiterbildungs-Studiengang "Gestaltende Kunst" absolviert hat, nun an der Akademie für Malerei in Berlin.

Der fotografischen und der Wortkunst gleichermaßen verbunden fühlt sich die langjährige Journalistin Hildegunde Krawinkel. Nun hat sie ein wenig mehr Zeit, sich ihrer Leidenschaft zu widmen. In ihre filigrane, langzeitbelichtete, gemalte Fotokunst hat sie diese Worte eingeschrieben: "Schiffe tragen Lasten und Träume, künden von Freiheit, binden die Weite, beflügeln Gedanken und stören die Ruhe der Meere". Auch Brigitte Ogiolda nutzt ihre Fotografien, um sie mit organisch gewachsenen Strukturen zu collagieren, daraus ergibt sich ein Verfremdungseffekt. "Es sind Fundstücke, die ich auf Reisen in fremde Länder eingesammelt habe", erläutert sie.

Die große und die kleine Hand

Intimität suggeriert die Kohlezeichnung "to belong" von Timo Willgerod, in der sich zwei Frauen mit geschlossenen Augen ganz nah sind und augenscheinlich dabei wohlfühlen. Die Intimität des Zusammenseins als Kontrast zu apokalyptischen Zeiten und die Gewissheit: "Da ist jemand, der mich auffangen kann". Karin Pörtners filigrane Arbeit "Verbunden", in der sie "Wellenbewegungen" zum Ausdruck gebracht hat, besticht mit der Zerbrechlichkeit ihrer Komposition. Verschiedene Materialien hat sie unter einem weißen Rahmen zu einem Relief kunstvoll miteinander verknüpft, Seidenpapier, Gaze, Filz und Spitzen und sie mit Hilfe von Stiften bemalt.

Besonders anrührend ist das Gemälde "Die große und die kleine Hand". Judith Dannemann hat eben genau das eingefangen: wie eine winzige Kinderhand den Zeigefinger eines Erwachsenen hilfesuchend umklammert. Schön und gelungen auch die Januskopf-Skulptur von Birgit Heimburg, die sich auch mit Platons Mythos vom "Kugelmenschen" künstlerisch beschäftigt hat. Und noch viel mehr Kunst gibt es im "Creative Hub" zu entdecken, unter anderem Kunst, die sich mit dem globalen Süden auseinandersetzt, etwa von Karin Bredow.

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Info

Die Ausstellung "Zusammen" ist bis zum 28. September im "Creative Hub", Friedrich-Karl-Straße 54 (ehemalige Professor-Hess-Kinderklinik), zu sehen. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag, 9 bis 21 Uhr, Sonnabend 11 bis 21 Uhr, Sonntag, 12 bis 19 Uhr. Der Eintritt ist frei.

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