Seine ersten Geschäfte hat Kiarash Hashemi auf dem Schulhof des Lloyd-Gymnasiums in Bremerhaven gemacht – wenn auch in vorerst bescheidenem Umfang. „Mit 14 habe ich meine ersten Beats auf dem USB-Stick für 50 Euro verkauft. Das lief alles per Handschlag“, erinnert sich der heute 25-Jährige Produzent an die Anfänge seiner Karriere im Musikbusiness.
Leidenschaftlicher Deutschrap-Fan
Dafür hatte der leidenschaftliche Deutschrap-Fan zu Hause am Computer die instrumentellen Parts von Musikstücken zusammengebastelt, die Rapper und Sänger dann zu kompletten Songs mit Texten formten. Hashemi stellte seine Produktionen in einschlägige Internetforen, wo man sie anfangs noch kostenlos herunterladen konnte. Im Laufe der Zeit stieg die Zahl der Downloads in die Hunderttausende und der junge Mann aus Drangstedt im Landkreis Cuxhaven, der als Baby mit seinen Eltern aus dem Iran nach Deutschland kam, merkte, dass man mit Musik Geld verdienen kann.
Der Rest der Erfolgsgeschichte wurde schon mehrfach erzählt: Hashemi, der in Bremerhaven aufwuchs, bekam immer mehr Anfragen von renommierten Rappern wie Alpa Gun, Kool Savas und dem wegen Antisemitismus-Vorwürfen umstrittenen Kollegah. 2020 schloss er einen Vertrag mit dem Weltkonzern Universal ab, 2022 generierte er mit einer Version von Nino Rotas Musik zum Film „Der Pate“ eine halbe Milliarde Aufrufe. Genutzt wird der Sound von „The Voice of Germany“, vom Fußballer Ronaldinho und einer berühmten Pornodarstellerin. „Wo meine Stücke überall verwendet werden, sehe ich immer nur, wenn ich die Tantiemenrechnung von der Gema bekomme“, sagte Hashemi dem WESER-KURIER in einem früheren Interview.

Der Bremer Musikproduzent und Unternehmer Kiarash Hashemi.
Im vergangenen Jahr vertonte der Musiker schließlich die Dokumentation „Deutsche Breaking Bad – Vom Bauernhof zum Drogenlabor“. Eine gut dotierte, aber auch musikalisch herausfordernde Aufgabe, da er nicht nur die üblichen Hip Hop-Beats, sondern auch Melodien entwickeln musste.
Nun hat Kiarash Hashemi seine Aktivitäten in der Musikbranche weiter diversifiziert. Mit seinem Geschäftspartner Isa Calis hat er die Booking-Agentur KI-Booking gegründet, die die Räume einer Solarfirma in der Bremer Überseestadt mitbenutzt, die Calis ebenfalls betreibt.
Beim Interview in einem zweckmäßig eingerichteten Besprechungsraum mit Topfpflanzen und Blick auf einen Supermarktparkplatz erzählt Hashemi, wie er zu KI-Booking kam: „Vor zwei Jahren habe ich wieder angefangen, Clubshows und Konzerte von Musikern zu besuchen, die ich schon kannte“. Netzwerken ist gerade auch in der Musikbranche mit ihren unzähligen Freiberuflern essenziell.
Irgendwann fiel bei einem Konzert des Deutschrappers AK Ausserkontrolle in Cuxhaven der Booker aus und Hashemi sprang spontan ein. Die Abläufe kannte er bereits: Künstler abholen und zum Hotel bringen, einchecken und zur Ruhe kommen lassen, zum Soundcheck fahren, Setliste schreiben. „Einfach checken, dass alles passt“, skizziert Hashemi den Aufgabenbereich.
Bei dem Konzert in Cuxhaven hat alles gepasst und so sprach sich herum, dass Hashemi nicht nur ein Gefühl für griffige Beats hat, sondern auch organisieren und planen kann. Künstler ohne feste Booking-Agentur beauftragen ihn nun gegen Provision, ihre Konzerte zu begleiten. Sein Radius bewegt sich dabei zwischen Cuxhaven, Hamburg, Bremen und Hannover.
Auf Anraten seines Kompagnons Isa Calis hat Hashemi das Geschäft mit der Firma KI-Booking (K für Kiarash, I für Isa) offiziell gemacht und eine GmbH angemeldet. Inzwischen kommen auch Beratungsanfragen aus den Clubs, welche Musiker Hashemi für einen Auftritt dort empfehlen würde. Es gehe ihm auch darum, Fehlbuchungen zu vermeiden. „Bei manchen Shows hatte ich schon vorher Bauchschmerzen, dass dieser Künstler niemals genug Leute anziehen wird“, erklärt er die teils schwierigen Bedingungen im Livemusik-Geschäft.
Deutschrap ist zwar längst im Mainstream angekommen und die Acts spielen in größeren Konzerthallen, aber nur weil jemand vor fünf Jahren mal einen Hit hatte, garantiert das laut Hashemi noch lange keine ausverkaufte Show. „Wir wollen wissen, wer den Club vollmacht und wer sich lohnt für das Geld“, erklärt er. So habe sich ein vertrauensvolles Verhältnis zu den Veranstaltern entwickelt.
Isa Calis und Kiarash Hashemi haben dann ein Unternehmensprofil, eine Art Katalog, entwickelt: Welche Musiker kennen sie, zu welchen Clubs in Norddeutschland haben sie Verbindungen, welche anderen Leute aus der Musikbranche kann man auf Provisionsbasis mit ins Boot holen? Auch ein Künstler-Ranking mit gewissen Kriterien haben sie erstellt. Wer ist gerade angesagt? Wer hat welche Reichweite? Wer kostet wie viel? Zwischen 20 und 30 Musiker sowie fünf bis zehn DJs sind im Pool von KI-Booking. Feste Verträge mit den Künstlern gibt es nicht.
Kiarash Hashemi geht es vor allem um Transparenz. „Die Booking-Agenturen kassieren Geld von den Clubs und zahlen einen bestimmten Betrag an die Musiker. Die wissen oft gar nicht, was die Agenturen verdient haben, und der Club weiß nicht, was ein Musiker eigentlich ohne die Agentur gekostet hätte“, erklärt er das nicht selten klandestine Gebaren im Musikgeschäft. Bei den Provisionen versucht seine Agentur mit offenen Karten zu spielen, also klarzumachen, wer eigentlich was wofür bekommt.
Zudem versucht er, bei jedem Konzert noch etwas Besonderes anzubieten: ein Treffen mit Fans nach der Show, Videos mit den Musikern für Social Media, ein Besuch beim lokalen Radiosender. Letztendlich geht es auch im künstlerisch-kreativen Bereich um Alleinstellungsmerkmale gegenüber den Wettbewerbern.
Für Kiarash Hashemi ist seine Agentur ein weiterer Geschäftszweig. Er braucht die Abwechslung, managt junge Künstler, übernimmt das Mastern und Abmischen von Aufnahmen und produziert weiterhin professionell Beats für andere Musiker. Aber er weiß auch: „Auf Knopfdruck kann ich nicht kreativ sein“.