Der Weltcontainerumschlag bis August um ein Prozent zugelegt - verglichen mit dem Vorjahr. So hat es das Bremer Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) verkündet. Zu den Gewinnern zählen demnach in erster Linie Häfen in Ländern, die man mit Ausnahme der US-Ostküste nicht zu den Top-Industrieregionen der Welt zählt - sie verzeichneten einem überdurchschnittlichen Wachstum. Zu den Verlierern zählen sowohl die großen Containerhäfen in Südeuropa sowie die sogenannten Häfen der Nordrange. Und beim Vergleich mit Antwerpen und Rotterdam hat Bremerhaven dabei mehr Verluste zu verzeichnen als die anderen. Davon war auch die Jahres-Hafenbilanz der bremischen Häfen an diesem Montag geprägt.
So ist in Bremerhaven der Containerumschlag nach Angaben des Hafenressorts um 8,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zurückgegangen. Auch der seeseitige Gesamtgüterumschlag verzeichnete mit 64,5 Millionen Tonnen ein Minus von 7,4 Prozent. Im Automobilumschlag wird für das Jahr 2022 mit 1,6 Millionen Fahrzeugen gerechnet. Das entspricht einem Minus von 4,4 Prozent.
Auch Rotterdam verliert
Auch die anderen Nordrange-Häfen haben Ladung im Containersegment verloren - allerdings nicht in dem Umfang wie Bremerhaven: Im niederländischen Rotterdam belief sich der Rückgang beispielsweise in den ersten neun Monaten auf 4,4 Prozent in der Anzahl der Standardcontainer (20-Fuß-Container). Das Umschlagvolumen an den Hamburger Containerterminals lag im gleichen Zeitraum um 2,3 Prozent unter dem Vergleichswert des Vorjahres.
Die weltweite Konjunkturschwäche und die wirtschaftlichen Auswirkungen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hätten die bremischen Häfen im Jahr 2022 vor Herausforderungen gestellt, so Häfensenatorin Claudia Schilling (SPD). Auch in diesem dritten von der Corona-Pandemie geprägten Jahr hätten sich Störungen in den globalen Lieferketten auf die Häfen ausgewirkt, verursacht vor allem durch die chinesische "Null-Covid-Politik". Zugleich beeinflussten die Sanktionen gegen Russland und die Kriegsfolgen die weltweiten Warenströme und die Containerlogistik. "Die Kajen und Terminals in Bremen und Bremerhaven sind systemrelevant", so die Häfensenatorin. "Das haben uns in den vergangenen Monaten die Energiekrise als Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine und die immer noch starken Auswirkungen der Pandemie noch einmal sehr deutlich gemacht."
Eurogate mit weniger Containern an allen Standorten
Der Wettbewerb um Containermengen werde ständig härter. So hätten die Umschlagsmengen in diesem Jahr an allen deutschen Eurogate-Terminals hinter den Erwartungen zurückgelegen, sagte Frank Dreeke, Vorstandsvorsitzender der BLG Logistics Group, an deren Kommanditgesellschaft die Stadt Bremen sämtliche Anteile hält. Bei der BLG wird der Geschäftsbereich Container durch die Hälfte der Geschäftsanteile am Terminalbetreiber Eurogate repräsentiert. „Die Branche verzeichnet strukturelle und dauerhafte Veränderungen." Die weitere Umsetzung der Transformation für eine stabile Zukunft von Eurogate sei und bleibe also unabdingbar. Dabei gehe es unter anderem um den Ausbau von Digitalisierung und Automatisierung.
Aus Sicht der BLG gibt es aber auch positive Nachrichten: Der Neustädter Hafen, der einzige Universalhafen im Land Bremen und Europas größter Terminal für Stück- und Schwergut, bleibt aus Sicht des Logistikunternehmens weiterhin eine wichtige Drehscheibe für Breakbulk-Verkehre nach Nordamerika. Das umgeschlagene Volumen lag Ende November laut dem Bericht bei 1,44 Millionen Tonnen. Die BLG erwartet, dass es bis Jahresende rund 20 Prozent über dem Volumen des Vorjahres liegen wird. Auch mit der Kontraktlogistik, bei dem der Dienstleister langfristig logistische und logistiknahe Aufgaben eines Unternehmens übernimmt, ist der BLG-Chef zufrieden: Das Unternehmen sei in diesem Segment mittlerweile an über 40 Standorten in ganz Deutschland und der Welt tätig. Konkrete Unternehmenszahlen dazu veröffentlicht die BLG im Frühjahr.
BHV fordert Kooperation der norddeutschen Seehäfen
Die Bremische Hafen- und Logistikvertretung (BHV) forderte als Unternehmensverband die Politik auf, sich für die Kooperation der norddeutschen Seehäfen einzusetzen. „Dieses reine Standortdenken, jeder kümmert sich da um seinen Kram, das können die einzelnen Bundesländer unserer Meinung nach morgen und übermorgen nicht mehr selber leisten“, sagte BHV-Vorstandsmitglied Christoph Holtkemper. Von der Bundesregierung brauche es mehr Geld, damit deutsche Häfen mit den erfolgreichen Häfen in Rotterdam und im belgischen Antwerpen konkurrieren könnten.
Aus Sicht der für die Infrastruktur zuständigen städtischen Tochter Bremenports habe der Senat in diesem Jahr mit seinem Hafenentwicklungskonzept 2035 ein ambitioniertes Zukunftsprogramm verabschiedet. Die Umsetzung der formulierten Ziele werde den Hafen im kommenden Jahrzehnt massiv verändern, so Bremenports-Chef Robert Howe: "Die Häfen müssen wirtschaftlicher, nachhaltiger, digitaler und klimaneutral werden." Daraus resultiere ein Arbeitspaket, das nur in einer gemeinsamen Anstrengung aller Akteure im Hafen zu bewältigen sein werde.