Fregatten-Neubau Bremer Lürssen-Werft profitiert vom größten Fregattenbau-Auftrag

Start für den Bau der vier Fregatten F126 - dem bislang größten Auftrag der Deutschen Marine. Generalunternehmer ist die niederländische Damen Ship­yards. Partnerunternehmen ist die Bremer Lürssen-Gruppe.
05.12.2023, 18:58 Uhr
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Bremer Lürssen-Werft profitiert vom größten Fregattenbau-Auftrag
Von Peter Hanuschke

Es ist der größte Auftrag, den die Deutsche Marine bislang erteilt hat. An diesem Dienstag erfolgte der Baustart für die vier Fregatten der Klasse 126. Kosten: Über fünf Milliarden Euro – zumindest wurde diese Summe bei der Auftragsvergabe 2020 veranschlagt. Den Hut hat bei diesem Projekt allerdings nicht ein deutsches Schiffbauunternehmen, sondern die niederländische Damen Ship­yards auf.

Ganz leer gehen deutsche Werften aber nicht aus: Beteiligt als Partner sind unter anderem auch Blohm + Voss in Hamburg sowie die Peene-Werft in Wolgast. Beide Unternehmen gehören zur Bremer Unternehmsgruppe Lürssen, die sich offiziell als Naval Vessels Lürssen Group (NVL) bezeichnet. Außerdem gehört der französische Rüstungskonzern Thales mit seinem deutschen Standort in Kiel zum Konsortium. Von Thales kommt das Waffeneinsatzsystem. Nach früheren Angaben will Damen den Auftrag mit seinen Partnern und unter Einbindung der German Naval Yards Kiel so abwickeln, dass rund 80 Prozent der gesamten Nettoinvestitionen als Wertschöpfung in Deutschland verbleiben.

Wo werden die Fregatten gebaut?

Die reine Baufertigung der 166 Meter langen Mehrzweckkampfschiffe, die in der Ausschreibung zunächst namentlich als MKS 180 geführt worden, findet laut Damen in Wolgast, Kiel und Hamburg statt. Stahlarbeiten und Vorausrüstung für das Hinterschiff erfolgen nach Angaben des Generalunternehmens auf der Peene-Werft in Wolgast.

Das Vorschiff wird bei German Naval Yards in Kiel gefertigt, dort mit dem Hinterschiff verbunden und auf dem Seeweg zum NVL-Standort Blohm+Voss nach Hamburg geschleppt. Die finale Ausrüstung, Inbetriebnahme, Erprobung und Auslieferung sowie Ausrüstung der Bordsysteme finden dann bei Blohm+Voss statt. Außerdem sind die Industrie-Partner auch an der Errichtung der für Training und Ausbildung nötigen Landanlagen beteiligt. Das Schiffsdesign kommt von Damen.

2028 soll planmäßig das erste Schiff an die Deutsche Marine übergeben werden. Nach früheren Bundeswehrangaben ist die Schiffsklasse als Allzweckwaffe konzipiert. Die Schiffe sollen demnach überall auf der Welt und für lange Zeit im Einsatz sein können und etwa Embargos überwachen oder sich auch gegen andere Kriegsschiffe oder U-Boote durchsetzen können. Es besteht eine Option für eine mögliche Lieferung von zwei weiteren Schiffen in den Jahren nach 2032.

Wie viele Unternehmen profitieren von dem Auftrag?

Von dem Milliardenauftrag sollen außerdem über 100 kleine und mittelständische Unternehmen insbesondere aus dem Maschinen- und Anlagenbau sowie aus der maritimen Wirtschaft in nahezu allen Bundesländern von Unteraufträgen profitieren. Dazu gehört etwa der Bremer Sonartechnik-Spezialist Atlas Elektronik. Das Unternehmen gehört seit 2017 zu Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS). Atlas Elektronik rüstet die Fregatten mit U-Boot-Jagd-Technik aus. Dabei wird für die Missionsmodule nach eigenen Angaben die neueste aktive und passive Sonartechnologie von Atlas Elektronik eingesetzt. Zum Umfang des Beschaffungsvertrages gehört auch die Bereitstellung einer entsprechenden Landanlage für die vorbereitende und unterstützende Ausbildung der Marine.

Im Juni 2020 hatten Damen und das deutsche Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) den Vertrag für den Entwurf und Bau der vier Mehrzweckkampfschiffe unterzeichnet. Die Vertragsunterzeichnung ist das Ergebnis einer seit 2015 durch das BAAINBw durchgeführten europaweiten Ausschreibung. Letzteres hatte zu massiver Kritik aus Industrie und Politik in Deutschland geführt: Mit der europaweiten Ausschreibung sollte Druck auf die lokalen Werften ausgeübt werden. Bis dahin hatte Deutschland derartige Rüstungsaufträge wie andere Länder national vergeben.

Der Marine-Überwasserschiffbau wurde inzwischen von der Bundesregierung als Schlüsseltechnologie eingestuft. Es bleibt dennoch abzuwarten, ob das Verteidigungsministerium bei der nächsten Ausschreibung zur bisherigen nationalen Auftragsvergabepraxis zurückkehrt oder doch mit Partnerländern aus der Nato kooperiert. Gesucht wird für die Fregatten des Typs F124, die zur Abwehr ballistischer Flugkörper im Einsatz sind, Mitte des nächsten Jahrzehnts ein Nachfolgemodell. Bislang steht die Bezeichnung fest: Fregattenklasse 127.

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