Altstadt. Pop-Art in Form von Pop-Star-Porträts ist eine der beliebtesten Kunstrichtungen des 20. Jahrhunderts. Andy Warhol und Roy Lichtenstein waren zwei der ganz Großen der Szene. Jetzt malen auch die Brüder Jankowski Stars. Boleslaw und Kazimierz Jankowski sind 67 beziehungsweise 70 Jahre alt und gehören sicher nicht zu den Malern, die ihre Ideale nach dem Wind des Marktes ausrichten. Warum also porträtieren sie Udo Lindenberg, John Lennon und Marilyn Monroe?
Im Gespräch mit den sympathischen Künstlern kommt man keine fertige Antwort, sondern weitere Fragen. Einer von ihnen sagt: “Nicht jeder, der malt, ist ein Künstler.“ Die Jankowskis allerdings sind Künstler, sie haben diesen geheimnisvollen Antrieb, der sie zum Arbeiten zwingt. Und sie können etwas. Sie bringen kraftvolle Bilder auf die Leinwand und sie scheuen sich auch nicht, Skizzenhaftes zu zeigen. Im Ausspann, Schnoor 1-2, präsentieren sie ab diesem Donnerstag, 8. Juni, um 19 Uhr Pop-Art.
Anarchistisch und analytisch
Da sind Bilder von John Lennon und Marilyn Monroe, da hängen zum Beispiel Mick Jagger, Brian Jones, Jimi Hendrix und Udo Lindenberg. Was ist das Verbindende? Sie alle sind Stars. Was macht einen zum Star? Wieso müssen die Jankowskis auch ihre famosen Bilder für kleines Geld verkaufen, während anderen die Leinwand vergoldet wird? Was macht einen zum Star? Boleslaw und Kazimierz Jankowski verstehen sich als Partisanen der Kunst. Auf die Frage, ob sie vielleicht eher Party-sanen sind, lachen sie herzlich. Die Brüder haben Humor. Kazi nennt seinen Bruder einen anarchistischen Maler, und Bole nennt den Kazi einen analytischen Maler.
Da könnte was dran sein. Boleslaw Jankowski war Schlosser beim Bremer Vulkan, bevor er zur Malerei kam. Sein Bruder hat an der Hochschule für Künste (HfK) Bremen Malerei studiert. Interessant ist, dass ihre stärksten Arbeiten gemeinsam entstanden sind. Da wird schon einmal Schicht um Schicht aufgelegt, bis einer die entscheidende Veränderung vornimmt und sie das Bild dann gemeinsam für fertig erklären. Manche Arbeiten wirken äußerst ausgefeilt, andere eher krude – und beides funktioniert. Beides verfehlt seine Wirkung nicht.
Beide Brüder arbeiten gern mit Vorgefundenem. Sie nehmen Dinge, die andere weggeworfen haben, und benutzen sie als Rohstoff. Sie übermalen sie und nehmen sie so in Besitz. Das können alte Bilder sein, das können Skulpturen sein, die ausgesondert wurden, oder einfach Dinge, die auf dem Sperrmüll gelandet sind. Trash-Art? Wohl eher nicht. Die Jankowskis brauchen kein Etikett. Sie malen einfach. Ihre Namen deuten auf eine polnische Herkunft, doch sie sprechen Deutsch mit bremischem Akzent – aber ihre persönliche Geschichte deutet auf eine gewisse Zerrissenheit hin.
Ihre Mutter war während des Zweiten Weltkriegs von den Nazis aus Polen nach Süddeutschland verschleppt worden, wo sie in einer Munitionsfabrik arbeiten musste. Nach dem Krieg traf sie dort ihren späteren Mann. Die beiden hätten nicht gewagt, in ihre Heimat zurückzugehen, denn ehemalige Zwangsarbeiter seien damals bei ihrer Rückkehr nach Polen wie Verräter behandelt worden, sagen die Söhne. Die Brüder lernten Deutsch ihrer Erinnerung nach erst, als sie in die Schule kamen. Ihr Vater ging später nach Kanada. Geplant war, dass die Familie nachkam, doch daraus wurde nichts. Die Brüder sind gleichsam auf halbem Wege in Bremen gelandet und sind Bremer geworden.
Auf der Vernissage wird Kazimierz Jankowski am Klavier improvisieren. Kazimierz Jankowski wird eigene Texten lesen. Ein Auszug aus „Wen die Götter lieben“: "Er wachte auf. Wie ein nostalgischer Flash-Back. Kein schweißgebadeter Alp-Traum, fast wie eine Reinkarnation. Keiner kommt hier lebend raus aus diesem Tunnel, aus diesem Elend der Zivilisation. Die menschliche Kreatur verfällt zur Asche, zum Nichts. Was ist Nichts? Nur ein Wort, eine Erfindung des Gehirns. Dem Elend zu verfallen, wäre traurig und ekelig. Ich bin der Liebe verfallen.“