Bremische Einflüsse auf die Weltliteratur förderte der Vortrag von Gästeführerin Christine Renken in der Vegesacker Stadtbibliothek zutage. Sie erinnerte daran, dass es sich bei der literarischen Figur des Robinson Crusoe um den Sohn eines nach England ausgewanderten Bremer Kaufmanns namens Kreutznaer handeln soll.
Im Regelfall bietet die Veranstaltungsreihe Punkt 11 der Vegesacker Stadtbibliothek Bremer Autoren ein Forum für die Präsentation eigener Werke. Christine Renken drehte den Spieß jedoch um und referierte über die Rolle Bremens in den Werken fremder Autoren.
Wer einmal an einer der Stadtteilführungen der Chefin des Theater Interaktiwo in ihren Paraderollen als Matrose Fiete oder des mitteilungsbedürftigen Hein Looper teilgenommen hat, weiß um ihre profunde Sachkenntnis der bremischen Geschichte. Im Rahmen jahrelanger Recherchearbeiten hat sich Christine Renken dieses Wissen angeeignet. So verlief der literarische Streifzug durch die Bremer Geschichte, den Renken gemeinsam mit zahlreichen Zuhörern im voll besetzten Leseraum der Bibliothek unternahm, nach einem ähnlichen Muster wie eben diese Stadtteilführungen.
„Na, wer ist dieser schmucke junge Mann hier?“ fragte Renken alias Hein Looper ihre Zuhörer in regelmäßigen Abständen. Dabei hielt sie jeweils eine alte Fotografie in die Höhe, um daraufhin immer wieder bestätigt zu bekommen, dass die Gesichter Tami Oelfkens, Alma Rogges und Hermann Allmers, um nur einige zu nennen, nicht ansatzweise so vertraut sind, wie deren Namen.
Wie bei ihren Stadtführungen konnte Christine Renken zahlreiche Begebenheiten aus dem Leben der porträtierten Personen erzählen und förderte dabei neben bekannten Fakten auch manch kuriose Anekdoten und vergessene Fakten zutage. Entnommen hat sie diese Episoden unter anderem Arbeiten des Nordbremer Heimatforschers Ulf Fiedler. Fiedler wusste über den in späten Lebensjahren in Blumenthal lebenden Schriftsteller Manfred Hausmann, dessen Roman „Abel mit der Mundharmonika“ mehrfach verfilmt wurde, unter anderem zu berichten, dass er nicht nur einst als Redakteur bei der Weser-Zeitung arbeitete, sondern auch ein leidenschaftlicher Fußballfan war – was sein Sohn Martin Hausmann, der sich bei Renkens Vortrag im Publikum befand, bestätigen konnte.
Christine Renkens Ausführungen beschränkten sich jedoch nicht auf Bremer Autoren, sondern förderten auch bremische Einflüsse auf die Weltliteratur zutage. So erinnerte sie unter anderem daran, dass es sich bei der literarischen Figur des Robinson Crusoe um den Sohn eines nach England ausgewanderten Bremer Kaufmanns namens Kreutznaer handele. Den Grund für diesen Umstand vermutete Renken alias Looper in geschäftlichen Beziehungen, die Crusoe-Autor Daniel Defoe vor seiner Schriftstellerkarriere in die Hansestadt unterhielt. Ebenso spielten demnach zwei Fälle des Kommissars Jules Maigret, verfasst vom belgischen Schriftsteller Georges Simenon, auf bremischem Boden.
Auch die Karriere der Schweizer Schriftstellerin Johanna Spyri, gebürtige Johanna Louise Heusser, trage maßgeblich bremische Züge, war es mit Cornelius Rudolph Vietor doch ein vormaliger Blumenthaler Hilfspastor und späterer Pastor der Bremer Kirche „Unser Lieben Frauen“, der das schriftstellerische Talent Heussers als erster erkannte und sie zu der Veröffentlichung erster Erzählungen über ein Bremer Verlagshaus motivierte.
Mit Hermann Allmers heute zumeist nur noch in digitaler Form erhältlichen „Römischen Schlendertagen“ förderte Christine Renken alias Hein Looper noch ein echtes literarisches Kleinod zutage, in dessen Rahmen der Sandstedter Autor die italienische Hauptstadt aus einer typisch norddeutschen Perspektive beschrieb. „Lesen Sie es, und sie werden Rom mit ganz anderen Augen sehen“, empfahl Renken ihren Zuhörern.
Für den Vortrag hatten Christine Renken und ihre Kollegin Karoline Lentz Extra-Recherchen betrieben: „Einige Informationen konnten wir aus den Stadtführungen übernehmen, auf andere sind wir im Zuge unserer Vorbereitungen mehr oder minder zufällig gestoßen. Allmers „Römische Schlendertage“ waren zum Beispiel ein echter Glückstreffer“, erklärte Renken.
Die Initiative zu dem literarisch-historischen Streifzug sei maßgeblich auf den Leiter der Stadtteilbibliothek, Martin Renz, zurückzuführen. „Ich habe für die Gestaltung der Veranstaltungsreihe einfach den E-Mail-Bestand meiner Vorgängerin durchforstet und Anfragen verschickt“, kommentierte Martin renz. Diese stießen bei Renken und Lentz auf Gegenliebe: „Für den Winter wollten wir uns nach Alternativen zu den bewährten Stadtteilführungen umsehen. Zu dem Zeitpunkt konnten wir ja noch nicht ahnen, dass wir keinen Winter kriegen“, stellt Renken schmunzelnd fest.