Urban Gardening nennt sich eine Idee, die vor allem Städter kennen. Sie betätigen sich als Gärtner, auch wenn sie keinen eigenen Garten haben. Gemüse bauen sie eben an anderen Orten an. Dazu gehört nicht zuletzt auch der Balkon.
Das mag beim klassischen Hobbygärtner mit eigenem Grundstück Verwunderung hervorrufen. Schließlich ist das Begrünen der Balkone nicht neu. Anders sei, dass statt Zierpflanzen mit hübschen Blüten immer häufiger Gemüse und Obst auf noch so kleinen Balkonen wächst, erläuterte Peter Botz vom Verband Deutscher Garten-Center am Rande der Gartenmesse Spoga+Gafa in Köln. Dafür wird sogar wertvoller Platz für Sitzplätze geopfert.
„Es gibt spürbar mehr Gartengestaltung in den Städten. Gerade die jungen Leute haben Lust am Gärtnern“, sagt der Experte. „Aber das ist nicht typischerweise der Balkonkasten mit Geranien, sondern eher der Nutzgarten.“ Und das verwundert sogar Gartenprofis wie Botz. „Wir haben eigentlich gedacht, dass der Nutzgarten stirbt. Keiner will mehr Kartoffeln anbauen – die Last, die Mühe, die Arbeit.“
Doch es geht dabei nicht um den Gemüseanbau zum Überleben oder um die vollständige Selbstversorgung. Vielmehr sei es ein tolles Extra, etwa frische Tomaten selbst vom eigenen Balkon zu ernten und diese zum gekauften Salat zu geben, sagt Botz. Daher müsste man eigentlich vom Nasch- statt Nutzgarten sprechen: Cocktailtomaten, kleine Paprikas sowie Himbeeren und Erdbeeren werden am liebsten gleich von der Pflanze genascht – von der Hand direkt in den Mund. „Eine Tomate, die man direkt vom Strauch isst, den Geschmack kennt man aus dem Supermarkt nicht.“
Die Branche hat das steigende Interesse inzwischen aufgegriffen, das Sortiment der Balkongemüse wächst und wächst. Dies liegt nicht nur daran, dass sich für den kleineren Raum kompaktere Wuchsformen als im Gartenbeet anbieten. Auch habe vielen Stadtgärtnern das Angebot nicht mehr ausgereicht, erläutert der Branchenkenner. „Viele Leute experimentieren hier gerne mit der Vielfalt: Sie wollen viele Kräuter anbauen, verschiedene Tomatensorten und Schärfegrade von Chilis ausprobieren.“
Viele Hersteller haben auf den Trend reagiert und nun Gewächshäuser speziell für den Balkon oder andere kleine Räume im Sortiment. „Ich bin mir aufgrund der sichtbar steigenden Nachfrage nach Gewächshäusern für den Balkon ziemlich sicher: Wir stehen am Anfang einer neuen Welle.“