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"Wir wollen machen, was wir wollen" Die Mando-Diao-Frontmänner veröffentlichen mit Caligola ihr erstes Album

Aus Freude an der Kunst: Björn Dixgård und Gustaf Norén befreien sich mit Caligola von den Fesseln, die ihnen Mando Diao angelegt haben.
02.03.2012, 00:00 Uhr
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Von Claudia Nitsche

Aus Freude an der Kunst: Björn Dixgård und Gustaf Norén befreien sich mit Caligola von den Fesseln, die ihnen Mando Diao angelegt haben.

Caligola ist die neue Band von Björn Dixgård und Gustaf Norén? Falsch! Caligola ist ein in den 70er-Jahren gegründetes Künstlerkollektiv, auf das 2008 auch die beiden Frontmänner der schwedischen Rockband Mando Diao aufmerksam wurden. Dixgård und Norén schlossen sich dem Netzwerk aus Musikern, Malern und Regisseuren an und begaben sich in der Folge unter anderem mit Gospelsängerin LaGaylia Frazier und den schwedischen HipHop-Pionieren Salla und Chepe Salazar ins Tonstudio. Beim Interviewtermin zur Veröffentlichung des ersten Caligola-Albums "Back To Earth" sind die Mando-Diao-Stars kaum wiederzuerkennen: Im mystischen schwarzen Umhang stehen sie da, umgeben von einem Maler, der unbeeindruckt vom Geschehen seine Bilder zeichnet. Ein merkwürdiges Szenario, das Björn Dixgård und Gustaf Norén allerdings sehr zu genießen scheinen. Im Gespräch verraten sie, warum.

teleschau: Ihr tragt neuerdings schwarze Kutten und Kapuzen. Ein ungewohnter Anblick.

Gustaf Norén: Ja. Und deswegen wollen wir erst mal klären, was Caligola nicht ist: Es ist keine Sekte! Es ist ein Netzwerk, eine Gemeinschaft, all so was, aber nichts Religiöses.

Björn Dixgård: Eine Gemeinschaft, die bereits vor vielen Jahren erwachte.

Norén: Es war absolut richtig, dass wir uns Caligola anschlossen. Künstler leben mit dem Teufel, den sie riefen. Mit der Zeit bildet sich dein Image - und nach einer Weile wird dieses Bild von dir zu einem Problem. Caligola hat uns geholfen, das zu beseitigen.

teleschau: Wie meint Ihr das?

Norén: Es ist geil, diese Kapuze hier aufzusetzen und zu malen. Denn mit ihr ist es viel leichter, alberne Dinge zu zeichnen (setzt die Kapuze auf). Das hat gepasst wie die Faust aufs Auge. Wir wollten unsere Fesseln lösen.

teleschau: Wodurch sind die denn entstanden?

Norén: Mando Diao sind eine Band. Dieses Konzept stammt aus den 70-ern und wurde von den Beatles erfunden. Ein starres und altmodisches System, das festlegt: Diese vier oder fünf Leute sind fixer Bestandteil. Welcher Regisseur arbeitet immer mit den gleichen Leuten? Wir werden verpflichtet, jeden Film mit den gleichen Schauspielern zu bestreiten.

teleschau: Und Caligola bedeutet Abwechslung?

Norén: Caligola heißt Gleichheit und Gerechtigkeit. Derjenige, der das Video dreht und diese Kapuzen hier näht, ist genauso wichtig wie alle anderen. Der Sänger wird nicht hervorgehoben, deswegen tragen wir auch die Kapuzen.

teleschau: Hadert Ihr manchmal mit Eurer Mando-Diao-Karriere?

Norén: So krass kann man das nicht formulieren. Wir wollten die Band ja auch absolut haben. Doch dann existierten plötzlich Regeln, an die wir uns halten sollten. Als wir unseren Schlagzeuger gefeuert haben, fragten die Leute: Ist das Mando Diao? Als Björn eine Solotour machte, fragten die Leute wieder: Ist das Mando Diao? Was zum Teufel bedeutet diese Frage? Wir wollen machen, was wir wollen. Regeln sind Horror in der Kunst.

teleschau: Verständlich, dass Ihr mal etwas anderes machen wolltet. Aber warum seid Ihr beide diesen Weg wieder gemeinsam gegangen?

Dixgård: Wir sind halt Seelenverwandte, dagegen kommen wir nicht an.

Norén: Wir konsultierten schon zahlreiche Ärzte, darunter auch Spezialisten für siamesische Zwillinge. Keine Chance auf eine Trennung (lacht). Aber der positive Effekt: Alle Dinge sind viel einfacher, wenn du so zusammenpasst wie wir. teleschau: Werdet Ihr Euch zukünftig verstärkt auf Caligola konzentrieren?

Dixgård: Nein. Wir haben mit Mando Diao sogar ein paar Songs aufgenommen und einen neuen Vibe gespürt. Caligola entkrampfte uns.

Norén: Caligola berührt Mando Diao auf positive Weise.

Dixgård: Aber das funktioniert auch umgekehrt, auch Mando Diao befruchtet Caligola. Außerdem kam ich mit neuen Musikstilen in Kontakt! Daran will ich festhalten. Begeistert war ich auch davon, dass vor der Veröffentlichung rund 15 Künstler zu uns kamen und sich für die Covergestaltung anboten. Dafür muss man sonst Leute bezahlen!

teleschau: Apropos bezahlen: An wen gehen denn die Einnahmen der Platte?

Norén: (lacht) Genau, es geht ja immer ums Geld! Und es ist in diesem Fall ganz einfach: Alles Geld, das reinkommt, geht an Caligola.

teleschau: Zu den Leuten, die beteiligt waren?

Norén: Eben zu Caligola, zu den Projekten. Caligola atmet den Geist der Hippies, liebt alles, außer Politik. Die Kunst hasst generell Politik und Ökonomie.

teleschau: Kann man vom Albumnamen "Back To Earth" ableiten, dass Ihr auf die Erde zurückgebracht werden musstet?

Norén: Es ist ein Wortspiel. Als Caligola wollen wir den Scheinwerfer drehen und in die dunklen Ecken des Menschen leuchten. Auch in unsere eigenen! Für uns als Künstler ist dabei die Anonymität wichtig, weil wir auf diesem Weg mit unseren tiefsitzenden Problemen umgehen können.

teleschau: Deswegen tragt Ihr in der Öffentlichkeit auch die Kutten.

Norén: Ja, sie stehen für die Gleichheit, wahren die Anonymität. Mit dieser Musik, die leicht und fröhlich ist, bringen wir Licht in die Dunkelheit. Im Schutz der Namenlosigkeit kann man Traumata, Scham, Schuld und Ängste aufarbeiten. Das genießen wir gerade sehr.

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