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IHK-Betriebe in der Region Unternehmen fehlen vor allem die Fach- und Nachwuchskräfte

Die IHK-Betriebe in der Region blicken mit einigen Sorgen auf die aktuelle konjunkturelle Lage. Was die einzelnen Branchen umtreibt.
11.03.2024, 17:00 Uhr
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Unternehmen fehlen vor allem die Fach- und Nachwuchskräfte
Von Eike Wienbarg

Landkreis Diepholz. Die Firmen im Bereich der Industrie- und Handelskammer (IHK) im Landkreis Diepholz blicken mit einigen Sorgen auf die aktuelle konjunkturelle Lage. Sowohl im vergangenen Jahr als auch aktuell treibt die Geschäftsleute vor allem eines um: "Über alle Branchen hinweg ist das größte Problem der Mangel an Arbeits- und Fachkräften", berichtet Constantin von Kuczkowski, Leiter der IHK-Geschäftsstelle im Kreis, aus Gesprächen mit Unternehmen aus der Region. In diesem Zusammenhang sei auch immer wieder von den "gestiegenen Arbeitskosten" durch die "erheblichen Lohnsteigerungen und -forderungen" die Rede, so von Kuczkowski weiter. Hinzu kämen die höheren Kosten für Energie. "Das drückt die Stimmung", sagt er. Wie es in den einzelnen Branchen aussieht.

Industrie: Die Industriebetriebe der Region hatten laut von Kuczkowski eine "relativ gutes abgelaufenes Jahr". Nach der Corona-Zeit sei es für diese Firmen ein "Aufatmen" gewesen. "Viele Betriebe sind auch große Exporteure. Von dieser Stärke haben sie profitiert", sagt er. Firmen, die rein für den deutschen Markt produzieren, seien "nicht so stark gewachsen". Zum Beispiel habe die Getränkeindustrie zum Teil aufgrund des Wetters nicht so gute Ergebnisse erzielen können. Im Bereich der Investitionen würden viele Firmen derzeit eher Ersatzinvestitionen tätigen, sich also ein "Stück weit zurückhalten". Einige wenige, die auch in ausländischen Märkten mit Tochterunternehmen vertreten sind, werden diese stärker ausbauen und weiterentwickeln als die heimischen Standorte, so von Kuczkowski. Fehlende Ingenieure, fehlende Fachkräfte, und allgemeiner Personalmangel seien für diese Branche ein großes Problem. "Sie würden gerne mehr einstellen, aber sie finden niemanden. Und wenn sie jemanden finden, dann ist die Qualität sehr mäßig", sagt von Kuczkowski. Das treffe vor allem auch auf die Auszubildenden zu, ergänzt Ludolf Roshop, Vizepräsident der IHK Hannover und Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses für den Landkreis. Einige Firmen würden Azubis aufgrund der mangelnden Qualität nicht einstellen. Manche Betriebe würden durch "spezielle Ausbildungsmaßnahmen" versuchen, nicht so gute Bewerber selbst weiterzubilden. "Der Druck ist groß", so von Kuczkowski.

Dienstleistungen: Im Dienstleistungsbereich waren die Erträge im vergangenen Jahr nicht so gut, "eher mittelmäßig", so von Kuczkowski. Die Branche schaut naturgemäß auf den heimischen Markt. "Da war eine gewisse Zurückhaltung zu erkennen", sagt er mit Blick auf das Konsumverhalten. Das hänge zum Teil an den knappen Kassen der Haushalte. Auch bei den Dienstleistern würden sich die Kostensteigerungen bemerkbar machen. Die Branche erwarte ein "konstantes bis gutes" Jahr. "Sie hoffen, dass in diesem Jahr wieder etwas zugelegt wird", so von Kuczkowski. Betriebe würden ebenfalls eher Ersatzinvestitionen tätigen, oder in "nachhaltige Energieformen" investieren. "Das ist von der Politik so auch gewollt", sagt der IHK-Geschäftsstellenleiter. Ein Unternehmer habe im Gespräch aber kritisiert, dass "die Verlässlichkeit der politischen Rahmenbedingungen derzeit nicht gewährleistet" sei. Diese "unsicheren" Bedingungen seien eine besondere Herausforderung. Auch lange Planungsprozesse würden den Investoren Vorhaben erschweren. "Das widerspricht der neuen deutschen Geschwindigkeit, die der Bundeskanzler gefordert hatte", sagt von Kuczkowski.

Transportgewerbe: Im vergangen Jahr seien die Kosten der Branche durch die Maut-Steigerung und die Personalkosten "extrem gestiegen". Die Firmen versuchen, diese Kosten an die Kunden weiterzugeben. Das werde aber nur "marginal" geschafft. Die Branche plane vermehrt mit Ersatzbeschaffungen und nicht mit Neuinvestitionen.

Banken und Finanzen: Der Einbruch im privaten Baubereich habe im vergangenen Jahr in diesem Bereich zu "erheblichen Ertragseinbußen" geführt. Demgegenüber stehen die gestiegenen Kosten. Die gestiegenen Zinsen bedeuteten zwar höherer Erträge für die Kreditwirtschaft, allerdings verringerte sich auch die Nachfrage. "Jetzt sinken die Zinsen wieder. Daher wird erwartet, dass die Nachfrage nach privaten Bauobjekten wieder steigt. Aber die Marge wird geringer ausfallen", so von Kuczkowski: "Es ist immer ein Wechselspiel."

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Versicherungen: Für diese Branche waren die Posten im vergangenen Jahr auf "beiden Seiten exorbitant hoch". Sowohl die Beiträge als auch die Versicherungsfälle und die Schadenshöhen seien stark gestiegen, so von Kuczkowski. So sei zum Beispiel die Reparatur eines Autos teurer geworden. "Das steht in so einem Missverhältnis, dass die Branche erhebliche Verluste gemacht hat", sagt er.

Groß- und Einzelhandel: Für den Handel war das Jahr 2023 ein "ordentliches" Jahr. Jetzt seien die Erwartungen, dass die Kaufzurückhaltung durch die sinkenden Energiepreise zurückgehe. Im Lebensmitteleinzelhandel sei die Situation gerade im Gastrobereich schwierig. Nach Abflauen der Pandemie hätten viele kleine Betriebe aufgegeben. In der Automobilbranche sei durch sich "immer wieder verändernde politische Rahmenbedingungen" keine langfristige Planung möglich, hat von Kuczkowski aus Gesprächen erfahren. Der Einzelhandel habe durch die Einsparungen der Konsumenten "erhebliche Einbußen" erfahren. Die Belastung könne weiter anhalten. 

Bauwirtschaft: Die Branche habe aufgrund der gesunkenen Zinsen gute Erwartungen an das Jahr 2024.

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Gastronomie: Die Erwartungen an dieses Jahr seien schwierig, sagt Ludolf Roshop, der selbst ein Hotel in Barnstorf betreibt. Die Suche nach Auszubildenden sei schwierig, die Energie sei immer noch zu teuer. "2023 war ein gutes Jahr, aber nach Corona konnte es nur besser werden", sagt er. Die Zahlen seien mittlerweile wieder auf Vor-Corona-Niveau. Zu den Auswirkungen der Rückkehr der Mehrwertsteuer auf 19 Prozent könne er derzeit noch nichts sagen. "Das ist noch zu frisch. Wir können vielleicht im Sommer sehen, ob sich das maßgeblich auf die Umsätze auswirkt", sagt er. In der Gastronomie seien die Nachwuchssorgen aber auch groß. Viele junge Menschen würden über eine Vier-Tage-Woche nachdenken. "Das funktioniert in diesem Bereich nicht", sagt von Kuczkowski und Roshop ergänzt: "Wir haben nicht genug Fachkräfte, um das zu überbrücken."

Ausbildung: Gerade für kleine und Kleinstbetriebe sei die Ausbildung wichtig. Jedoch könnten gerade diese Unternehmen den Mangel an geeigneten Nachwuchskräften nicht abfangen, so von Kuczkowski. "Die jungen Leute müssen mit gewissen Vorkenntnissen ankommen. Sie müssen Schreiben, Lesen und Rechnen können", mahnt er. Auch die Einstellung zur Arbeit fehle, sagt Roshop und spricht die Pünktlichkeit an. Auch das Allgemeinwissen fehle oft. Ausbildungsmessen seien ein Weg, um an Nachwuchs zu kommen. Allerdings haben dort kleine Betriebe das Nachsehen, weil sie die Zeit nicht dafür aufwenden können, so von Kuczkowski: "Es ist ein Leben von der Hand in den Mund." "Wir gehen direkt in die Schulen", sagt Roshop und verweist auf Praktika als zentrales Element der Nachwuchsbindung.

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