Die Planung der Ortsumfahrung Ritterhude (B74neu) schreitet voran. Noch in der zweiten Hälfte dieses Jahres wollen die Planer der seit 2021 zuständigen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, Geschäftsbereich Lüneburg, die Ergebnisse ihres Variantenvergleichs vorstellen, bestätigt Anica Ebeling, Pressesprecherin der Behörde. Und auch "die Aktualisierung der Kosten erfolgt im Zusammenhang mit dem Alternativenvergleich", erfuhr die Redaktion.
Noch sind die Planer nicht so weit. Beim jüngsten Dialogforum zur B74neu drehte sich alles um die Anbindung der Ost- und West-Varianten an das vorhandene Straßennetz. Die Planer zeigten, wie diese Knotenpunkte aussehen würden. Ihre raumgreifenden Maße erklären sich durch das erwartete Verkehrsaufkommen in 2035: "Die Ost-Variante würde mit einer Verkehrszunahme von circa 10.500 Fahrzeugen pro Tag auf 21.100 Fahrzeuge verbunden sein. Die West-Variante entlastet die K43 um 2800 Fahrzeuge auf 7800 Fahrzeuge in 24 Stunden." Grund: Die B74neu soll Bindeglied zwischen der Küstenautobahn A20 und der A281 sein und für eine "gute Erreichbarkeit des Güterverkehrszentrums in Bremen sowie der Häfen Bremen, Bremerhaven und Hamburg" sorgen. Mit diesem Argument hatte die Landesregierung die B74neu in den vordringlichen Bedarf für den Bundesverkehrswegeplan 2030 gebracht.
Überregionale Funktion
Folge: "Bei der B74-Ortsumfahrung handelt es sich um eine Bundesstraße mit überregionaler Verbindungsfunktion – Mindeststandards für Knotenpunkte sind damit dem Grunde nach gesetzt." Die Untersuchungen hätten ergeben, dass "insbesondere bei der Ost-Variante" große Knotenpunkte erforderlich seien. Durch die geringere Verkehrsbelastung der West-Variante könnten die Knotenpunkte dort kleiner ausfallen, heißt es aus Lüneburg.
Die bevorzugte Ost-Variante kommt auf eine Länge von 8,75 Kilometer und führt nach jetzigem Planungsstand von der A27 über die Ritterhuder Heerstraße und die Wümme-Brücke auf die K43, um von dort kurz vor der Dammstraße bei Ritterhude nordwestlich abzubiegen. Ab dort handelt es sich um einen kompletten Neubau. Länge: 4,8 Kilometer. Einschließlich der Anbindung an die A27 und die "B74 alt" bei Osterholz-Scharmbeck müssen in ihrem Verlauf fünf Knotenpunkte gebaut werden. Nach der Zahl der Querungen befragt, teilt die Behörde mit: "Im Zuge der Ost-Variante kommt es zu Querungen beziehungsweise Anbindungen von acht Straßen, zur Querung von acht Gewässern sowie zur Querung einer Bahnlinie."
Alternativlosigkeit muss belegt werden
Diese Ost-Variante findet sich als Vorzugsvariante im Bundesverkehrswegeplan. Aufgrund des starken Eingriffs in Schutzgebiete im Bereich Hammeniederung muss die Behörde deren Alternativlosigkeit belegen. Deshalb wird die Zumutbarkeit einer West-Variante geprüft. Zumutbar, weil sie streckenweise zwischen Siedlungen verlaufen würde.

Die Bundesstraße 74 führt derzeit durch Ritterhude und Scharmbeckstotel. Der geplante Neubau soll die Ortschaften entlasten.
Die Länge dieser West-Variante von der A27 bis zum Knotenpunkt kurz vor Osterholz-Scharmbeck beträgt 7,2 Kilometer. Innerhalb dieser Strecke befinden sich vier Knotenpunkte und sieben Querungen beziehungsweise Anbindungen von Straßen sowie die Überspannung des Heerweger Moores. Laut Karte würde die Überspannung im Bereich der Straße Am Weißen Rieden liegen.
Das höchste Bauwerk der Ortsumfahrung hätte die Ost-Variante: eine Brücke über die Eisenbahnstrecke Bremen-Bremerhaven. Rund sieben Meter würde die Straßenoberkante direkt über der Gleisoberkante liegen. "Vor und hinter dem Bauwerk wird die Straße auf einem bis zu elf Meter hohen Erddamm geführt. Das Bauwerk selbst hat eine Länge (Stützweite) von rund 37 Metern", führt die Behörde weiter aus.
Kosten noch nicht ermittelt
Auch die Hamme muss von der Ost-Variante überspannt werden. "Die Länge dieser Brücke (Stützweite) beträgt rund 115 Meter. Am höchsten Punkt hat das Bauwerk über dem Gelände eine Höhe von rund acht Metern." Zum Vergleich: Die zwischen diesem Bauwerk und der Dammbrücke stehende Ritterhuder Schleuse misst maximal 13 Meter über Normal Null (N.N.), teilt der Schleusen-Betreiber mit. Der Steg, auf dem sich die Schleusenwärter bewegen, liegt bei 4,70 Metern.
Einen Ausbau der Ritterhuder Heerstraße auf Bremer Gebiet wollen die Lüneburger inzwischen durch einen großräumigen Knoten im Bereich Wasserhorst vermeiden. Er würde die Ampel an der Wümmebrücke ersetzen.
Zur künftigen Lenkung des landwirtschaftlichen Verkehrs gibt es derzeit keine klare Antwort seitens der Behörde. Wenn möglich soll er nicht über die neue B74 geführt werden. Er würde den Verkehr behindern. Daher bräuchte er auch eine eigene Brücke über die Wümme. Dazu befragt, verweisen die Planer auf die noch ausstehende Entwurfsplanung. Bei jener Planung fände das landwirtschaftliche Wegenetz Berücksichtigung. "Aktuell liegen erste Grobeinschätzungen aus der Kartenrecherche sowie örtlichen Eindrücken vor. Ferner aus ersten Gesprächen mit Landwirten." Konkretisiert würden diese später durch die Erarbeitung einer landwirtschaftlichen Betroffenheitsanalyse durch die Landwirtschaftskammer Niedersachsen und durch Facharbeitskreise zum Thema Landwirtschaft. Und so die Behörde weiter: "Soweit zur Gewährleistung der Erreichbarkeit landwirtschaftlicher Flächen (...) der Ausbau oder die Ertüchtigung von landwirtschaftlichen Wegen erforderlich wird, wird dies entsprechend vorgesehen (...). Die Kosten dafür sind von der Straßenbauverwaltung als Verursacher zu tragen."
Was der Bau der West- oder der Ost-Variante de facto kosten wird, steht nicht fest. Die bekannten Beträge stammen aus dem Bundesverkehrswegeplan 2030, der 2016 verabschiedet worden ist. Für den 4,7 Kilometer langen Neubau der Ost-Variante werden darin 27,9 Millionen Euro genannt. Eine inzwischen verworfene West-Variante wurde damals "auf Grundlage der Planung zur Raumordnung" auf 37,5 Millionen Euro geschätzt. Zur aktuellen West-Variante liegen keine Zahlen vor.
Informationen zum Stand der Planungen samt Kartenmaterial gibt es im Internet unter www.strassenbau.niedersachsen.de (Suchwort: Ritterhude).